Freitag, 31. Dezember 2010

African Spacecraft 11: Desert Blues and Beyond

Sendetermin: 30.12.2010

Playlist:

01 Rokia Traoré - Dounia
02 Salif Keita - Ana Na Ming
03 Habib Koité & Bamada - Foro Bana
04 Vieux Farka Toure - Diaraby Magni
05 Terakaft - Ténéré Wer Tat Zinchegh
06 Idrissa Soumaoro & Ali Farka Toure - Bérébéré
07 Ali Farka Toure & Taj Mahal - Roucky
08 Taj Mahal & Toumani Diabate - Guede Man Na
09 Rokia Traoré - The man I love

Mittwoch, 8. Dezember 2010

African Spacecraft 10

Sendetermin 07.12.2010

Playlist:

01 Femi Kuti - Dem Bobo
02 Seun Kuti and Fela's Egypt 80 - Don't Give That Shit To Me
03 Ebo Taylor - African Woman
04 Tony Allen - Asiko
05 Femi Kuti - Make We Remember
06 Femi Kuti - E No Good
07 Fela and Afrika 70 - Sorrow, Tears And Blood

Freitag, 19. November 2010

Asa - Beautiful Imperfection

Wer im ZDF Morgenmagazin auftritt, muss nicht selten dämliche Fragen über sich ergehen lassen. Asa erging es da leider nicht anders, aber nachdem sie den Amy Winehouse Vergleich hinter sich gebracht hatte gab es eine wunderbare akustische Version ihrer aktuellen Single Be My Man. Dass sie ursprünglich aus Nigeria stammt, hat man schon ihrem Debüt aus dem Jahr 2008 nicht unbedingt angehört. Auf Beautiful Imperfection ist das nicht viel anders, allenfalls 3 auf Yoruba gesungene Stücke lassen ihre Herkunft erahnen. Macht aber alles nichts, denn dieses Album macht einen guten Schritt nach vorne und bewegt sich deutlich in Richtung US-Soul und lässt die eingangs erwähnte Winehouse so weit hinter sich, dass diese längst aus dem Blickfeld geraten ist. Paradebeispiel ist hier das Stück The Way I Feel, das mich von der Stimmung her an Nina Simones Feeling Good erinnert, das Asa auf der letzten Tour gepsielt und danach in einer umwerfenden Version auf ihrem Livealbum verewigt hat. The Way I Feel muss sich davor nicht verstecken, ganz im Gegenteil, es zeigt auch, dass sich Asa als Songwriterin weiterentwickelt hat. Auf dem Album finden sich aber auch wunderbare Popperlen wie Maybe oder Dreamergirl, die gleichermaßen unwiderstehlich wie eingängig sind. Bimpé erinnernt zunächst ein bisschen an Jailer, nimmt aber gegen Ende ordentlich Fahrt auf und erinnert somit noch am ehesten an das Debüt, Oré, ein weiteres Yoruba Stück, ist dagegen eher ruhig gehalten und mit wunderschönen Streichern veredelt. Das beste Stück des Albums kommt aber ganz zum Schluss: Questions stellt eine ganze Reihe simpler Fragen, die aber doch nicht zu beantworten sind. "Why do we have to grow old to be wise?" "Und warum hilft bei manch einem nicht einmal das?" möchte man da hinzufügen. Doch auch wenn diese Frage nicht explizit gestellt wird, so steht sie doch unbeantwortet im Raum. Nicht unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, ob Asa nun eine schwarze Amy Winehouse ist. Nein, das ist sie natürlich nicht, denn sie hat die besseren Songs, die bessere Stimme und besser aussehen tut sie obendrein auch noch. Vielleicht ist die Winehouse aber auch einfach nur ein schlechte Asa Kopie, vielleicht sollten manche Moderatoren in Good Morning Shows aber auch einfach mal die Klappe halten, wenn ihnen keine vernünftigen Fragen einfallen.

Mittwoch, 3. November 2010

African Spacecraft 9

Sendetermin: 02.11.2010

Playlist:

01 King Sunny Adé - Synchro System
02 King Sunny Adé - Emi Wo N'ile yi O
03 King Sunny Adé - Kiti Kiti
04 Tiken Jah Fakoly - Vieux Père
05 Akeikoi - Sorties des inities
06 AfroCubism - Jarabi
07 Lobi Traoré - Moko ti y lamban don
08 Lobi Traoré - Fatoumabe
09 Lobi Traoré - Koro Duga Mele Bila

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Idrissa Soumaoro - Djitoumou

Manchmal ist es besser, wenn man ein Album einfach mal zurücklegt und ein paar Wochen später wieder hervorholt. Nachdem ich Djitoumou zum ersten mal gehört hatte, war ich wenig begeistert. Wohl auch deshalb, weil ich ein bisschen etwas anders erwartet hatte. Und zwar rechnete ich mit einem Album im Stile von Ali Farka Toure oder Boubacar Traore. Ersterer ist auf diesem Album sogar vertreten. Das Stück Bèrèbèrè entstand 2006 kurz vor dessen Tod und ist wohl tatsächlich die letzte Aufnahme, an der Ali Farka Toure beteiligt war. Ein letztes Highlight sozusagen, denn das Stück unterstreicht einmal mehr den Ausnahmestatus und die Genialität von Toure. Ansonsten bietet das Album einen Stilmix, der es in seiner Gesamtheit nicht immer homogen wirken lässt. So klingt Sigui Ka Fô sehr nach amerikanischem Blues und das darauf folgende Bô Kolo verbreitet orientalisches Flair. Richtig zusammenpassen will das hier nicht, wenngleich beides durchaus seinen Reiz hat. Am besten ist das Album immer dann, wenn sich Soumaoro, dessen Gesang mich manchmal an seinen Landsmann Issa Bagayogo erinnert, seiner eignen Traditionen besinnt, wie in N'tériou oder Yèrè djaté. Letzteres erinnert mit seinen Wassoulou Rhythmen ein bisschen and seine Landsfrau Oumou Sangare. Bei Mbaou fo bewegt er sich dagegen weit nach Norden, genauer gesagt nach Algerien. Beim Hören muss ich unweigerlich an Souad Massi denken. Und dann ist da noch Femmes, je vous salue, das tatsächlich mit karibischen Rhythmen aufwartet. Und am Ende singt dann auch noch Kandia Kouyate ein paar Zeilen. Das Cover verrät leider nicht, wann diese Aufnahmen entstanden sind, aber aktuell kann zumindest dieses Stück eigentlich nicht sein, denn Kandia Kouyate erlitt im Jahr 2004 einen Schlaganfall, von dem sie sich wohl nicht vollständig erholt hat. Wie dem auch sein, obwohl das Stück wie ein Fremdkörper wirkt, ist es neben Bèrèbèrè enes der Highlights auf diesem Album. Und um den Stilmix noch zu vervollständigen, gibt es mit Né ni musiki noch ein Stück Rumba, bei dem Rumba Legende Papa Noel die Gitarre spielt. Apropos Gitarre, auf dem Cover ist Soumaoro mehrfach mit Gitarre zu sehen. Auf diesem Album spielt er allerdings kein einziges mal Gitarre. Das einzige Instrument, das er hier spielt, ist die Kamele Ngoni.

Selbst in seiner Heimat ist Idrissa Soumaoro nur wenig bekannt. Er spielte zwar auch mal bei den legendären Ambassadeurs Du Motel, aber als Solist tritt er mit Djitoumou erst zum zweiten mal an, das Debüt Kote erschien im Jahr 2003. Besser bekannt ist er als Lehrer an der Blindenschule in Bamako und seinen bekanntesten Schüler waren Amadou & Mariam.

Djitoumou ist ein Album, bei dem die Summe der Einzelteile mehr ist als das Gesamtwerk. Das Album wirkt wie ein Best Of mit Songs, die man nicht kennt. Ansonsten ist es natürlich dennoch empfehlenswert, schon allein wegen der vermutlich nun wirklich letzten Ali Farka Toure Aufnahme.

