Donnerstag, 30. April 2009

Hugh Masekela - Phola

Mit einiger Verspätung wurde hierzulande nun auch das aktuelle Album Phola von Hugh Masekela, der Anfang April seinen 70. Geburtstag feierte, veröffentlicht. Ein Alterswerk, wie man nach dem ersten Hördurchgang meinen könnte. Weitestgehend entspannt und zurückgelehnt wird da musiziert und irgendwie fehlten mir zunächst einmal die Ecken und Kanten. Nur 2 der 9 neuen Stücke sind Instrumentals, bei den restlichen Soings weiß Masekela mit seiner raspeligen Stimmen durchaus zu überzeugen, doch letztendlich ist es einmal mehr sein fantastisches Spiel auf dem Flügelhorn, das hier voll und ganz zu überzeugen weiß. Hier und da erklingen aus dem Hintergrund Keyboardklänge aus längst vergangenen Zeiten, auf die ich auch gerne verzichtet hätte, aber am Ende überwiegt nach mehrmaligem Hören doch der positive Gesamteindruck. Dabei zählen auch 4 superbe Kompositionen, die quasi den Rahmen dieses Albums bilden. Das politisch angehauchte Bring It Back Home und das autobiographische Sonnyboy überzeugen neben wunderbaren Melodien und großartigem Flügelhornspiel eben auch durch Masekelas vom Alter gegerbten Stimme. Beide Stücke haben etwas episch Anmutendes das sich zum Ende hin steigert was bei Sonnyboy sogar im Einsatz einer E-Gitarre gipfelt. Das luftig lockere Weather, das vermutlich auch etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, zeigt die andere Seite des Albums und präsentiert, wie an andereen Stellen auch, wunderbaren Chorgesang. Das epische und tranceartige Hunger am Ende des Albums fasst noch einmal die ganze Klasse Masekelas zusammen. Anhand diverser afrikanischer Percussion wird eine in den Bann ziehende Polyrhythmik erzeugt auf deren Basis Masekela knapp 9 Minuten lang sowohl gesanglich als auch auf dem Flügelhorn zu überzeugen weiß.
Die beiden Instrumentalstücke sind Moz, eine Reminiszenz an den Hit Gracing In The Grass aus dem Jahre 1968, dessen Produzent Stewart Levine hier an der Klarinette zu hören ist und Jon Luciens The Joke Of Life, mit dem er bereits 1985 einen Hit landen konnte.

Am Ende ist Phola doch ein gelungenes sagen wir mal Spätwerk, dem es hier und da ein bisschen an Schärfe fehlt, was aber durch den guten Gesamteindruck wieder wett gemacht wird, wozu vor allem Masekelas phantastisches Trompetenspiel beiträgt. Im Vergleich zum hierzulande zeitgleich neu veröffentlichen 1992er Album Beatin' Around De Bush ist Phola zumindest klangtechnisch überlegen, wenngleich auch jenes Album trotz seines bisweilen allzu zeitgeistigen frühen 90er Sounds durchaus empfehlenswert ist.

Mittwoch, 22. April 2009

Culture Musical Club - Shime!

In seinen Anfängen war der Culture Musical Club eine Jugendorganisation der Afro Shirazi Partei während des Unabhängigkeitskampfes mitte der 50er Jahre. Heute ist er das älteste und erfolgreichste Taarab-Orchester Sansibars. Taarab, dessen Sprachwurzel auf das arabische Wort "tariba" zurückgeht und so viel bedeutet wie "in Bewegung sein", setzt sich aus afrikanischen, arabischen und inidschen Elementen zusammen und spielt in der Gesellschaft Sansibars bis heute eine große Rolle. Traditionell wird Taarab von Orchestern gespielt, die sowohl europäische Instrumente wie Geige oder Akkordeon als auch afrikanische Instrumente wie die Zither Kanun oder Ngoma, Tabla und Dumbak Trommeln sowie arabische Instrumente wie die Blockflöte Nay und die Laute Oud einsetzen. Kennzeichnend sind auch die meist aus Frauen bestehenden Swahili Chöre, die in der Regel den Refrain übernehmen oder in einer Art Call and Response Gesang als Antwort auf den Hauptsänger zum Einsatz kommen.

