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Sonntag, 26. September 2010

Carlou D - Muzikr

Wie auch sein Landsmann Cheikh Lô gehört Carlou D (bürgerlich Ibrahima Loucard) der Glaubensgemeindschaft der Baye Fall an. Diese sufistische Glaubengemeindschaft wird hierzulande auch schon gerne mal als islamische Sekte bezeichnet, was aber eher zu Missverständnissen führen dürfte, denn es hat weder etwas mit den Sekten gemein, die wir sonst so kennen und auch mit Islamimus hat das nichts zu tun. Denn während die Fundamentalisten Musik am liebsten gleich ganz verbieten nimmt Musik bei den Mitgliedern der Baye Fall eine sehr wichtige Position ein.

Aufgewachsen ist Carlou D in den Vororten Dakars mit afrokubanischer Musik und Mbalax. Später war er Mitglied der ersten international bekannten afrikanischen HipHop Gruppe Positive Black Soul, wirkte bei der Sahel Oper Bintou Wéré mit und mit Muzikr hat er nun sein bereits drittes Soloalbum veröffentlicht. Mit HopHop hat das nichts mehr zu tun sondern vielmehr mit senegalesischem Singer/Songwriter irgendwo zwischen Cheikh Lô und Habib Koité. Zikr werden die mystischen Sufigesänge seiner Glaubengemeindschaft genannt und neben spirituellen Themen, wie beim ersten Stück Sam Fall, greift er in seinen Songs auch sozialkritischen Themen auf. So handelt Fi Ma Dar vom Traum vieler Afrikaner vom reichen Europa der nicht nur wegen der gefährlichen Überfahrt nicht selten zum Albtraum wird. Umgesetzt wird das Ganze mit Gitarre, Bass und Percussion aber auch mit traditionellen Instrumenten wie Kora oder Ngoni. Beim Gorée, einer beklemmenden Ballade, die von der vor dem Senegal im Atlantik liegenden Insel, von der Millionen von Sklaven nach Amerika verschifft wurden, handelt, wird Carlou D von seinem Mentor und Landsmann Youssou N'Dour unterstützt, der vor 2 Jahren mit seinem Film- und Musikprojekt Retour a Gorée für Aufsehen sorgte. Ein weiteres Highlight ist Nanioul, das an traditionelle Mandinka Stücke erinnert. An Abwechslung mangelt es diesem Album ganz bestimmt nicht und neben seinem Gesang überzeugt Carlou D auch durch sein Gitarrenspiel und durch rhythmische Finessen.

Und so ist Muzikr eine mehr als gelungene Kombination aus moderner urbaner und traditioneller sufistisch geprägter Musik und somit eines der Highlights des Jahres. In Dakar erhielt Carlou D im Februar den erstmals verliehenen Sunu Award als Künstler des Jahres, doch auch über die Grenzen des Senegal hinaus dürfte dies nicht der letzte Preis gewesen sein.

(World Village / 2010)

Freitag, 18. Juni 2010

Oumar Ndiaye Xosluman - Talibé

In seiner Heimat Senegal ist Oumar Ndiaye Xosluman schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Bereits 4 Alben hat er dort veröffentlicht, Filmmusiken komponiert und auch als Schauspieler gearbeitet. Aufgewachsen ist Ndiaye auf der geschichtsträchtigen Insel Gorée vor Dakar. Seine Musik kombiniert die Rhythmen der Serer mit dem Sound der Wolof und der Fulani. Basierend auf traditionellen Instrumenten bietet er eine Mischung aus westafrikanischen Rhythmen und melancholischem Singer/Songwriter Material.