(Lusafrica / 2010)

Donnerstag, 21. Oktober 2010

AfroCubism

 Im Grunde ist AfroCubism das, was Nick Gold bereits 1997 vorhatte. Schon damals wollte er Musiker aus Kuba und Mali zusammenbringen, was jedoch daran scheiterte, dass die Musiker aus Mali keine Einreisegenehmigung für Kuba bekamen. So entstand der Buena Vista Social Club, der Rest ist Geschichte.
13 Jahre später wurde nun das umgesetzt, was urspünglich einmal geplant war und die Besetzungsliste könnte hochkarätiger nicht sein, zumindest was den Anteil aus Mali angeht. Da wären u.a. Toumani Diabaté an der Kora, Bassekou Kouyate an Ngoni und Ngoni Ba, Lassana Diabate am Balafon, Djelimady Tounkara an der Gitarre und schließlich Sänger Kasse Mady Diabate. Die kubanische Seite ist vor allem durch Sänger und Gitarrist Eliades Ochoa vertreten. Zusammen mit Kasse Mady Diabate singt er das Stück Al vaiven de mi carreta , ein bekanntes kubanisches Guajira Stück, das als erstes für das Album eingespielt wurde und somit auch als Initialstück dient und auch die Verbindung zwischen Kuba und Mali aufzeigt, denn Kasse Mady Diabate sang in den 1970er Jahren bei National Badema, einer Band, deren Mitglieder zuvor einige Jahre in Kuba verbachten.
Bassekou Kouyate und Djelimady Tounkara gehören zu den Musikern, die schon 1997 hätten mit dabei sein sollen. Ihr großartiges Zusammenspiel ist sicher eines der herausragenden Elemente dieses Albums, was man sehr gut im Stück Karamo nachhören kann. Ebenfalls unverzichtbar auf diesem Album ist selbstverständlich Toumani Diabate und dessen Koraspiel. Jarabi, ein bekanntes Griot Stück aus der Manding Tradition ist eines der Highlights auf diesem Album. Toumani Diabate spielte dieses Stück schon für sein Debütalbum Kaira als Solostück ein, hier wird es um kubanische Rhythmen und vor allem Kasse Madys Gesang erweitert. Das gilt auch für Mariama, ebenfalls ein altes Stück aus Mali, bei dem aber Bassekou Kouyates Ngoni und Eliades Ochoas Gitarre im Vordergrund stehen. Ein weiteres Griot Stück, unter das kubanische Rhythmen gelegt wurden, ist Kasse Madys Benséma, bei dem auch einmal mehr Toumani Diabate mit perlenden Koraklängen zu überzeugen weiß. Ganz am Ende gibt es dann tatsächlich noch Guantanamera hier als Trio bestehend aus Ngoni, Kora und Gitarre. Die bekannte und allzu offensichtliche Melodie steht hier aber mehr im Hintergrund, was allerdings durchaus angenehm ist und dieses durch und durch großartige Album somit nicht besser beschließen könnte.

(World Circuit / 2010)

Donnerstag, 7. Oktober 2010

King Sunny Adé - Bábá Mo Tundé

Als im Sommer die Nachricht von einem neuen Sunny Adé Album durchs Netz ging, war das schon eine kleine Sensation, immerhin ist Bábá Mo Tundé das erste Album mit neuen Stücken seit 10 Jahren. Des Weiteren war zu hören, dass es ein Doppelalbum mit klassischem Juju werden soll. Klassisch meint hier lange Stücke ohne produktionstechnischem Schnickschnack, wie es vor allem in den 80er Jahren der Fall war, als Adé nach dem Tod von Bob Marley von Island Chef Chris Blackwell zu dessen Nachfolger aufgebaut werden sollte. Das hat bekanntermaßen nicht funktioniert, was aber sicher nicht an der Qualität der Musik lag. Die war immer noch hochkarätig, auch wenn die Songs damals deutlich kürzer und mit elektronischen Effekten aufgepeppt wurden um sie einem westlichen Pulikum zugänglicher zu machen. Geschadet hat es den Stücken nicht, ganz im Gegenteil. Vermutlich war die Welt für Juju damals einfach nicht bereit. Dass sich das mit Bábá Mo Tundé nun ändern wird, darf natürlich bezweifelt werden. Das scheitert schon an der Länge der Songs. 7 gibt es in knapp 2 Stunden, der längste, das Titelstück, bringt es auf 31 Minuten. Doch davor muss man keine Angst haben, denn so etwas wie Längen oder gar Langeweile gibt es bei diesem Album nicht. Das liegt zum einen an dem polyrhythmischen Geflecht, das hier als Fundament dient und zum anderen an diesen unglaublichen Melodien, die immer wieder aufblitzen. Dazu gibt es Gitarreneinwürfe, die mich manchmal sogar an Pink Floyd erinnern, sicher keine naheliegende Assoziation. Und damit wären auch schon die Hauptkomponenten des Juju aufgelistet, ein Polyrhythmik, die hier durch mindestens 6 Schlagzeuger und Percussionisten bereitgestellt wird und bei der die Talking Drum eine führende Rolle übernimmt und die einzigartigen Gitarren, die in der Vergangenheit auch schon mal an Hawaii erinnerten, hier aber nicht. Nicht zu vergessen die Gesänge, gerne als Call & Response, aber auch schon mal fast im klassischen Songformat in die langen Stücke eingearbeitet. Und weil das Titelstück mit 31 Minuten noch zu kurz ist, gibt es im Anschluss gleich noch den 15 minütigen King Britt Remix, der zwar etwas aus dem Rahmen fällt, sich vor dem Rest aber ganz und gar nicht verstecken muss, sondern zeigt, dass Sunny Adés Stücke auch im modernen Gewand absolut großartig klingen ohne sich dabei bei irgend jemanden anzubiedern. Auf Bábá Mo Tundé gelingt schlicht und ergreifend alles, ein Meisterwerk!
Ich muss gestehen, dass ich Sunny Adés Musik bislang eher stiefmütterlich behandelt habe. Erst die Ankündigung dieses Albums brachte mich dazu, mich näher mit dem King of Juju zu beschäftigen, wobei auffällt, dass sein Katalog bei weitem nicht so gut verfügbar ist, wie der seines Landsmannes und ewigen Konkurrenten Fela Kuti, zumindest was die Alben der Prä-Island Zeit angehend. Hier wäre es wünschenswert, dass sich dem mal jemand annimmnt. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass es bis zum nächsten Album nicht wieder 10 Jahre dauern wird. Bis dahin ist man mit dem meisterhaften Bábá Mo Tundé bestens bedient.

(Mesa, Bluemoon / 2010)

Mittwoch, 6. Oktober 2010

African Spacecraft 8

Sendetermin: 05.10.2010

Playlist:

01 Femi Kuti - Do Your Best
02 Ofege - Whizzy Llabo
03 Ofo The Black Company - Eniaro
04 Segun Bucknor - Dye Dye
05 Keziah Jones - 1973 (Jokers Reparations)
06 Cheikh Lô - Bourama
07 Carlou D - Senregal
08 Oumar Ndiaye Xosluman - Senegal
09 Sister Fa - Sarabah
10 Alif - Bataxal
11 Daby Touré - Wasso

Sonntag, 26. September 2010

Carlou D - Muzikr

Wie auch sein Landsmann Cheikh Lô gehört Carlou D (bürgerlich Ibrahima Loucard) der Glaubensgemeindschaft der Baye Fall an. Diese sufistische Glaubengemeindschaft wird hierzulande auch schon gerne mal als islamische Sekte bezeichnet, was aber eher zu Missverständnissen führen dürfte, denn es hat weder etwas mit den Sekten gemein, die wir sonst so kennen und auch mit Islamimus hat das nichts zu tun. Denn während die Fundamentalisten Musik am liebsten gleich ganz verbieten nimmt Musik bei den Mitgliedern der Baye Fall eine sehr wichtige Position ein.

Aufgewachsen ist Carlou D in den Vororten Dakars mit afrokubanischer Musik und Mbalax. Später war er Mitglied der ersten international bekannten afrikanischen HipHop Gruppe Positive Black Soul, wirkte bei der Sahel Oper Bintou Wéré mit und mit Muzikr hat er nun sein bereits drittes Soloalbum veröffentlicht. Mit HopHop hat das nichts mehr zu tun sondern vielmehr mit senegalesischem Singer/Songwriter irgendwo zwischen Cheikh Lô und Habib Koité. Zikr werden die mystischen Sufigesänge seiner Glaubengemeindschaft genannt und neben spirituellen Themen, wie beim ersten Stück Sam Fall, greift er in seinen Songs auch sozialkritischen Themen auf. So handelt Fi Ma Dar vom Traum vieler Afrikaner vom reichen Europa der nicht nur wegen der gefährlichen Überfahrt nicht selten zum Albtraum wird. Umgesetzt wird das Ganze mit Gitarre, Bass und Percussion aber auch mit traditionellen Instrumenten wie Kora oder Ngoni. Beim Gorée, einer beklemmenden Ballade, die von der vor dem Senegal im Atlantik liegenden Insel, von der Millionen von Sklaven nach Amerika verschifft wurden, handelt, wird Carlou D von seinem Mentor und Landsmann Youssou N'Dour unterstützt, der vor 2 Jahren mit seinem Film- und Musikprojekt Retour a Gorée für Aufsehen sorgte. Ein weiteres Highlight ist Nanioul, das an traditionelle Mandinka Stücke erinnert. An Abwechslung mangelt es diesem Album ganz bestimmt nicht und neben seinem Gesang überzeugt Carlou D auch durch sein Gitarrenspiel und durch rhythmische Finessen.

Und so ist Muzikr eine mehr als gelungene Kombination aus moderner urbaner und traditioneller sufistisch geprägter Musik und somit eines der Highlights des Jahres. In Dakar erhielt Carlou D im Februar den erstmals verliehenen Sunu Award als Künstler des Jahres, doch auch über die Grenzen des Senegal hinaus dürfte dies nicht der letzte Preis gewesen sein.