Mit dem Album Shime! feiert der Club nun seinen 50. Geburtstag. In 8 z.T. langen Stücke, die auch schon mal die 10 Minuten Grenze überspringen, verbreiten die Musiker in der Tat eine einzigartige Stimmung, in der arabische mit südafrikanischen Gesänge und orientalische Melodien mit afrikanischen Rhythmen kombiniert werden. Die Texte sind dabei oft von profaner Natur, handeln von glücklicher oder unglücklicher Liebe oder Arroganz und Dummheit, wie das über 12 Minuten lange Rejea Tena Chuoni, das dem Angesprochenen empfiehlt, zurück zur Schule zu gehen. Ein auf den ersten Blick monotones Stück, das allerdings mit allerlei rhythmischen Finessen ausgestattet ist und durch seine Aufteilung in mehrere Teile fast schon wie eine Suite wirkt. Ähnlich in Länge und Klasse das abschließende im Kidumbak Stil gespielte Kidumbaki. Kidumbak, benannt nach der gleichnamigen Trommel, ist eine spezielle Form des Taarab und wird in der Regel in kleinerer Besetzung gespielt. Kidumbaki ist ein Medley, das aus 5 Stücken besteht, die allerdings dank ihrer Ähnlichkeit ebenfalls wie eine Suite wirken. Als Instrumente kommen hier lediglich Geigen und Percussion zum Einsatz, die sich hier aufregende "Duelle" leisten. Die Melodie wird hauptsächlich durch den Gesang erzeugt, wobei sich auch hier Solostimme und Chor in nichts nachstehen und durch pure Schönheit überzeugen.

Schon Taj Mahal wusste den Culture Musical Club zu schätzen und nahm mit seinen Musikern vor ein paar Jahren ein Album auf. Aber auch ohne prominente Unterstützung ist dem Ensemble hier ein unvergleichliches Album gelungen, dessen ganze Schönheit und Klasse sich allerdings tatsächlich erst nach mehreren Durchgängen erschließt. Lohnen tut es sich allemal.

(World Village / 2009)

Samstag, 11. April 2009

K'Naan - Troubadour

"Was ist das denn?" wird sich der Purist fragen. "And if rap gets jealous 'cause I rock heavy / it don't worry me if m'a fuckers don't get it." heißt es im Stück If Rap Gets Jealous, einem gewaltigen Raprock Song mit keinem geringeren als Metallicas Kirk Hammett an der breitbeinigen Gitarre inklusive Solo. Nicht nur musikalisch sondern auch im Text geht es um das Einreißen von Barrieren und somit steht das Stück stellvertretend für den Rest des Albums. Einen weiteren Rocker dieser Art findet sich hier zwar nicht mehr, dennoch dient HipHop hier nur noch als Basis, auf der K'Naan nichts unversucht lässt und dem somit ein sehr vielschichtiges und ganz und gar nicht beliebiges Album gelungen ist. Geblieben ist das Thema Somalia, seine Heimat, die er 1991 mit dem letzten Linienflug Richtung New York verlassen hat. Die Schrecken des Bürgerkrieges und das Leben als Kind in der gefährlichsten Stadt der Welt Mogadischu verarbeitete er schon auf dem ersten Album The Dusty Foot Philosopher, dessen reduzierte und gleichermaßen erschütternde Liveversionen mit dem Livealbum The Dusty Foot On The Road veröffentlicht wurden. Troubadour klingt optimistischer und ist deutlich bunter, was sicher auch an der Gästeliste liegt. Neben dem bereits eingangs erwähnten Kirk Hammett gibt es u.a. noch Auftritte von Damian Marley, Adam Levine (Maroon 5), Mos Def und Chubb Rock. Dies führt u.a. zu einer erstaunlich unkitschigen Friedenshymne wie Wavin' Flag oder zu einem Uptempo Stück wie Bang Bang, bei dem Adam Levine den Refrain übernommen hat. Seiner alten Heimat Somalia und seiner neuen Heimat Amerika huldigt er mit den beiden jeweils gleichnamigen Stücken während Take A Minute mit seinem großartigen Refrain am Beispiel von Nelson Mandela und Mahatm Ghandi u.a. zeigt, was wahre Größe ist. 15 Minutes Away erläutet schließlich die Vorzüge von Western Union und der Tatsache, dass man innerhalb kürzester Zeit Geld um die ganze Welt schicken kann was von vielen im Ausland lebenden Afrikanern genutzt wird, um die Familien zu Hause zu unterstützen. Das soulige und epische People Like Me am Ende des Albums handelt von Menschen, die ähnliches durchmachen oder durchgemacht haben wie K'Naan selbst: "Heaven, is there a chance that you could come down and open doors to hurtin people like me", ein schöner Schlusspunkt eines famosen Albums.