Talibé ist ein rein akustisches Werk, bei dem Ndiaye neben dem Gesang auch Gitarre spielt. Die Begleitung besteht aus meist zurückhaltenden Percussion, hier und da einer Kora und weiblichem Chorgesang. Seine Texte bewegen sich zwischen religiösen und sozialkritischen Themen, so geht es im ersten Stück Soutoura um gegenseitigen Respekt, angelegt als atmosphärischen, westafrikanischen Blues. Das Titelstück handelt von der Ausbeutung von Kindern und erinnert nicht nur wegen des Saxophons an seinen Landsmann Daby Balde. Senegal, eine Ode an seine Heimat, sorgt mit einem leicht psychedelischen Einschlag für eine unglaubliche Atmosphäre und zeigt, dass Ndiaye nicht nur ein herausragender Interpret sondern auch ein großartiger Songwriter ist. Die wenigen Effekte werden immer dezent und songdienlich integriert. Ein weiterer Höhepunkt auf diesem an Höhepunkten nicht armen Album ist das Stück Rassoul, das mit einer wuderbaren Melodie ausgestattet ist und bei dem Ndiaye einmal mehr auch an der Gitarre zu überzeugen weiß. Das Stück ist ein einerseits ein Loblied auf den Islam verurteilt andererseit aber auch religiösen Fanatismus. Marriage Précoce richtet sich gegen die in senegalesichen Dörfern immer noch weit verbreiteten arrangierten Hochzeiten vor allem Minderjähriger, behutsam und sehr intim umgesetzt. Mit Yaguena gibt es schließlich ein veröhnliches Ende in Form eines Liebesliedes.

Mit Talibé präseniert sich nun also ein weiterer herausragender Singer/Songwriter aus dem Senegal. Bleibt zu hoffen, dass dies nicht das letzte musikalische Lebenszeichen auf internationaler Bühne bleiben wird.

(Dakar Sound / 2010)

Mittwoch, 16. Juni 2010

Youssou N'Dour - Dakar-Kingston

Nach dem Film I Bring What I Love und dem zugehörigen Soundtrack ist Dakar-Kingston die bereits dritte Veröffentlichung in diesem Jahr. Wie der Titel schon andeutet, handelt es sich dabei um ein Reggae Album, das einerseits Paralleln zwischen den beiden Städten Dakar und Kingston aufzeigen und anderseits auch als Hommage an Bob Marley verstanden werden soll. Aufgenommen wurde das Album in den legendären Tuff Gong Studios unter Beteiligung von Musikern wie Earl Smith, Dean Fraser und Tyrone Downie, die alle aus dem Umfeld Marleys stammen. Letzterer ist für die Produktion und die meisten Arrangements verantwortlich.

Leider ist Dakar-Kingston nur eine zwiespältige Angelegenheit geworden. So fehlt es dem Album bisweilen an der nötigen Schärfe bzw. Ecken und Kanten. Schon allein der Titel Dakar-Kingstin ließ auf eine enzigartige Mischung aus Reggae und Mbalax hoffen, eine Hoffnung, die auf diesem Album leider nur selten und auch nur in Ansätzen erfüllt wird. Der größte Schwachpunkt des Album kommt gleich zu Beginn, das Stück Marley, an dem überflüssigerweise auch noch Yusuf Islam mitgeschrieben hat, ist eine sülzige Ode an die verstorbene Reggae Legende. Wenn man das überstanden hat, bietet das Album durchaus ein paar bessere Momente, aber der ganz große Wurf gelingt nicht. So ist die reggaeinfizierte Version von Medina, dessen Originalversion auf dem Album Set zu finden ist, recht gut gelungen und das mit Patrice vorgetragene Joker sogar ein echtes Highlight, aber zwischendurch wird es immer wieder allzu gefällig und auch zahnlos, wenngleich man dem Album zu gute halten muss, dass es glücklicherweise zu keinem Zeitpunkt in A La La La La Long Gefilde abdriftet. Ebenfalls auf der Habenseite befindet sich das Stück Bamba, urspünglich auf dem Album The Guide (Wommat) veröffentlicht. Es gibt auch ein paar neue Songs, von denen sich noch am besten Diarr Diarr und Bagn Len behaupten können. Am ehesten die Erwartungen erfüllt das Immigès Stück Pitche me ganz am Ende das Albums. Die Produktion wirkt hier etwas pointierter und man bekommt eine Ahnung davon, was aus diesem Album hätte werden können.