(World Village / 2010)

Mittwoch, 8. September 2010

African Spacecraft 7

Sendetermin: 07.09.2010

Playlist:

01 Franco - La Rumba O.K.
02 Staff Benda Bilili - Polio
03 Les Tambours De Brazza - Sango
04 Kareyce Fotso - Kuicheou
05 Richard Bona - Kalabancoro
06 Gino Sitson - Bi Nyai
07 Mamadou Barry - Africa Five
08 Spirits Rejoice - Joy
09 Simphiwe Dana - Hay Ihambo
10 Simphiwe Dana - Felas Azania
11 Hugh Masekela - Beatin' Around De Bush

Freitag, 27. August 2010

Simphiwe Dana - Kulture Noir

Nach dem wunderbaren Konzert in Heidelberg vom Mai dieses Jahres hatte zugegebenermaßen ein bisschen etwas anderes erwartet. Damals spielte sie mit kleiner Besetzung ein sehr jazzlastiges Set und ich habe erwartet, dass Kulture Noir in die selbe Richtung gehen würde. Dies ist zwar nicht der Fall, ist aber natürlich auch überhaupt nicht schlimm, zum "Album des Jahres" reicht es trotzdem. Oder gerade deshalb? Wie dem auch sei, Jazz spielt hier natürlich dennoch ein größere Rolle, aber auch Soul, Gospel, Funk und sogar Afrobeat sind die Bestandteile dieses ausgezeichneten Albums.

Handelte The One Love Movement On Bantu Biko Street von Südafrika und der immer noch nicht ganz verarbeiteten Zeit der Apartheid, so bezieht sich Kulture Noir auf den ganzen Kontinent. Das zeigt sich nicht nur in den Texten sondern auch in der Musik, die Musiker und Stile aus verschiedenen Regionen Afrikas integriert. Das Album selbst benötigt aber ein paar Durchgänge, bis sich seine ganze Klasse voll entfaltet. In den z.T. langen Stücken singt Dana ihre poetischen Text mit eindringlicher Stimme, die öfters im Kontrast zum Soul- und Gosplegesang ihres wunderbaren Chores steht. Schön zu Geltung kommt das im zweiteiligen Ndim Ighawe das mit einem Acapella Teil beginnt und in ein langes, jazzlastiges und mit feinen Gitarrenlicks durchsetztes Stück mündet. Konventionelle Songs findet man indes eher weniger und vielleicht noch am ehesten in Hayi Ihambo, das ein ganz kleines bisschen etwas vom 80er Jahre Minimalfunk hat, das aber natürlich dennoch südafrikanisch geerdet ist. Das gilt auch für Fela's Azania, nur dass es sich hier quasi um ein südafrikanisches Afrobeat Stück handelt und Simphiwe Danas Hommage an den von ihr verehrten Fela Kuti ist und das auch mit den Nigerianern Kunle Ayo (Gitarre) und Olufemi Ogunkonya (Tompete) eingespielt wurde. Es gibt aber auch sehr persönliche Lieder, die von Liebe und Schmerz handeln wie z.B. das epische und mit Cello und Violine verfeinerte Undishiyile, das übersetzt "He has left me" bedeutet. Genau so hatte sie es auch beim Livekonzert erklärt und es drängte sich einem sofort Frage auf, wer den so etwas tue. Wie schon auf dem Vorgänger singt Simphiwe Dana sämtliche Texte in ihrer Muttersprache Xhosa, was sicher einen zusätzlichen Reiz ausmacht, was aber letztendlich zählt ist das Gesamtpaket und es gibt nur wenige, die da im Moment heranreichen.

Simphiwe Dana ist mit Kulture Noir das beeindruckende Kunststück gelungen, das dritte Meisterwerk in Folge abzuliefern. In der Tat war schon das Debüt Zandisile so stark, dass eigentlich keine Luft mehr nach oben übrig blieb. Bleibt also nur, das hohe Niveau zu halten, was ihr jetzt zum zweiten mal gelungen ist. Album des Jahres? Mindestens!

(Skip Records / 2010)

African Spacecraft Special #2, Longtracks 2

Sendetermin: 26.08.2010

Playlist:

01 Salif Keïta - Soro (Afriki)
02 Tony Allen & Afrika 70 - No Acommodation For Lagos
03 Kasai Allstars - Mbua-A-Matumba
04 Simphiwe Dana - The One Love Movement, Parts I & II

Dienstag, 17. August 2010

The Sweet Talks - The Kusum Beat / Hedzoleh Soundz - Hedzoleh

Nachdem im letzten Jahr veröffentlichten Ghana Special folgte das britische Soundway Label in diesem Jahr nun mit der Veröffentlichung zweier Original Alben aus dem Ghana der 1970er Jahre.

In den 1970er Jahren zählten The Sweet Talks zu den beliebtesten Bands in Ghana, was sich vor allem auch darin zeigte, dass die Band in jenem Jahrzehnt zumindest in ihrer Heimat eine ganze Reihe von Hitalben veröffentlichte. Das Album The Kusum Beat war ihr zweites, stammt ursprünglich aus dem jahr 1974 und bestand aus einer Mischung aus traditionellen Rhythmen, Highlife, Funk und Afrobeat. Der Bandname The Sweet Talks bezieht sich auf den Nachtclub Talk Of The Town in der Hafenstadt Tema in der Nähe von Accra, in dem die Band damals regelmäßig auftrat. Aufgrund des Erfolges ihrer ersten 3 LPs begann die Band mit Tourneen und schaffte es dadurch bis nach Los Angeles, wo auch ihr erfolgreichstes Album Hollywood Highlife Party entstand.
Mit gerade mal 6 Tracks und 27 Minuten Spielzeit ist The Kusum Beat zwar etwas kurz geraten, das Album zeigt aber dennoch eindrucksvoll die Vielseitigkeit dieser 10-köpfigen Band, die ihren Sound aus treibenden Rhythmen, mächtigen Bläsern sowie E-Gitarren und Orgel zusammesetzte. Vor allem die Orgel ist es auch, die hier und das Akzente setzt, indem unwiderstehliche Melodien auf ihr gespielt werden, die entfernt durchaus auch an die Doors erinnern. Dies wird vor allem im abschließenden Kyekye Pe Aware deutlich, einem Afrobeat Stück, das sich auch vor einem Fela Kuti nicht verstecken muss.

Noch deutlich tiefer in tradionellen Rhythmen verwurzelt waren Hedzoleh Soundz, die 1973 ihr erstes und damals auch einziges Album Hedzoleh veröffentlichten. Die Band spielte eine eher ungewöhnliche Mischung aus tradionellen Rhythem der unterschiedlichem Regionen Ghanas und westlicher Rockmusik. Die Band spielte damals regelmäßig im beüchtigten Nachtclub Napoleon, wo sie Ende 1973 auf den südafrikanischen Trompeter Hugh Masekela trafen, der zu jener Zeit in Ghana lebte. Bekanntgemacht mit der Band wurde Masekela von keinem geringeren als Fela Kuti. Hugh Masekela wollte unbedingt ein Album mit der Band aufnehmen was schließlich zu dessen Klassiker Introducing Hedzoleh Soundz führte. Dafür wurden auch 4 Songs vom "Hedzoleh" Album verwendet wobei aber lediglich die Flöten durch Masekelas Trompete ersetzt wurden. Die Urfassung kommt dagegen ganz ohne Trompete aus, dafür spielen die bereits erwähnten Flöten eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Hinzu kommt der großartige, seelenvolle und zum Teil mehrstimmige Gesang der für Akzente sorgt und den melodieverliebten Stücken die entsprechende Atmosphäre verleiht. Stellvertretend sei hier das eindringliche Kaa Ye Oyai (Dont Be In A Hurry) genannt, das einem direkt unter die Haut geht.
Die Band Hedzoleh Soundz gibt es übrigens noch und ihrer Homepage kann man entnehmen, dass 2010 ein neues Album erscheinen soll. Die dort ebenfalls vorhandenen Soundsamples klingen aber leider nicht besonders vielversprechend.

(Soundway / 2010)

Montag, 9. August 2010

Kareyce Fotso - Kwegne

Wenn man Kareyce Fotso zum ersten mal singen hört, fällt es schwer zu glauben, dass das die Stimme der auf dem Cover abgebildeten jungen Frau sein soll. Hinzu kommt, dass das Album sehr sparsam arrangiert wurde und oft nur Gitarre und Gesang zu hören sind. Ein Werk voller Lebenserfahrung, die man einem noch jungen Menschen eigentlich gar nicht zutrauen möchte. Aber warum eigentlich nicht? Die Biographie verrät, dass sie in ihrer Heimat Kamerun zunächst Biochemie studierte, was sie heute jedoch als die schlimmste Zeit ihres Lebens bezeichnet. Im Grunde wollte sie immer Sängerin werden, was jedoch zunächst von ihrem Vater verhindert wurde, da er nicht wollte, dass seine Kinder wie er selbst Künstler werden. Einer ihrer Brüder konnte die Eltern schließlich davon überzeugen, sie ihren Traum als Sängerin verwirklichen zu lassen. So sang sie schon im Chor ihrer Landsmännin Sally Nyolo und landete schließlich in der Kabarett Szene der Hauptstadt Yaounde. 2009 gewann sie schließlich den 2. Platz beim "Jeux de la Francophonie" Wettbewerb in Beirut.

