Dienstag, 22. Dezember 2009

Bassekou Kouyate & Ngoni Ba - I Speak Fula

Am Ende hat es dann doch noch geklappt. Die positive Resonanz für dieses Album konnte ich zunächst nicht nachvollziehen, was mir mittlerweile auch schon wieder unbegreiflich ist. Man muss manchmal nur bestimmte Erwartungshaltungen über Bord werfen und und sich einem Werk von einer ganz anderen Seite nähern. Was I Speak Fula vom Debüt unterscheidet ist, dass die Ngoni hier noch stärker als Soloinstrument in der Vordergrund rückt. Rock'n'Roll artige Soli und ausgedehnte Jams sind keine Seltenheit, wie man z.B. in Musow, einen Lobgesang an die Frauen, nachhören kann. Und zu allem Überfluss ist das Stück auch noch mit einem eingängigen und unwiderstehlichen Refrain ausgestattet. Was zudem beeindruckt ist, wie über galoppierenden Rhythmen ein Solo auf der Ngoni nach dem anderen gespielt wird. Rock'n'Roll from outer space!
Im Kern handelt es sich hier um ein Ngoni Quartett, verstärkt durch Percussion und dem Gesang von Amy Sacko, der Frau Kouyates. Jahrhunderte lang war die Ngoni lediglich ein ausschließlich von Männern gespieltes Begleitinstrument. Erst Bassekou Kouyate rückte es vor mehr als 20 Jahren in den Mittelpunkt, indem er es wagte, auf dem Instrument ein Solo zu spielen wie es sonst nur Gitarristen tun. Auch von der Tatsache, dass die Ngoni traditionell nur von Männern gespielt werden darf, hält Kouyate nichts und lässt seine Tochter schon fleißig auf dem Instrument üben, wie er unlängst in einem Interview erzählte.
Bevor Kouyate 2007 sein erstes internationales Album Segu Blue veröffentlichte, arbeitet er u.a. mit seinen Landsmännern Habib Koite, den er 1989 auf dessen Europatournee begleitete, und Toumani Diabate zusammen. Aber auch mit dem Amerikaner Taj Mahal hat er schon gespielt.
Was I Speak Fula auszeichnet, ist die Verschmelzung von Melodik und Rhythmik, was gerade ein Stück wie das eingangs erwähnte Musow zunächst einmal sehr kantig erscheinen lässt, dessen schnörkellose aber energiegeladene Verspieltheit jedoch zunehmend begeistert und niemals in belangloses Gedüdel ausartet. Unterstützt wird der Ngoni-Vierer von einer Reihe von Gästen, darunter Toumani Diabate, Kasse Mady Diabate und Vieux Farka Toure, der mit seiner E-Gitarre den Bambugu Blues veredelt. Dass das Stück das Wort Blues im Titel trägt, ist wohl durchaus augenzwinkernd gemeint, denn eigentlich mag es Bassekou Kouyate nicht, wenn seine Musik als Blues bezeichnet wird, was durchaus nachvollziehbar ist, denn im Programm seiner Band befinden sich schließlich auch Stücke, die schon mehrere Jahrhunderte alt sind, also schon lange vor dem Begriff Blues existiert haben und somit dessen Wurzeln in Mali, oder genauer in der Region Segu, zu finden sind. Wie dem auch sei, wenn sich einem I Speak Fula erst einmal erschlossen hat, wird man auch das Einzigartige und Originäre dieser Musik erkennen. Phänomenal ist sie allemal.
Musikalisch ist Bassekou Kouyate schon wieder einen Schritt weiter, träumt gar von einer Ngoni Sinfonie. Allerdings investiert er auch einen Teil seines Verdienstes in Schulen, in denen Schüler das Spielen der Ngoni und auch den Bau des Instrumentes erlernen. Seit er international erfolgreich ist, wollen die Nachkommen der Griots wieder verstärkt das aus der Mode gekommene Instrument erlernen. Gut so, denn wie Kouyate selbst sagt: "Die Ngoni muss bleiben!"

(Out|Here / 2009)