Dakar-Kingston zählt sicher nicht zu Youssou N'Dours besten Alben und wenn man sich die in etwa zeitgleich veröffentlichte Étoile De Dakar Retrospektive anhört, wünscht man sich, er wäre genauso mutig und unbedarft vorgegangen, wie einst in den späten 70ern und frühen 80ern.

Freitag, 19. Februar 2010

Youssou N'Dour - I Bring What I Love

Dieser Tage erscheint Youssou N'Dours Film I Bring What I Love auf DVD. Darin geht es um sein 2004 erschienenes Album Egypt und die darauf folgenden Reaktionen vor allem in seiner Heimat Senegal. Mit dem Album wollte N'Dour in erster Linie und auch als Reaktion auf die Anschläge vom 11.09.2001 den Islam als friedliche Religion, ja als Religion der Liebe präsentieren, was ihm international auch viel Anerkennung einbrachte, wohl auch weil das Album erwartungsgemäß völlig frei von Missionierungsversuchen ist. Nur in seiner Heimat Senegal wurde er heftig dafür kritisiert, was darin gipfelte, dass Gerüchte in die Welt gesetzt wurden er würde nackte Frauen in seinen Videos auftreten lassen. Gehört hatten das Album wohl die wenigsten, es zeigt aber, wie einfach sich Menschen beeinflussen lassen. Die Wende kam erst im Jahr 2005, als Egypt mit dem Grammy ausgezeichnet wurde und somit überhaupt zum ersten mal ein Grammy an einen Künstler aus dem Senegal verliehen wurde. Youssou N'Dour ließ sich damals mit einem offenen Auto durch die Straßen Dakars fahren, um den Grammy wie einen Pokal der jubelnden Menge zu präsentieren. Ein Foto davon kann man auch auf dem Cover des bereits im Januar veröffentlichten dazugehörigen Soundtracks sehen.
Auf dem Soundtrack befinden sich neben 2 neuen Stücken 9 Neueinspielungen bzw. Liveversionen bekannter Stücke, z.T. in neuen Arrangements wie z.B. Li Ma Weesu vom eh schon superben Nothing's In Vain Album. Bei Immigrés (Bitim Rew) singt Seun Kuti im Chor mit, ohne die Info in den Credits hätte ich das aber nicht herausgehört. Von Egypt, um das es hier eigentlich geht, gibt es mit Touba Daru Salaam nur ein Stück, dem Mame Bamba vom Wommat Album als Intro vorangestellt wurde. Das Ganze wurde mit dem Fathy Salama Orchestra live eingepsielt und zählt zusammen mit Yama vom selben Konzert (vom Joko Album) zu den Highlights des Albums. Leider gibt es über die Quelle dieser Liveaufnahmen keine genaueren Angaben, allerdings sind sie so gut, dass ich mir nun eine DVD zur damaligen Tour wünsche. Ebenfalls deutlich besser gefällt mir die neue Version von Birima, dessen Original auf Joko nicht weiter aufgefallen ist, was sicher auch am damaligen Produktionsbombast lag. Davon befreit erstrahlt das Stück nun in völlig neuem Glanz. Auch die beiden neuen eher ruhig gehaltenen Stücke sind qualitativ auf der Höhe, letzteres als bewegendes Duett mit Moustapha Mbaye, der in Senegal als Griot des Propheten bekannt ist.
Einziger Kritikpunkt dieses ansonsten hervorragenden Soundtracks ist die fehlende Homogenität. So funktionieren die Stücke einzeln ganz wunderbar, wirken zusammen aber mehr wie eine Kompilation. Wer von Youssou N'Dour noch nichts hat, dem bietet dieser Soundtrack einen guten Einsteig und allen anderen gegenüber den Originalen z.T. bessere Neuversionen. So gesehen also (fast) alles richtig gemacht. Mit Spannung warte ich nun auf Dakar-Kingston.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Nuru Kane - Sigil