Von ihrer Kabarettzeit ist auf ihrem Album nicht viel übrig geblieben. So schimpft sie im Stück Pac-ler franþaise über eine Frau, die ihr den Mann ausspannen möchte mit den Worten "Wer glaubt sie denn zu sein? Sie spricht ja noch nicht einmal englisch.". Ansonsten sind die Themen der spartanisch eingespielten Lieder meist ernster Natur. So handelt das traurige Mayole von der sinnlosen Abholzung des Regenwaldes, vorgetragen mit klagender Stimme lediglich begleitet von ihrer Akustikgitarre. In Lomdieu wettert sie gegen die immer noch verbreitete Tradition der Zwangsehe und im Stück Kuichoueu träumt sie von einer friedlicheren Welt, ein Kindheitstraum. Was all diese Lieder auszeichnet, ist die rohe und bisweilen unbehauene Herangehensweise. Mit ihrer bisweilen rauen Stimme und ihrem ungewöhnlichen Gitarrenspiel driftet sie zu keiner Zeit in seichte Weltmusikgefilde ab sondern wirkt viel mehr wie eine Bluesmusikerin, die durch die Lande zieht, hier eben mit kamerunischem Flair. Und das Stück Goun, eine Ode an die Heimat, ist dann auch eine Art Blues, eben in ihrer ganz eigenen Art. Das Stück Sea Chant kommt dann ganz ohne Gitarre aus. Meeresrauschen, ein paar Percussion und der druckvolle Gesang Kareyce Fotsos sorgen hier für eine ganz eigene Atmosphäre.

Kwegne ist das internationale Debüt dieser wunderbaren Singer/Songwriterin (das Album Mulato ist nur in Kamerun erschienen) und sicher eine der Entdeckungen des Jahres. Ganz große Empfehlung!

(Contre Jour / 2010)

Mittwoch, 4. August 2010

African Spacecraft 6

Sendetermin: 03.08.2010

Playlist:

01 Samy Izy - Igny Ihany
02 Lokua Kanza - Dipano
03 Mastaki Bafa - Rafiki
04 Konono N°1 - Mama Na Bana
05 Hugh Masekela - Ghana
06 Sierra Leone's Refugee Allstars - Global Threat
07 Cheikh Lô - Kelle Magni
08 Orchestra Baobab - Dée Moo Wóor
09 Bako Dagnon - Badjigui
10 Ali Farka Toure - Erdi
11 Bonga - Ai-Ue Mama

Samstag, 24. Juli 2010

Staff Benda Bilili, Live in Frankfurt (23.07.2010)

Staff Benda Bilili an einem lauschigen Sommerabend im Frankfurter Palmengarten, das klingt nach einer idealen Kombination und tatsächlich gibt es auch nur einen Kritikpunkt am Veranstalter: es befanden sich einfach zu viele Sitzbänke im Pavillon. Am Ende haben sich die Musiker in ihren Rollstühlen vermutlich mehr bewegt als ein großer Teil des stocksteifen Publikums. Aber egal, der Spielfreude dieser Straßenmusiker aus Kinshasa, die trotz des durchaus vorhandenen Erfolges ihres Debütalbums in ihrer Heimat immer noch obdachlos sind, tat das keinen Abbruch. Am Ende gab es stehende Ovationen für die Musiker und die mitgebrachten CDs ihres Albums waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Geboten wurden die Songs des Albums in z.T. ausufernden Versionen mit schier unglaublichen solistischen Einlagen ihres 17-jährigen "Satongisten" Roger Landu, der an seinem selbsterfundenen und -gebauten Instrument, der Satonge, wunderliche Dinge vollbrachte. Aus einer Konservendose einem Holzbogen und einer Saite zusammengebaut, sorgt u.a. dieses Instrument für unvergleichlichen Bilili Sound. Auch Drummer Cubain Kabeya hat sein Drumkit aus Gegenständen zusammengebaut, die man auf Schrottplätzen und Müllhalden finden kann um darauf für die rhythmische Finessen der Band zu sorgen, die sich bekanntermaßen zwischen klassischer kongolesischer Rumba, Soul und Funk bewegte. Dabei tut sie dies auf ihre völlig eigene und unverkennbare Art und Weise. Großartig, sensationell, fulminant und auf jeden Fall hörens- und sehenswert.

Freitag, 23. Juli 2010

African Spacecraft Special #1, Longtracks


Sendetermin: 22.07.2010

Playlist:

01 Franco & Sam Mangwana - Coopération
02 Fela Ransome Kuti & Africa 70 - Lady
03 Étoile De Dakar - Thiapa Thioly
04 Bembeya Jazz - Super Tentemba

Mittwoch, 14. Juli 2010

Lokua Kanza - Nkolo

Es sieht so aus, als stehe Lokua Kanza am Ufer des Kongo, tatsächlich aber wurde das Bild für das Cover in Brasilien aufgenommen, wo Kanza auch zeitweise lebt. Die Musik auf Nkolo hat aber kaum brasilianische Einflüsse und auch Rumba oder Soukous Klänge sucht man hier vergeblich. Lokua Kanza ist ein Singer/Songrwiter, der hier zumeist auf ruhige und zurückhaltende Klänge setzt, dabei aber nie langweilig wirkt und auch wenn auf dem Cover vermutlich der Amazonas zu sehen ist, so ist es doch der Kongo, der durch diese Songs fließt. Ich muss gestehen, dass ich mich mit Kanza bislang nicht beschäftigt hatte. Möglicherweise wirkte die Tatsache, dass Kanza in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts Teil von Peter Maffays Begegnungen war im Unterbewusstsein zu schwer.
Als Ausgangspunkt des Albums dient eine Kalimba, jenes Daumenklavier, das im Kongo auch als Likembe bekannt ist und im ersten Stück Elanga Ya Muinda eine tragende Rolle spielt. Es war übrigens keine geringere als Mirirma Makeba, die Lokua Kanza dazu inspirierte, Musiker zu werden. Im Alter von 13 Jahren sah er ein Konzert von ihr und beschloss sofort, es ihr gleich zu tun. Seine inzwischen 25-jährige Tochter Malaika benannte er nach dem gleichnamigen Makeba Song und mir ihr zusammen singt er auch das Titelstück des Albums. Wurde auf dem Vorgänger Plus Vivant noch ausschließlich französisch gesungen, so ist dieses mal wieder hauptsächlich Lingala die verwendetete Sprache. Ausnahme ist das auf portugiesisch vorgetragene und von einem Piano getragene Vou Ver, das Kanza zusammen mit dem Brasilianer Vander Lee eingesungen hat. Das für Kanza Verhältnisse fast schon energische Dipano besteht dagegen zum Teil aus einer Phantasiesprache. Das Gospelstück Mapendo wiederum ist ein Antikriegssong mit Bezug auf Ruanda, der Heimat Kanzas Mutter. Es ist schon beeindruckend, wie Kanza hier verschiedene Spielarten unter einen Hut bringt und zu einem homogenen Ganzen zusammenfügt. Darunter finden sich mit Loyenge auch Vokaleinsätze, die an Bobby McFerrin oder Gino Sitson erinnern. Und mit On Veut Du Soleil gelingt nebenbei auch noch ein nahezu perfekter Popchanson.
Als Inspiration für dieses Album diente nach eigener Aussage das Debütalbum aus dem Jahr 1993, dessen Songs Kanza sich zuvor nie angehört hatte. Nkolo scheint es aber in jedem Fall geholfen zu haben: ein ausgezeichnetes Album!

(World Village / 2010)

Freitag, 18. Juni 2010

Oumar Ndiaye Xosluman - Talibé

In seiner Heimat Senegal ist Oumar Ndiaye Xosluman schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Bereits 4 Alben hat er dort veröffentlicht, Filmmusiken komponiert und auch als Schauspieler gearbeitet. Aufgewachsen ist Ndiaye auf der geschichtsträchtigen Insel Gorée vor Dakar. Seine Musik kombiniert die Rhythmen der Serer mit dem Sound der Wolof und der Fulani. Basierend auf traditionellen Instrumenten bietet er eine Mischung aus westafrikanischen Rhythmen und melancholischem Singer/Songwriter Material.

Talibé ist ein rein akustisches Werk, bei dem Ndiaye neben dem Gesang auch Gitarre spielt. Die Begleitung besteht aus meist zurückhaltenden Percussion, hier und da einer Kora und weiblichem Chorgesang. Seine Texte bewegen sich zwischen religiösen und sozialkritischen Themen, so geht es im ersten Stück Soutoura um gegenseitigen Respekt, angelegt als atmosphärischen, westafrikanischen Blues. Das Titelstück handelt von der Ausbeutung von Kindern und erinnert nicht nur wegen des Saxophons an seinen Landsmann Daby Balde. Senegal, eine Ode an seine Heimat, sorgt mit einem leicht psychedelischen Einschlag für eine unglaubliche Atmosphäre und zeigt, dass Ndiaye nicht nur ein herausragender Interpret sondern auch ein großartiger Songwriter ist. Die wenigen Effekte werden immer dezent und songdienlich integriert. Ein weiterer Höhepunkt auf diesem an Höhepunkten nicht armen Album ist das Stück Rassoul, das mit einer wuderbaren Melodie ausgestattet ist und bei dem Ndiaye einmal mehr auch an der Gitarre zu überzeugen weiß. Das Stück ist ein einerseits ein Loblied auf den Islam verurteilt andererseit aber auch religiösen Fanatismus. Marriage Précoce richtet sich gegen die in senegalesichen Dörfern immer noch weit verbreiteten arrangierten Hochzeiten vor allem Minderjähriger, behutsam und sehr intim umgesetzt. Mit Yaguena gibt es schließlich ein veröhnliches Ende in Form eines Liebesliedes.

Mit Talibé präseniert sich nun also ein weiterer herausragender Singer/Songwriter aus dem Senegal. Bleibt zu hoffen, dass dies nicht das letzte musikalische Lebenszeichen auf internationaler Bühne bleiben wird.