Die Aufnahmen zu Troubadour fanden übrigens im Haus von Bob Marley statt, was einen positiven Einfluss auf die Sessions ausgeübt haben dürfte. Die 14 Stücke verschmelzen einerseits perfekt zu einer Einheit und doch hat andererseits jedes für sich genommen eine ganz eigene Klasse. Somit kann der Albumtitel durchaus auch musikalisch Verstanden werden: ein Troubadour zwischen den Stilen.

Mittwoch, 1. April 2009

Victor Démé - s/t

In seiner Heimat Burkina Faso ist Victor Démé schon seit ungefähr 30 Jahren ein bekannter Sänger und Musiker. Trotzdem veröffentlichte er erst jetzt sein internationales Debütalbum, ein Album, auf dem lokale Mandingo Traditionen ebenso Platz finden wie Blues oder Flamenco. Seine musikalische Karriere begann Démé bei seinem Vater in Abidjan mit Auftritten in den örtlichen Clubs. 1988 kehrte er in seine Heimat zurück und gewann diverse Preise und entwickelte sich so zu einem bekannten und beliebten Künstler. Dennoch wurde bei Auftritten in Clubs oft von ihm verlangt, bekannte Songs von Salif Keita oder Mory Kanté zu singen. Glücklicherweise hielt Démé jedoch an seinen eigenen Kompositionen fest und traf im Jahr 2005 auf Camille Louvel, der ihm eine dauerhafte Anstellung in dessen Ouagajungle Club in Ouagadougou verschaffte wo er in der Folge mehrere Auftritte pro Woche haben sollte. 2007 schließlich wurde mit Hilfe des Journalisten David Commeillas das Chapa Blues Label gegründet, um Démés Musik vermarkten zu können, was gleichzeitig auch der Startschuss für die Arbeiten am Debütalbum war. Die Aufnahmen fanden in einem kleinen und improvisierten Studio in Ouagadougou statt, in dem lediglich ein 16-Spurgerät zur Verfügung stand.

Die zumeist akustischen Songs des Albums, zu denen Victor Démé neben Gesang auch Gitarre beisteuert, sind eine einzigartige Mischung aus Folkblues Melodien und Mandingo Balladen, die hier und da mit Latintupfern wie Salsa oder Flamenco versehen sind. Zur musikalischen Umsetzung der oft melancholischen Stücke reichen zumeist akustische Gitarren und Percussion und ab und zu noch ein Piano und in Deni Kemba erklingt traurig aus dem Hintergrund eine einsame Trompete. Und trotz dieser vermeintlich eher westlichen Instrumentierung klingt das Album im Kern doch durch und durch westafrikanisch, die Verwandschaft zum Nachbarn Mali ist nicht zu überhören. Und so gelingen Victor Démé mehr als ein Dutzend meist einfühlsamer, atmosphärisch dichter Songs, die durch seinen wunderbaren Gesang eine poetische Note erhalten. Und wem die traditionellen Instrumente fehlen, der dürfte bei den letzten beiden Stücken auf seine Kosten kommen: 2 traditionelle Mandingo Stücke, die mit Balafon, Ngoni und Kora eingespielt wurden und die merklich flotter daherkommen als der Rest des Albums und somit in Kontrast dazu stehen. Ein Kontrast aber, der alles andere als störend ist. Vielmehr hätte ich gerne noch mehr davon gehört, vielleicht beim nächsten Album. Nichtsdestotrotz ist dieses Album ein weiteres Highlight im noch jungen Jahr und man darf auf Victor Démés zukünftige Aktivitäten gespannt sein.

In England und Frankreich schon letztes veröffentlicht, wurde das Album mehrfach ausgezeichnet, u.a. auch als Album des Jahres und das sicher nicht zu Unrecht. Eine Empfehlung!

(Chapa Blues / 2009)