Dieser Tage erscheint Kanes zweites Album Number One Bus, wann es hierzulande veröffentlicht werden wird ist mir aber im Moment noch nicht bekannt. Zeit genug also um das hervorragende Debüt aus dem Jahr 2006 in Erinnerung zu rufen. Wobei ich zugeben muss, dass ich erst letzten Herbst und auch mehr zufällig darauf gestoßen bin.
Geboren und aufgewachsen in Medina, einem Stadtteil von Dakar, lernte Kane zunächst Gitarre und Bass und spielte in diversen Bands in Senegal bis es ihn in den späten 90ern nach Paris verschlug. Ein Trip nach Marokko brachte ihm den Gnawa näher und er erlernte das dazugehörige dafür hauptsächlich verwendete Instrument, die Guimbri, ein 3-saitiger Akustikbass. Schließlich gründete er zusammen mit Thiery Fournel, einem Oud Spieler und Gitarristen, und dem Ngoni und Tama Spieler Djeli Makan Sissoko die Band Bayefall Gnawa, die nach der westafrikanischen islamischen Bruderschaft Baye Fall benannt ist. Das Ergebnis ist eine Mixtur aus Singer/Songwriter, Blues und Gnawa, wobei Fournels Oud dem Ganzen noch zusätzlich ein orientalisches Flair verleiht. Bei den Aufnahmen wurde darauf geachtet, dass die Live-Atmosphäre bestmöglich ins Studio übertragen wurde. So wurde das Stück Gorée in nur einem Take aufgenommen und auch sonst auf allzuviel Produktionsschnickschnack verzichtet. Im Grunde ist Kane aber ein fast schon klassischer Songwriter, wie man schon im ersten Stück Toueb, das vom Umgang eines Mannes mit seinem eigenen Versagen handelt, hören kann. Bei Niane wird dagegen über einen Gnawa Rhythmus eine elektrische Gitarre gelegt, die für Rhythm'n'Blues Einschübe sorgt. Ganz im Zeichen des Gnawa steht dann das Stück Colère, das vom Ärger über korrupte Machthaber handelt. Auffallend ist hier der hypnotische, tranceartige Rhythmus, der einen unweigerlich in seinen Bann zieht und für Gnawa so typisch ist. Cheikh Anta, das dem senegalesischen Philosphen Cheikh Anta Diop gewidmet ist, handelt davon, dass Afrika weit mehr ist als Hunger, Krieg und Korruption. In Diops Schriften findet sich, so Kane, der Reichtum afrikanischer Kultur. Im abschließenden epischen Mami wird schließlich der Schuldenerlass für die 3. Welt gefordert, da diese durch Sklaverei und Kolonialisierung ihre Schulden längst bezahlt hat. Dies ist sicher richtig wenn auch leider nicht ausreichend. Musikalisch großartig ist es natürlich allemal.
Sigil ist somit ein ganz außergewöhnliches Debütalbum, das die Messlatte für kommende Alben in schier unerreichbare Höhen legt. Auf Number One Bus darf man natürlich dennoch gespannt sein und erste Hörproben klingen schon einmal sehr vielversprechend.

(Riverboat / 2006)

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Daby Balde - Le Marigot Club Dakar