(Dakar Sound / 2010)

Mittwoch, 16. Juni 2010

Youssou N'Dour - Dakar-Kingston

Nach dem Film I Bring What I Love und dem zugehörigen Soundtrack ist Dakar-Kingston die bereits dritte Veröffentlichung in diesem Jahr. Wie der Titel schon andeutet, handelt es sich dabei um ein Reggae Album, das einerseits Paralleln zwischen den beiden Städten Dakar und Kingston aufzeigen und anderseits auch als Hommage an Bob Marley verstanden werden soll. Aufgenommen wurde das Album in den legendären Tuff Gong Studios unter Beteiligung von Musikern wie Earl Smith, Dean Fraser und Tyrone Downie, die alle aus dem Umfeld Marleys stammen. Letzterer ist für die Produktion und die meisten Arrangements verantwortlich.

Leider ist Dakar-Kingston nur eine zwiespältige Angelegenheit geworden. So fehlt es dem Album bisweilen an der nötigen Schärfe bzw. Ecken und Kanten. Schon allein der Titel Dakar-Kingstin ließ auf eine enzigartige Mischung aus Reggae und Mbalax hoffen, eine Hoffnung, die auf diesem Album leider nur selten und auch nur in Ansätzen erfüllt wird. Der größte Schwachpunkt des Album kommt gleich zu Beginn, das Stück Marley, an dem überflüssigerweise auch noch Yusuf Islam mitgeschrieben hat, ist eine sülzige Ode an die verstorbene Reggae Legende. Wenn man das überstanden hat, bietet das Album durchaus ein paar bessere Momente, aber der ganz große Wurf gelingt nicht. So ist die reggaeinfizierte Version von Medina, dessen Originalversion auf dem Album Set zu finden ist, recht gut gelungen und das mit Patrice vorgetragene Joker sogar ein echtes Highlight, aber zwischendurch wird es immer wieder allzu gefällig und auch zahnlos, wenngleich man dem Album zu gute halten muss, dass es glücklicherweise zu keinem Zeitpunkt in A La La La La Long Gefilde abdriftet. Ebenfalls auf der Habenseite befindet sich das Stück Bamba, urspünglich auf dem Album The Guide (Wommat) veröffentlicht. Es gibt auch ein paar neue Songs, von denen sich noch am besten Diarr Diarr und Bagn Len behaupten können. Am ehesten die Erwartungen erfüllt das Immigès Stück Pitche me ganz am Ende das Albums. Die Produktion wirkt hier etwas pointierter und man bekommt eine Ahnung davon, was aus diesem Album hätte werden können.

Dakar-Kingston zählt sicher nicht zu Youssou N'Dours besten Alben und wenn man sich die in etwa zeitgleich veröffentlichte Étoile De Dakar Retrospektive anhört, wünscht man sich, er wäre genauso mutig und unbedarft vorgegangen, wie einst in den späten 70ern und frühen 80ern.

Mittwoch, 2. Juni 2010

African Spacecraft 5

Sendetermin: 01.06.2010

Playlist:

01 Fela Ransome Kuti & His Koola Lobitos - Mi O Mo
02 The Mebusas - Mr Bull Dog
03 SJOB Movement - Stone Funk
04 The Sweet Talks - Sasa Abonsam
05 Hedzoleh Soundz - Kaa Ye Oyai
06 King Ayisoba - Modern Ghanaians
07 K'NAAN - What's Hardcore?
08 K'NAAN - If Rap Gets Jealous
09 Pastor Mbhobho - Ayobaness
10 Philip Malela - Tiba Kamo
11 Simphiwe Dana - Vela
12 Ali Farka Toure - Pieter Botha

Montag, 17. Mai 2010

Victor Démé - Deli

Für das erste Album hat man sein ganzes Leben Zeit, beim zweiten Album kann es dafür nicht schnell genug gehen. Zumindest hat es 30 Jahre gedauert, bis Victor Démé sein ersten Album veröffentlichte und nur knapp 2 Jahre später erschien nun sein zweites Album. Und das, so viel sei schon verraten, schließt nahtlos an das großartige Debüt an. In der langen Karriere als Musiker scheint sich also genügend hochkarätiges Material angesammelt zu haben, das für ein paar weitere Alben noch reichen dürfte.
Im Frühjahr 2008 kam Démé erstmals nach Europa, um bei Konzerten sein Debütalbum, dessen Produktion ca. 2000€ gekostet hat, vorzustellen. Ein bescheidener Erfolg ließ nicht lange auf sich warten und so wurde das Album vom britischen Songlines Magazin zu einem der Alben des Jahres nominiert und später von Radio France International (RFI) zum Album des Jahres gewählt. Vom Verdienst ließ sich Démé auf sein Anwesen in Burkina Faso fließend Wasser und Strom legen, von dem auch die Nachbarschaft profitiert. Darüber hinaus holte er seine Töchter aus Côte D'Ivoire zurück nach Burkina Faso.
Wie schon das Debüt überzeugt auch Deli durch seinen schier unglaublichen Melodienreichtum wobei die Songs zum Teil noch melancholischer geraten sind. Ansonsten hat sich nicht viel geändert, schon alleine deshalb, weil Victor Démé selbst nicht allzu viel ändern wollte. Er hatte zwar während seines Aufenthalts in Europa auch moderne Studios in Paris und London kennengelernt, was ihn aber jedoch wenig beeindruckte. Am liebsten schreibt er seine Songs auf seinem Anwesen um sie dann in Ouagadougou in den Ouagajungle Studios mit Musikern aus der dortigen Szene aufzunehmen. Neben seiner großartigen Stimme verfügt Démé, wie bereits erwähnt, über ein außerordentliches Gespür für gleichermaßen eindringliche wie eingängige Melodien, die sich stilistisch irgendwo zwischen Blues und Manding Folk bewegen. Einige neue Nuancen bietet das Album aber dennoch, so bewegt sich das Stück Maa Gâafora deutlich in Richtung Country, was auch seine Vorliebe für amerikanische Westernfilme unterstreicht. Bei Méka Déen sorgt der Einsatz eines Akkordeons für seltsam anmutende Walzerklänge und eine Violine macht Teban Siyala noch einen Tick trauriger. Die perfekte Synthese aus Manding Folk und Afrobeat bietet schließlich das Stück Wolo Baya Guéléma, dessen Saxophon Parts von keinem geringeren als Femi Kuti eingespielt wurden. Am Ende steht dann noch das traditionelle, auf Balafon und Ngoni basierende Tan Ni Kéléen.
Deli ist ein äußerst kurzweiliges Vergnügen und als Album sogar noch ein kleines Bisschen besser als das Debüt, was man so kaum erwarten konnte.

(Chapa Blues / 2010)

Simphiwe Dana - Live in Heidelberg, 16.05.2010

Eher zufällig habe ich von diesem Konzert erfahren, weder auf ihrer Homepage noch auf ihrer MySpace Seite war davon die Rede. Vom bereits angekündigten neuen Album findet man kaum Informationen, auch die Künstlerin selbst hat während dem Konzert nichts davon erwähnt, ein paar neue Stücke hat sie aber dennoch gespielt, zumindest waren sie mir nicht bekannt. Vor ca. 2 Jahren hat Simphiwe Dana zum ersten mal im Heidelberger Karlstorbahnhof gespielt, damals während einer kalten Winternacht im Februar, was zu der scherzhaften Aussage führte, dass in ihrer Heimat kein Mensch bei solchen Temperaturen das Haus verlassen würde, geschweige denn zum einem Konzert gehen. Dieses mal war es eine nicht ganz so laue Frühlingsnacht und schon vor dem Konzert konnte man durch einen Blick auf die Bühne erkennen, dass es dieses mal etwas anders werden würde. Zu sehen war ein Flügel, der schon den halben Platz zu beanspruchen schien und ich fragte mich, wo den all die Musiker stehen sollten. Doch dieses mal standen 3 Personen weniger auf der Bühne und was sich auf dem Album The One Love Movement On Bantu Biko Street schon andeutete, wird mit dem kommenden Album nun konsequent fortgesetzt. Die musikalische Begleitung bestand aus Piano, Kontrabass und Schlagzeug die noch von 2 Chorsängern unterstützt wurden. Dadurch ging die Musik noch deutlicher in Richtung Jazz und auch die Stücke der ersten beiden Alben wurden dementsprechend neu arrangiert. Und diese neuen Arrangements standen Songs wie Bantu Biko Street, Vukani oder Ndiredi ausgesprochen gut. Erweitert wurden die meisten Stücke um solistische Einlagen, bei denen vor allem der Schlagzeuger hervorstach. Einmal durfte die Band aber dann doch die Bühne verlassen und im Gegensatz zum ersten Auftritt 2008 gab es dieses mal mit Vela auch ein A-Capella Stück. Ganz im Mittelpunkt stand aber natürlich einmal mehr Simphiwe Dana selbst mit ihrer ungeheuren Bühnenpräsenz einerseits und ihrer sympathischen Ausstrahlung andererseits und ganz zu schweigen von ihrer phantastischen Stimme.
Alles in allem war es mal wieder ein rundum gelungenes Konzert, das die Vorfreude auf das kommende Album nur noch steigert, wann immer es veröffentlicht werden mag.