Freitag, 11. Dezember 2009

Group Bombino - Guitars From Agadez, Vol. 2

Sublime Frequencies, ein kleines Label aus Seattle, beschäftigt sich in erster Linie mit Feldaufnahmen aus aller Welt. Mit der Reihe Guitars From Agadez tauchte man vor mehr als einem Jahr in die "Musikszene" rund um Agadez ein. Agadez ist sowohl eine Stadt als auch eine Region im Norden Nigers, einem der weltweit größten Uranabbaugebiete. Traditionell ist Agadez aber eine von Tuareg gegründete Stadt, jedoch werden die Tuareg am Gewinn des Uranabbaus kaum beteiligt, was zu Konflikten und Bürgerkrieg führte. Agadez ist heute von der Außenwelt nahezu abgeschnitten, obwohl die Stadt in der Vergangenheit auch ein beliebtes Ziel für Sahara Touristen war. Die Tuareg gründete wiederum die MNJ, die "Nigrische Bewegung für Gerechtigkeit", die sich für deren Gleichberechtigung im Niger einsetzt.
Seit 2008 ist die Tuareg Revolution also wieder in vollem Gange, und den Soundtrack dazu liefert Guitars From Agadez. Der 2. Teil beschäftigt sich also mit Group Bombino, einer Band um den Sänger, Gitarristen und Songschreiber Omara "Bombino" Mochtar, der zwischenzeitlich wieder ins Exil flüchten musste und über dessen Verbleib derzeit nichts bekannt ist. Die Aufnahmen des Albums stammen aus seinem Archiv und setzen sich aus akustischen und elektrischen Tracks zusammen. Damit die Aufnahmen den Hörer möglichst ungefiltert erreichen, wurden sie im Studio nicht überarbeitet und somit ist die Klangqualität recht unterschiedlich. Die Musik handelt von Hoffnung, Gerechtigkeit und die Anerkennung der Lebensweise der Tuareg. Das Album beginnt mit 4 aksutischen Stücken, bei denen man im Hintergrund auch schon mal das Vieh hören kann, die aber zeigen, dass Bombino ein ausgezeichneter Songschreiber ist, der auch durchaus ein Händchen für eingängige Melodien hat. Musikalisch ist das weniger blueslastig als z.B. Tinariwen. Der 2. und elektrische Teil des Albums erinnert mit seinem Scheppern und Krachen mehr an Garagenrock als an Wüstenblues, was sicher auch daran liegen mag, dass im Gegensatz zu vielen anderen Tuareggruppen ein Schlagzeug zum Einsatz kommt. Dabei sollte man noch erwähnen, dass die "Musikszene" in Agadez sehr arm ist und die meisten Musiker sich keine eigenen Instrumente oder Verstärker leisten können, bwz. sich mehrere Gruppen das Equipment teilen. Für unsere Ohren erstaunlich, dass diese Bands auch bei Hochzeiten auftreten und zwar gerne auch in der elektischen Version. Aber eigentlich sollte das für uns mir unseren durch Alleinunterhalter malträtierten Ohren doch eine eher erfrischende Vorstellung sein.
Für audiophile Ohren ist dieses Album, das auch auf Vinyl vorliegt, sicher keine Empfehlung. Dennoch ist das Album weit mehr als nur eine obskure Aufnahme aus der Wüste. Vielmehr zeichnet sich Bombino durch eine außerordentliche Musikalität aus und zeigt, dass man auch mit bescheidenen Mitteln großartige Musik einspielen kann. Bleibt einerseits zu hoffen, dass die Guitars From Agadez Reihe noch einige Fortsetzungen finden wird und dass sich andererseits der Einsatz für bessere Lebensbedingungen am Ende auch lohnt.

(Sublime Frequencies / 2009)

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Asa - Live in Paris

Natürlich könnte man sich jetzt fragen, wie sinnvoll es ist, nach nur einem Album schon ein Livealbum zu veröffentlichen. Aber letztendlich ist es die logische Konsequenz zum Überraschungserfolg aus dem Jahr 2008. Ihrem mit Doppelgold und dem Prix Constantin prämierten Debütalbum folgte eine ausgebuchte und 100 Auftritte umfassende Welttournee, während der sie an 2 aufeinanderfolgenden Abenden im September 2008 in Paris auftrat. Teile dieser Shows finden sich nun auf diesem CD/DVD Package.
Sinn und Zweck dieser Kombination erschließt sich mir jedoch nicht so ganz, zumal die DVD hier nur als Bonus gekennzeichnet ist. Die Zusammenstellung auf der CD ist mehr als eigenartig. Die Pausen zwischen den Stücken sind sehr kurz, an die Reihenfolge im Konzert hat man sich nicht gehalten und z .T. wurden die Stücke ohne Not gekürzt bzw. einfach ausgeblendet. Musikalisch gibt es allerdings nichts zu meckern. Asa verfügt über eine gut eingespielte und dynamisch agierende Band, die es versteht, sich in den richtigen Momenten zurückzunehmen um dann wieder Fahrt aufzunehmen. Einige Stücke wurden auch leicht umarrangiert, wie z.B. das wunderbare Awé. 9 Stücke des Debüts sind hier vertreten, einzig Peace wurde ausgelassen. Ob sie es an jenen Abenden tatsächlich nicht gespielt hat, ist mir allerdings nicht bekannt. Neben den bekannten Stücken gibt es auch eine großartige Coverversion von Nina Simones Feeling Good sowie das neue Stück Iya, bei dem sie an einem der Abende von Keziah Jones unterstützt wurde.
An der DVD, die mit 70 Minuten sogar länger ist als die CD, gibt es nichts auszusetzen, außer dass sie zu kurz geraten ist. Im Gegensatz zur CD hat man sich hier an die Reihenfolge gehalten und die Ansagen nicht herausgeschnitten, was auch für die Drum und Percussion Soli bei So Beautiful gilt. Beim hervorragenden und nur mit akustischen Gitarren untermalten Iya wird sie hier von Yaël Naïm und Mayra Andrade unterstützt. Die andere Version mit Keziah Jones gibt es neben dessen Kpyfuca im Bonusteil der DVD.
Warum man nicht auf die CD verzichtet und sich ausschließlich auf die DVD konzentriert hat, ist nur schwer nachvollziehbar. Im Grunde ist die CD überflüssig, wäre darauf nicht Feeling Good enthalten, dass auf der DVD schmerzlich vermisst wird. Das selbe gilt für die Stücke No one knows und Eye adaba, von denen ersteres am Ende auch einfach ausgeblendet wurde. Eine lohnende Anschaffung ist dieses Album natürlich dennoch, da die Songs hier zum großen Teil deutlich druckvoller daherkommen und auch der Sound insgesamt sehr gut ist.