Einen Gimmick der besonderen Art wurde dem zweiten Album von Daby Balde beigelegt, nämlich einen Getränkegutschein für den titelgebenden Club in Dakar, einzulösen bis Ende 2010. Wer zufällig mal in Dakar sein und diesem Club einen Besuch abstatten möchte, sollte darauf achten, dass es ein Tag ist, an dem Daby Balde selbst eine Auftritt hat, es dürfte sich lohnen. Der aus der Casamance im Süden Senegals stammende Balde hat diesen Club gegründet, um die Fula Traditionen zu erhalten, was im von Wolof und damit Mbalax aber auch HipHop dominierten Dakar eher eine Seltenheit sein dürfte. Und so hat die Musik auch recht wenig mit der seines weitaus promineteren Landsmannes Youssou N'Dour zu tun. Vielmehr erinnert mich die Musik an die traditionelleren Werke der ebenfalls aus der Casamance stammende Band Toure Kunda, irgendwo zischen den Alben Amadou Tilo und Casamance Au Clair De Lune. Im Grunde handelt es sich bei Le Marigot Club Dakar um ein senegalesisches Singer/Songwriter Album, bei dem auch europäische Einflüsse nicht außen vobleiben. So ist bereits im ersten Stück Yaye Boye ein Saxophon zu hören, eingebettet in akustische Gitarren und ein paar Percussion. An anderen Stellen tauchen auch Violinen auf aber auch Kora und Balafon kommen hier und da zum Einsatz. Was Balde auszeichnet ist neben seiner Stimme ein Händchen für gleichermaßen elegante wie hypnotische Melodien, die in der Regel sparsam arrangiert und auf das Wesentliche ausgerichtet wurde. Seine Texte handeln auch schon mal von Korruption wie in Lambe Leydi oder auch von tragischen Ereignissen, wie dem Untergang der seneglesischen Passagierfähre Le Joola vor der Küste Gambias im Jahr 2002, bei dem knapp 2000 Menschen ums Leben kamen. Andere Songs handeln von Armut oder klischeehaften Denken üner den Senegal im Speziellen und Afrika im Allgemeinen. Gepackt in wunderbare Songs und Arrangements ergibt das großartiges Album. Santé!

(Riverboat / 2009)

Mittwoch, 21. Mai 2008

El Hadj N'Diaye - Géej

Wie aus dem Nichts werden manchmal Alben von Musikern veröffentlicht, die schon länger im Geschäft sind, von denen man aber bis dato nichts gehört hatte. El Hadj N'Diaye aus dem Senegal, der bereits seit Mitte/Ende der 90er Jahre aktiv ist, ist so ein Fall. Geboren in eine quasi multikulturelle Famile, die Mutter stammt aus dem Norden des Senegal nahe der Grenze zu Mauretanien und der Vater aus dem südlichen Cassamance Gebiet, erkannte N'Diaye zu Beginn seiner Gesangskarriere, dass Liebeslieder oder Tanzmusik nichts für ihn sind. In seinen Liedern geht es um Korruption, Unterdrückung, den Freiheitskampf der Diola im Cassamance Gebiet oder die Sorgen und Nöte der Tuareg, ebenfalls eine unterdrückte Minderheit im Land.
Der Durchbruch kam iim Jahr 2000 mit Auftritten in Cannes, Berlin und Montreal, was auch dazu führte, dass sein zwei Jahre zuvor erschienenes Debütalbum Thiaroye in Frankreich mit dem Choc du Monde de la Musique Preis ausgezeichnet wurde. Ein Jahr später wurde das 2. Album Xel mit dem Grand Prix Du Disque De L'Academie Charles Cros ausgezeichnet.
Nach 7 Jahren Pause erschien nun Géej, das dritte Album, und schon das Cover, auf dem ein Fadenkreuz auf einen Jungen, der an einem steinigen Strand entlang läuft, gerichtet wird, zeigt, dass sich die Themen N'Diayes nicht geändert haben. Im Vergleich zu Landsmännern wie Youssou N'Dour oder Cheikh Lô entspricht N'Diaye mehr einem Singer/Songwriter, den landestypischen Mbalax oder andere tanzbare Rhythmen sucht man hier zumindest vergeblich. Zumeist ruhig und zurückhaltend instrumentiert jedoch mit eindringlichem Gesang ausgestattet geht es hier zu Werke. N'Diaye verfügt über eine außergewöhnliche Stimme mit einem hohen Wiedererkennungswert die mal sanft, mal energisch fordernd klingen kann. Gesungen werden die Texte hauptsächlich auf Wolof, der im Senegal am weitesten verbreiteten Sprache, aber stelleweise auch mal auf Englisch, Französisch oder gar einem "wolofisierten" Japanisch. Die musikalische Untermalung besteht meist aus einer Gitarre, einer Ngoni und ein paar Percussion wie gleich im ersten Stück Boor yi, das zusätzlich mit feinen Basslicks aufwartet. In den Stücken Fagaru und mi alla ligéey kommt auch dezent ein Schlagzeug zum Einsatz sowie atmosphärische Akustik- und E-Gitarrenklänge, während er das Titelstück ganz alleine auf seiner Gitarre vorträgt. Das epische N'Guri verzückt durch den perlenden Klang einer Kora und die beiden Stücke Cheick Anta Dio und Jolaa werden durch ein klagendes Cello und einem Saxophon veredelt.
Géej ist ein atmosphärisch dichtes Meisterwerk geworden, bei dem ein Youssou N'Dour, dessen letztes Album auch nicht gerade schlecht war, vor Neid erblassen dürfte. Vielleicht ist es ein Vorteil, wenn man international nicht so bekannt ist und das Glück hat, von einem kleinen Label wie Marabi entdeckt zu werden. Wenn dem so ist, dann hat El Hadj N'Diaye dies in vollem Umfang ausgenutzt.