Mittwoch, 5. Mai 2010

African Spacecraft 4

Sendetermin: 04.05.2010

Playlist:

01 Mamar Kassey - Foulbe Gari
02 Etran Finatawa - Daim Walla
03 Group Bombino - Imouhare
04 Les Espoirs De Coronthie - Baydi
05 Nuru Kane - Anna
06 Dobet Gnahoré - Nfletoun
07 Manou Gallo - Nalingiyo
08 Ali Farka Toure - Hani
09 Boubacar Traoré - Horonia
10 Femi Kuti - Scatta Head

Mittwoch, 21. April 2010

Etran Finatawa - Tarkat Tajje / Let's Go

Etran Finatawa bedeutet übersetzt etwa "Sterne der Tradition" und genau zwei Traditionen unterschiedlicher Kulturen vereint diese Band aus der Republik Niger. Sie ist die einzige Band, welche die Kulturen der Wodaabe, ein Nomadenstamm der Fulani, und den Tuareg kombiniert und heraus kommt dabei eine einzigartige Mischung aus Nomadenblues und hypnotischen Rhythmen. Gegründet wurde die Band im Jahr 2004 und wurde im Niger sehr schnell bekannt. Festivalauftritte in Mali und Marokko folgten und 2006 schließlich erschien in der Introducing Reihe des Worldmusic Networks das Debütalbum, das auch für den BBC Award nominiert wurde. Ein weiteres Album Desert Crossroads warf 2008 einen nostalgischen Blick auf das Nomadenleben und verschaffte der Band weltweit Auftritte.

Das neue Album Tarkat Tajje geht zumindest was die Texte angeht einen weniger traditionellen Weg, bleibt aber den musikalischen Wurzeln treu, wobei die Aufgaben klar verteilt sind: für die bluesigen Gitarren sorgen die Tuareg, während die Wodaabe, die man an ihrem Federschmuck und der Gesichtsbemalung erkennt, den Rhythmusteil übernehmen. War die vor kurzem hier vorgestellte Band Tamikrest auch als Eintieg in die Welt des Sahara Blues geeignet, so ist Etran Finatawa mehr etwas für den geübten Hörer. Das zeigt sich schon in der Länge der einzelnen Stücke. Kurze eingrägsame Songs sucht man hier vergeblich, die meisten Tracks knacken locker die 6 Minuten Grenze, Aitma bringt es sogar auf 10 Minuten, wobei in dem Stück nicht gerade viel passiert, genau genommen hält die Band das Stück rhythmisch durchweg am Köcheln und dazu gibt es die für die Tuareg typischen Call And Response Gesänge. Die Gitarren klingen hier weit weniger knarzig und ruppig als dies bei Bands wie Tinariwen der Fall ist und stehen insgesamt auch nicht so sehr im Vordergrund. Wie bereits erwähnt, ist es vor allem die Rhytmik, die Etran Finatawa von reinen Tuareg Bands unterscheidet. So werden Händeklatschen und Trommeln meist kombiniert und sorgen für eine sogartige Wirkung, die hier und da durch einen funkigen Bass noch verstärkt wird. In ihren Texten behandelt die Band längst nicht mehr nur das Nomadendasein. So geht es in Duuniyaaru Dillii um die Unabwägbarkeiten, die das Leben so mit sich bringt. Denkt man sich die Trommeln weg, könnte es sich dabei fast um ein Ali Farka Toure Stück handeln. Imuzaran dagegen richtet sich an die Machthaber dieser Welt und macht sie für all die Kriege verantwortlich. Deutliche Worte einer Band, deren Mitglieder selbst zu einer unterdrückten Minderheit in ihrer Heimat gehören.

Tarkat Tajje gehört sicher zu jenen Alben, die mehr als einen Durchlauf brauchen, bevor sich einem seine ganze Schönheit erschließt. Eine Sache, die sich aber in jedem Fall lohnt, oder um es mit den Worten der Band zu sagen: Ummee Ndaaren / Stand up and go for the right thing!

(Riverboat / 2010)

Mittwoch, 7. April 2010

African Spacecraft 3

Sendetermin: 06.04.2010

Playlist:

01 BLO - BLO
02 The Mercury Dance Band – Envy No Good
03 Orchestre Poly Rythmo De Cotonou – Se Tche We Djo Mon
04 Mahotella Queens – Zwe Kumusha
05 Hugh Masekela – Abagoma
06 Miriam Makeba – House Of The Rising Sun
07 Ali Farka Toure & Toumani Diabate – Sina Mory
08 Toumani Diabate's Symmetric Orchestra – Boulevard De L'Independance
09 Ali Farka Toure - Cousins
10 Salif Keïta – San Ka Na
11 Tamikrest – Aicha
12 Razia Said - Mifohaza

Mittwoch, 24. März 2010

Ali Farka Toure & Toumani Diabate - Ali & Toumani

"Et voilà" hört man Ali Farka Toure am Ende sagen und was auf den ersten Blick vielleicht nur so dahergesagt wirkt, lässt einem tatsächlch einen Gänseschauer über den Rücken jagen. "Et voilà, das war's", Toure wusste, dass er nicht mehr lange leben würde und dass dies seine letzten Aufnahmen sein werden. Und so schließt dieses "Et voilà" auch das Kapitel eines der größten Musiker Afrikas wenn nicht der Welt. Einem Musiker, der sich nicht verbiegen ließ, dem zuviel Erfolg suspekt erschien sich zurückzog um hauptsächlich als Landwirt aktiv zu sein und der Ende der 90er Jahre ein ganzes Aufnahmestudio nach Niafunke bringen ließ, um ein weiteres Album aufzunehmen. 2005 erschien schließlich die erste Zusammenarbeit mit Toumani Diabate, das im Mandé Hotel in Bamako aufgenommene und mit dem Grammy ausgezeichnete Album In The Heart Of The Moon. Während einer kurzen Europa Tour entstanden die Aufnahmen zu einem weiteren gemeinsamen Album. Toure war zu diesem Zeitpunkt von seiner Krebserkrankung schon schwer gezeichnet und litt während der Aufnahmen nicht selten unter Schmerzatacken, was ihn aber nicht davon abhielt, weiterzumachen. Er wollte dieses Album unbedingt fertigstellen. Dass es nun 4 Jahre gedauert hat, bis diese definitiv letzten Aufnahmen endlich veröffentlicht wurden, zeigt auch, wie respektvoll World Circuit mit seinem Tod umgegangen ist und dies immer noch tut. Und man darf natürlich Toumani Diabates gleichberechtigten Anteil an diesen beiden Alben nicht vergessen.

Im Grunde gibt es zu diesem Album doch gar nicht viel zu sagen. Wer In The Heart Of The Moon liebt, kommt an diesem Album unmöglich vorbei. Und es stellt sich natürlich die Frage, wie man In The Heart Of The Moon denn nicht lieben kann, diese Verschmelzung aus Diabates perlenden Koraklängen und Toures schroffen Gitarrenfiguren. "The most beautiful music on earth" behauptete damals das britische Mojo und was soll ich sagen, sie hatten recht. Es fällt tatsächlich schwer, die Schönheit dieser Musik in Worte zu fassen, diese meist ruhig dahinfließende und vor Melodienreichtum nur so strotzende Musik, gespielt von zwei Musikern, die sich trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedichen Herkunft blind zu verstehen schienen. Und das hört man schon beim Eröffnungsstück Ruby, das Toure spontan nach Nick Golds Tochter benannt hat als er es ihnen vorpsielte. Es ist eines dieser hypnotisierenden Stücke, die einen vor Ehrfurcht erstarren lassen und bei denen man sich nicht traut, sich auch nur zu bewegen, nur um diesen magischen Moment nicht zu stören. Auf zwei Stücken sang Ali auch noch einmal. Da wäre zum einen das afro-karibisches Flair verbreitende Sabu Yekoy, das er schon in den 60er Jahren spielte und bei dem er u.a. von seinem Sohn Vieux Farka Toure an den Kongas begleitet wurde. Zum Anderen wäre da noch Sina Mory, das ihn Mitte der 50er Jahre zur Musik brachte. Es war Nick Gold, der ihn immer wieder fragte, welches Stück ihn als ersten zum Gitarrespielen inspirierte, doch erst kurz vor seinem Tod erinnerte sich Toure an dieses Stück. Und auch die restlichen Instrumentalstücke haben nichts von der Klasse eines In The Heart Of The Moon eingebüßt.

Hörte man seinem letzten Soloalbum Savane noch den Kampf gegen den Tod an, so klingt Ali & Toumani nach jemanden, der mit sich im Reinen ist. Ein würdevoller Abschied!


PS

Neben dem Album gibt es noch zwei weitere Stücke. Da wäre zum Einen Kenouna, ein bluesiges Stück mit Gesang, das World Circuit zum kostenlosen Donwload anbietet und zum Anderen Kala Djula, ein weiteres Instrumentalstück, das als Bonus der iTunes Version zur Verfügung gestellt wurde, das aber auch einzeln erhältlich ist.