(Marabi / 2008)

Donnerstag, 1. Juni 2006

Cheikh Lô - Lamp Fall

Der Titel dieses dritten Albums des senegalesischen Sängers und Multiinstrumentalisten ist nicht etwa englisch sondern der Name eines 100-jährigen Priesters einer islamischen Sekte, der mouridistischen Bruderschaft, der Lô ebenfalls angehört. Einer seiner größten Bewunderer ist übrigens kein Geringerer als Youssou N'Dour, der seinerzeit auch sein Debütalbum 'Ne le thiass' aus dem Jahr 1997 produziert hat und sogar mit ihm auf Tour ging um bewusst in der zweiten Reihe zu stehen. Dadurch erlangte Lô, der schon in den 80er Jahren in Eigenregie Kassetten aufnahm, um sie in den Straßen Dakars zu verkaufen, einen größeren Bekanntheitsgrad und bekam als bester Newcomer einen Kora Award, Afrikas höchste Musikauszeichnung.

Die Basis von Cheikh Lô's Musik ist der M'Balax, einst von Youssou N'Dour erfunden, dessen Markenzeichen die schnellen Läufe über die Talking Drum ist. In der Vergangenheit kombinierte er diesen Stil schon mal mit Afrobeat á la Fela Kuti auf 'Lamp Fall' integriert er Flamenco, Reggae, Soul und kubainischen Guajira und erzeugt daraus einen völlig eigenen Stil. Ein weiteres Markenzeichen sind dabei seine außergewöhnliche Stimme und die Flamenco Gitarre. Die lateinamerikanischen und vor allem brasilianischen Einflüsse sind hier allgegenwärtig und kommen besonders im Stück 'Sénégal - Brésil' zur Geltung. Das Rhythmusfundament bilden hier 40 Samba Trommler, die zusammen mit der Talking Drum einen aufregenden treibenden Beat erzeugen. Im Eröffnungsstück 'Sou' dagegen, im Original übrigens von Bembeya Jazz National, sorgt ein brasilianisches Akkordeon für Latinoflair. Das Titelstück selbst basiert auf einem rumpelnden Funkrhythmus, bei dem sich brodelnde Saxophoneinlagen dazugesellen. Aufgenommen wurde das Album übrigens zu Teilen in Bahia, Dakar und London.

Wie viele Alben aus der Region hat auch 'Lamp Fall' Afrika zum Thema, Cheikh Lô's Afrika. Es richtet sich gegen Krieg und Armut, handelt aber auch von Liebe, Religion und Spiritualität. Dabei ist Lô selbst ein äußerst friedliebender Mensch, so bittet er am Anfang von 'Kelle Magni' auf Englisch 'Can you stop the war' und fügt nach einer Pause noch ein 'please' dazu. Das Stück selbst verfügt über eine unglaublich eingängige Melodie, die man, einmal gehört, kaum wieder aus dem Kopf herausbekommt aber dennoch alles andere als nervig ist.

(World Circuit / 2005)

Freitag, 12. Mai 2006

Yandé Codou Sène & Youssou N'Dour - Gainde (Voices from the heart of Africa)

Wer Youssou N'Dour vor allem wegen seines Welthits 7 Seconds im Duett mit Neneh Cherry schätzt, könnte mit diesem Album so seine Problem bekommen, wer jedoch seine internationalen Veröffentlichungen schon immer zu sehr an europäische Hörgewohneiten angelehnt sah, für den scheint dieses Album wie geschaffen. Mit dem Erfolgsalbum 'Wommat' hat das nicht viel gemeinsam, denn Youssou N'Dour erfüllte sich mit diesem Album einen Traum. Mit einem seiner großen Idole, der senegalesischen Diva Yandé Codou Sène nahm er ein traditionelles Album auf, bei dem er zwar auch als Sänger in Erscheinung tritt, aber hauptsächlich als musikalischer Direktor und Produzent tätig war. Der Fokus liegt klar auf Yandé Codou Sène, die den Serer angehört, einer kleinen Bevölkerungsgruppe im Senegal. Unterstützt wird sie dabei von ihrem nur aus Frauen bestehenden Chor und einem Ensemble aus Trommlern, die Instrumente mit so klangvollen Namen spielen wie Kung, Thiol, Lamb, Baal oder Ndër. Die Musik ist meist auf das Nötigste reduziert, auf Call and Response Gesänge zwischen Sène und ihrem Chor unterlegt mit aufregenden Trommelrhythmen wie z.B. im Titelstück, ein Lobgesang an die Löwen, die im Senegal zwar schon lange ausgestorben dort aber immer noch Symbol für Kraft und Stärke sind. Im folgenden Léopold Koor Joor gesellt sich noch die lokale Geige Riti dazu und hat die schöne Tradition, dass wenn man Wohlwollen gegenüber einer Person zum Ausdruck bringen möchte nahe Verwandte preist. Im konkreten Fall handelt es sich um die Schwester des Präsidenten. Sama Guent Guii ist dann N'Dours erster Einsatz, eine atemberaubend schöne und sehr eindringlich gesungene Ballade, nur durch eine Akustikgitarre begleitet. Youssou singt davon, dass man sein Schicksal in Gottes Hand und nicht in die anderer Menschen legen sollte. Lees Waxul ist das erste Duett der beiden Hauptakteure und hat beinahe schon hymnischen Charakter. Nur durch Keyboards begleitet, was im Kontext des Albums erstaunlich gut funktioniert, ist das Stück eine Huldigung an Sènes Marabut und ihre Religion. Das Instrumentalstück Riti Fa Tama ist ein Dialog zwischen der ein- oder zweisaitigen Geige Riti, deren Steg auf einem Kalabassekorpus befestigt ist und der Tama, besser bekannt als Talking Drum, was daher rührt, dass diese Trommel bestens dazu geeignet ist, Sprache darzustellen. Sie ist beidseitig mit Echsenhaut bespannt und wird beim Spielen unter die Achselhöhlen gepresst, die Stärke des Pressens bestimmt dabei die Tonhöhe. Im Stück 'Samba' wagt N'Dour ein Klangexperiment, seine Stimme erklingt hier in 3 verschiedenen Tonhöhen und wird von treibenden Trommelrhythmen begleitet. Es ist ein Loblied an die noblen Wolof, die sich in die Gemeinschaft einbringen und die Schwachen stärken. Das abschließende Djamil ist einer der beliebtesten Rhythmen der Super Etoile de Dakar, hier interpretiert von der Gruppe Singsing Rhythme, den wohl besten Sabar Spielern Dakars. Die Sabar ist ein mit Ziegenfell bespannter Baumstamm, der unten offen oder geschlossen ist und mit der Hand oder einem Stock geschlagen wird. Diese aufregenden Rhythmen, die einem perkussivem Wirbelsturm gleichkommen und bei denen sich im zweiten Teil noch die Riti dazugesellt beschließen dieses traumhaft schöne Album, das 1995 als Nummer 29 der World Network Serie des Frankfurter Network Labels erschienen ist.