(World Circuit / 2010)

Dienstag, 16. März 2010

Salif Keïta - La Différence

"I'm Black/ My skin is white. And I like this. It's difference that makes it beautiful/ I'm White/ My blood is black/ And I love this" singt Salif Keit im Titelstück seines neuen Albums. Das mag auf den ersten Blick etwas plakativ daherkommen, fasst aber im Grunde die Thematik des Albums und Keïtas damit verbundenes Anliegen sehr gut zusammen. Salif Keïta ist Albino, eine Laune der Natur, die ausgrechnet in Afrika besonders häufig vorkommt, denn dort haben es Albinos meist doppelt schwer: zum Einen wegen dem Klima und zum Anderen, was viel schwerwiegender ist, wegen gesellschaftlicher Ausgrenzung und Aberglaube, was dazu führt, dass Albinos wahlweise als Glücks- oder Unglücksbringer angesehen werden und sie in manchen Regionen regelrecht gejagt werden. Um dem entgegen zu wirken, hat Salif Keïta vor Jahren die Organisation Global Foundation gegründet, der auch der gesamte Erlös des Albums zugute kommt.

La Différence besteht sowohl aus neuen als auch aus alten Stücken, die speziell für dieses Album neu eingespielt wurden. Der bereits auf Moffou eingeschlagene Weg zurück zu traditionelleren Klängen wird hier fortgesetzt und hier und das um einige orientalische Elemente erweitert. So wird das ruhig dahinfließende Gaffou durch eine Oud verfeinert und Keïta selbst bezeichnete sich in einem Interview unlängst als großen Verehrer arabischer Musik. Es befinden sich auf dem Album aber auch andere unerwartete Kollaborationen. So wirkt auf der Neueinspielung von Folon der amerikanische Jazzmusiker Bill Frisell mit, der das Stück mit seinem superben Gitarrenspiel noch ergreifender wirken lässt, als dies die Originalversion aus dem Jahr 1995 schon tat. Folon ist nach eigener Aussage ein sehr wichtiges Stück für Salif Keïta, denn es entstand zu einer Zeit des politischen Umbruchs in Mali nämlich dem Ende von Moussa Traorés Diktatur. Das eingangs erwähnte Titelstück ist dagegen typischer mit Frauenchören und eingängiger Melodie ausgestatteter Mandingpop und mit seinem alten Weggefährten Kante Manfila, mit dem er seit seinen Zeiten bei den Ambassadeurs immer wieder zusammenarbeitet, spielte er das Stück Seydou neu ein, das zu Ambassadeurs Zeiten noch Seydou Bathily hieß und 1995 für das Album Folon schon mal neu eingespielt wurde. Eine weitere Neueinspielugn ist das Titelstück des Albums Papa, dessen Intensität hier durch das Hinzunehmen eines Cellos noch vertärkt wird. Ebenfalls erwähnenswert ist der Auftritt des libanesichen Trompeters Ibrahim Maalouf, der durch sein eher zurückhaltendes Spiel dem Stück Samiga eine spezielle Note verleiht.

Mit La Différence setzt Salif Keïta den auf Moffou eingeschlagenen musikalischen Weg konsequent fort ohne dabei die Experimentierfreudigkeit aus den Augen zu verlieren. Ursprünglich waren sogar zwei neue Alben geplant, aus Zeitgründen und der Sache wegen wurde jedoch erst einmal dieses Album veröffentlicht. Musikalisch hat es seinen Zweck und die Erwartungen mehr als erfüllt, bleibt also zu hoffen, dass sich der Erfolg auch auf den Einsatz für Albinos überträgt.

Dienstag, 9. März 2010

Justin Adams & Juldeh Camara - The Trance Sessions

Ein Nachschlag zum letztjährigen phänomenalen Tell No Lies Album. Wobei diese EP mit einer Gesamtlänge von ca. 36 Minuten fast schon als Album durchgeht. Darauf enthalten sind jedoch nur 3 Stücke, von denen man 2 bereits vom Album kennt. Hier ist jedoch alles länger, hypnotischer und von der Spieldauer her eben auch "afrikanischer", wie es so schön auf der Hülle steht: No 3.30s here. Und so lässt sich Sahara als Deep Sahara beinahe 15 Minuten Zeit und setzt dabei verstärkt auf eine Rhythmik, die Camaras Ritti und Adams' punkiges Gitarrenriff in einem noch helleren Glanz erscheinen lässt. Am Ende legt Camara die Ritti dann zu Seite und trommelt noch ein bisschen auf der Tama. Alles improvisiert und in One Takes live im Studio eingespielt. Man wollte die Atmosphäre der Livekonzerte ins Studio übertragen und schließlich auf einen Tonträger bannen. Und das ist ausgesprochen gut gelungen, denn obwohl die 3 Stücke nicht nur lang sondern beim ersten Hören auch eher monoton geraten sind, kommt hier zu keiner Zeit Langeweile auf.

(Real World Records / 2010)

Mittwoch, 3. März 2010

African Spacecraft 2

Sendetermin: 02.03.2010

Playlist:

01 Kandia Kouyate – San Barana
02 Extra Golden – Piny Yore Yore
03 Guelewar – Warteef Jiiggen
04 Youssou N'Dour – I bring what I love
05 Étoile De Dakar - Thiely
06 Tommy T feat. Gigi - Response
07 Gigi – Gud Fella
08 Bibi Tanga & The Selenites – Bê Africa
09 Keziah Jones – African Spacecraft

Freitag, 19. Februar 2010

Youssou N'Dour - I Bring What I Love

Dieser Tage erscheint Youssou N'Dours Film I Bring What I Love auf DVD. Darin geht es um sein 2004 erschienenes Album Egypt und die darauf folgenden Reaktionen vor allem in seiner Heimat Senegal. Mit dem Album wollte N'Dour in erster Linie und auch als Reaktion auf die Anschläge vom 11.09.2001 den Islam als friedliche Religion, ja als Religion der Liebe präsentieren, was ihm international auch viel Anerkennung einbrachte, wohl auch weil das Album erwartungsgemäß völlig frei von Missionierungsversuchen ist. Nur in seiner Heimat Senegal wurde er heftig dafür kritisiert, was darin gipfelte, dass Gerüchte in die Welt gesetzt wurden er würde nackte Frauen in seinen Videos auftreten lassen. Gehört hatten das Album wohl die wenigsten, es zeigt aber, wie einfach sich Menschen beeinflussen lassen. Die Wende kam erst im Jahr 2005, als Egypt mit dem Grammy ausgezeichnet wurde und somit überhaupt zum ersten mal ein Grammy an einen Künstler aus dem Senegal verliehen wurde. Youssou N'Dour ließ sich damals mit einem offenen Auto durch die Straßen Dakars fahren, um den Grammy wie einen Pokal der jubelnden Menge zu präsentieren. Ein Foto davon kann man auch auf dem Cover des bereits im Januar veröffentlichten dazugehörigen Soundtracks sehen.
Auf dem Soundtrack befinden sich neben 2 neuen Stücken 9 Neueinspielungen bzw. Liveversionen bekannter Stücke, z.T. in neuen Arrangements wie z.B. Li Ma Weesu vom eh schon superben Nothing's In Vain Album. Bei Immigrés (Bitim Rew) singt Seun Kuti im Chor mit, ohne die Info in den Credits hätte ich das aber nicht herausgehört. Von Egypt, um das es hier eigentlich geht, gibt es mit Touba Daru Salaam nur ein Stück, dem Mame Bamba vom Wommat Album als Intro vorangestellt wurde. Das Ganze wurde mit dem Fathy Salama Orchestra live eingepsielt und zählt zusammen mit Yama vom selben Konzert (vom Joko Album) zu den Highlights des Albums. Leider gibt es über die Quelle dieser Liveaufnahmen keine genaueren Angaben, allerdings sind sie so gut, dass ich mir nun eine DVD zur damaligen Tour wünsche. Ebenfalls deutlich besser gefällt mir die neue Version von Birima, dessen Original auf Joko nicht weiter aufgefallen ist, was sicher auch am damaligen Produktionsbombast lag. Davon befreit erstrahlt das Stück nun in völlig neuem Glanz. Auch die beiden neuen eher ruhig gehaltenen Stücke sind qualitativ auf der Höhe, letzteres als bewegendes Duett mit Moustapha Mbaye, der in Senegal als Griot des Propheten bekannt ist.
Einziger Kritikpunkt dieses ansonsten hervorragenden Soundtracks ist die fehlende Homogenität. So funktionieren die Stücke einzeln ganz wunderbar, wirken zusammen aber mehr wie eine Kompilation. Wer von Youssou N'Dour noch nichts hat, dem bietet dieser Soundtrack einen guten Einsteig und allen anderen gegenüber den Originalen z.T. bessere Neuversionen. So gesehen also (fast) alles richtig gemacht. Mit Spannung warte ich nun auf Dakar-Kingston.

Montag, 15. Februar 2010

Kassé Mady Diabaté - Manden Djeli Kan

Pech für Kassé Mady Diabaté, in Frankreich erschien das Album bereits im Herbst 2008, hierzulande aber erst im Frühjahr 2009. Somit taucht das Album in keiner Endjahresliste auf, obwohl es das mehr als verdient hätte. Wenngleich ich gestehen muss, dass es mich zunächst einmal fast ein bisschen enttäuscht hat. Eigentlich völlig unverständlich, denn Diabaté bietet auf seinem vermutlich 4. internationalen Album durchweg hochkarätige Songs und bewegt sich dabei sehr geschickt ziwschen Moderne und Manding Tradition. Obwohl er in seiner Heimat Mali ein Star ist, ist er international kaum bekannt. Allerdings hat er ebi einigen namhaften Projekten mitgewirkt. So singt er unter anderem für Toumani Diabaté's Symmetric Orchestra und wirkte auch auf dessen Kollaboration mit Taj Mahal Kulanjan mit. Des Weiteren arbeitete er mit Dee Dee Bridgewater auf deren Red Earth Album und mit seinem Landsmann Cheick Tidiane Seck.