(Network / 1995)

Mittwoch, 10. Mai 2006

Orchestra Baobab - Pirates choice

Der Titel 'Pirates choice' ist eine Anspielung auf die Beliebtheit des Orchestra Baobab denn keine andere Band konnte im Senegal mehr Raubkopien auf sich vereinigen. Die Anfänge dieser Band, die sich nach einem noblen Club in Dakar benannt hat, geht bis in die 60er Jahre zurück. Schon damals waren sie, wie nur wenige ihrer Mitstreiter, mit den besten Instrumenten ausgestattet und gaben fast jeden Abend ein Konzert, streng nach der Devise "nur wer viel übt und live auftritt hat auch Erfolg'. Dieser ließ dann auch nicht lange auf sich warten, denn das Orchestra Baobab zählte zu den beliebtesten Bands Westafrikas. Inspiriert durch kubanische Tanzorchester kombinierten sie deren Stil mit westafrikanischen Rhythmen und zählten somit zu den Pionieren des sogenannten Afro-Salsa. Dabei verzichtet die Band weitgehend auf traditionelle Instrumnente und beschränkt sich meist auf Gitarre, Bass, Schlagzeug, Percussion und Saxophon.

Bei 'Pirates choice' handelt es sich um Session-Aufnahmen, live um Studio eingespielt, was der Musik viel Raum für Improvisationen lässt, so ist kein Stück kürzer als 6 1/2 Minuten. Langeweile kommt dabei aber niemals auf, denn die Band versteht es die meist langsamen und entspannten Stücke derart lässig aus dem Handgelenk zu schütteln, als gäbe es nichts Einfacheres. Neben dem meist eindringlichen Gesang, die Band hatte immerhin 5 Sänger die meist eine Mischung aus spanisch und Wolof sangen, sind es vor allem die Gitarre und das Saxophon, welche hier eine führende Rolle spielen. Manche Stücke sind Überarbeitungen kubanischer Vorlagen, so z.B. 'Utru horas', welches seinen Ursprung in Guinea-Bissau hat. Hier fallen sofort die klirrenden, beinahe spacigen Gitarrensoli auf, die sich kongenial mit dem Saxophon abwechseln und quasi die Marschroute für das ganze Album festlegen. Ein Album, dem es aber auch an Abwechslung nicht mangelt, so klingt 'Coumba' wie ein französicher Popsong auf der Basis eines Rumba Rhythmus. 'Toumaranke' lässt dank der Samba-Rhythmen gar brasilianische Karnevalsstimmung aufleben was in völligem Gegensatz zum Text steht, in dem es um Heimweh geht. Das abschließende 'Balla daffe' kombiniert einen Reggae-Rhythmus mit einer einprägsamen Saxophonmelodie.

Ursprünglich wurden die Sessions im Senegal nur als Kassette veröffentlicht, 6 Stücke daraus später dann als LP in Frankreich und 1989 dann erstmals auf CD. Die kompletten Sessions, also alle 12 Stücke, wurden erst 2001 auf CD veröffentlicht. Die Band selbst brach nach den Aufnahmen schnell auseinander und fiel in einen fast 20 Jahre dauernden Dornröschenschlaf, ehe sie 2002 beinahe in Originalbesetzung reanimiert wurde und ein neues Album mit dem Titel 'Specialist in all styles' aufnahm.

(World Circuit / 2001)