Geboren wurde Diabaté 1949 in Kéla und ist Mitglied einer der größten Griot Familien in Westafrika. Im Alter von 20 Jahren wurde er bereits zu einer lokalen Berühmtheit in Kangaba, der alten Mandingo Hauptstadt. Der Gouverneur der Kangaba Bezirks gründete zu jener Zeit ein Orchester und bot Diabaté die Stelle des Sängers an. Dies war das erste mal, dass Diabaté mit eletrischer Musik in Berührung kam. 1972 schließlich wurde er vom Jugendministerium des sozialistischen Mali als Sänger des Badema National Orchestra verpflichtet. Fortan führte er ein zweigleisige Karriere, zum einen als Griot für die Oberschicht und zum anderen quasi als Popsänger in den Clubs der Hauptstadt Bamako. Und beides findet sich auch auf Manden Djeli Kan, das übersetzt etwa bedeutet, "Die Stimme des Manding Griot". Einem traditionellen Stück wie Kalou Man Kene folgt hier das ungemein poppige und mit einer unwiderstehlichen Melodie ausgestatte Kaninba. Unterstützt wird er dabei von großartigen Musikern wie Djelimady Tounkara, der schon bei der Rail Band Gitarre spielte und natürlich von den obligatorischen Frauenchören, wie man sie auch von Salif Keita kennt. Von der Umsetzung her ist Manden Djeli Kan durchaus vergleichbar mit Keitas letzten Alben jedoch auch mit einer ganz eigenen Note versehen. Ein weiterer Höhepunkt dieses an Höhepunkten nicht armen Albums ist das reduzierte, lediglich mit zwei Koras und zusammen mit Toumani Diabaté eingespielte Nankoumandjian, das den Sprung in etwas bluesigere Gefilde wagt und eine weitere Nuance auf einem abwechslungsreichen aber dennoch homogen wirkenden Album ist.

Schon erstaunlich, wie sich aus einem vermeintlich unscheinbaren Album im Lauf der Zeit doch noch ein kleines Meisterwerk entwickelt.Es zeigt aber, dass es manchmal nicht verkehrt ist, einem Album ein paar Chancen mehr zu geben. In diesem Fall hat es sich mehr als gelohnt.

(Wrasse Records / 2009)

Mittwoch, 3. Februar 2010

African Spacecraft 1

Sendetermin: 02.02.2010

Playlist:

01 Justin Adams & Juldeh Camara – Sahara
02 Thandiswa – Ibokwe
03 Staff Benda Bilili – Je t'aime
04 Group Bombino – Imuhar
05 Vieux Farka Toure – Fafa
06 Mamadou Barry feat. Sia Tolno – Soumbouya
07 Tony Allen – Iyo
08 Richard Bona – African Cowboy
09 Rachid Taha - It's An Arabian Song
10 Bassekou Kouyate & Ngoni Ba – Musow
11 BLK JKS - Tselane

Mittwoch, 27. Januar 2010

Nuru Kane - Sigil

Dieser Tage erscheint Kanes zweites Album Number One Bus, wann es hierzulande veröffentlicht werden wird ist mir aber im Moment noch nicht bekannt. Zeit genug also um das hervorragende Debüt aus dem Jahr 2006 in Erinnerung zu rufen. Wobei ich zugeben muss, dass ich erst letzten Herbst und auch mehr zufällig darauf gestoßen bin.
Geboren und aufgewachsen in Medina, einem Stadtteil von Dakar, lernte Kane zunächst Gitarre und Bass und spielte in diversen Bands in Senegal bis es ihn in den späten 90ern nach Paris verschlug. Ein Trip nach Marokko brachte ihm den Gnawa näher und er erlernte das dazugehörige dafür hauptsächlich verwendete Instrument, die Guimbri, ein 3-saitiger Akustikbass. Schließlich gründete er zusammen mit Thiery Fournel, einem Oud Spieler und Gitarristen, und dem Ngoni und Tama Spieler Djeli Makan Sissoko die Band Bayefall Gnawa, die nach der westafrikanischen islamischen Bruderschaft Baye Fall benannt ist. Das Ergebnis ist eine Mixtur aus Singer/Songwriter, Blues und Gnawa, wobei Fournels Oud dem Ganzen noch zusätzlich ein orientalisches Flair verleiht. Bei den Aufnahmen wurde darauf geachtet, dass die Live-Atmosphäre bestmöglich ins Studio übertragen wurde. So wurde das Stück Gorée in nur einem Take aufgenommen und auch sonst auf allzuviel Produktionsschnickschnack verzichtet. Im Grunde ist Kane aber ein fast schon klassischer Songwriter, wie man schon im ersten Stück Toueb, das vom Umgang eines Mannes mit seinem eigenen Versagen handelt, hören kann. Bei Niane wird dagegen über einen Gnawa Rhythmus eine elektrische Gitarre gelegt, die für Rhythm'n'Blues Einschübe sorgt. Ganz im Zeichen des Gnawa steht dann das Stück Colère, das vom Ärger über korrupte Machthaber handelt. Auffallend ist hier der hypnotische, tranceartige Rhythmus, der einen unweigerlich in seinen Bann zieht und für Gnawa so typisch ist. Cheikh Anta, das dem senegalesischen Philosphen Cheikh Anta Diop gewidmet ist, handelt davon, dass Afrika weit mehr ist als Hunger, Krieg und Korruption. In Diops Schriften findet sich, so Kane, der Reichtum afrikanischer Kultur. Im abschließenden epischen Mami wird schließlich der Schuldenerlass für die 3. Welt gefordert, da diese durch Sklaverei und Kolonialisierung ihre Schulden längst bezahlt hat. Dies ist sicher richtig wenn auch leider nicht ausreichend. Musikalisch großartig ist es natürlich allemal.
Sigil ist somit ein ganz außergewöhnliches Debütalbum, das die Messlatte für kommende Alben in schier unerreichbare Höhen legt. Auf Number One Bus darf man natürlich dennoch gespannt sein und erste Hörproben klingen schon einmal sehr vielversprechend.

(Riverboat / 2006)

Dienstag, 19. Januar 2010

Gino Sitson - Way To Go

Gino Sitson ist ein Vokalakrobat. Wobei man das in diesem Fall absolut positiv bewerten muss zumal auch nicht die Gefahr besteht, dass seine Musik im Formatradio zu Tode gespielt wird wie einst Bobby McFerrins Don't Worry Be Happy. Auch gibt es auf dem neuen Album Way To Go im Gegensatz zu früher keine reinen Gesangsstücke. Alles wurde in kleiner Besetzung bestehend aus Schlagzeug, Bass und Piano eingespielt wodurch ein Jazzfundament entsteht, auf dem Sitson seine Gesangsschichten wunderbar aufbauen kann und dessen Polyrhythmik auch die Klänge seiner Heimat Kamerun widerspiegelt.
Sitson ist in einer musikalischen Familie aufgewachsen und war von klein auf von Jazz, Blues und traditioneller afrikanischer Musik umgeben. Und genau diese Kombination ist es, die man auch auf seinem mittlerweile 4. Soloalbum nachhören kann. Wobei der Fokus in der Tat auf seiner 4-Oktaven-Stimme liegt. Was er mit ihr so alles anstellt ist bisweilen nicht von dieser Welt. Dabei pendelt er mühelos zwischen Sopran und Tenor, erreicht auch schon mal Falsetthöhen und benutzt darüber hinaus die Stimme auch noch als perkussives Instrument. Wobei die Songs, die er überwiegend in seiner Muttersprache Medumba singt, nicht zu kurz kommen. Manchmal, wie z.B. im wunderbaren, seinem Vater gewidmeten Peaceful Journey, verzichtet er auch ganz auf Worte und ersetzt diese durch Lautmalerei. Das ebenfalls dem verstorbenen Vater gewidmeten Daddy verzichtet am Ende dann ganz auf den Gesang, der hier durch das Spiel der Sanza, dem kamerunischen Daumenklavier, ersetzt wird. Die Sanza hatte ihm sein Vater kurz vor dessen Tod überreicht und möglicherweise ist dieses tragische Ereignis auch der Grund dafür, dass Way To Go eine eher familiäre Angelegenheit geworden ist. So finden sich auch Songs über seine Tochter (Lucia) und seine Mutter (Magny Marcelline).
Gino Sitson hätte es sich einfach machen können und wie beim Vorgänger Bamisphere auf eine Reihe hochkarätiger Gäste zurückgreifen. Aber er zog dieses mal das Quartett vor, mit dem er schon zusammen spielt, seit er in den USA angekommen ist. Unterstützt wird er von dem Pianisten Helio Alvez, dem Schlagzeuger Willard Dyson und dem Bassisten Lonnie Plaxico, der auch als musikalischer Leiter für Cassandra Wilson arbeitet. Hier setzt er mit seinem wunderbar dahinfließenden Bassspiel Akzente und auch sonst ist Way To Go ein äußerst gelungenes Album.

(Alessa / 2009)