Freitag, 27. August 2010

Simphiwe Dana - Kulture Noir

Nach dem wunderbaren Konzert in Heidelberg vom Mai dieses Jahres hatte zugegebenermaßen ein bisschen etwas anderes erwartet. Damals spielte sie mit kleiner Besetzung ein sehr jazzlastiges Set und ich habe erwartet, dass Kulture Noir in die selbe Richtung gehen würde. Dies ist zwar nicht der Fall, ist aber natürlich auch überhaupt nicht schlimm, zum "Album des Jahres" reicht es trotzdem. Oder gerade deshalb? Wie dem auch sei, Jazz spielt hier natürlich dennoch ein größere Rolle, aber auch Soul, Gospel, Funk und sogar Afrobeat sind die Bestandteile dieses ausgezeichneten Albums.

Handelte The One Love Movement On Bantu Biko Street von Südafrika und der immer noch nicht ganz verarbeiteten Zeit der Apartheid, so bezieht sich Kulture Noir auf den ganzen Kontinent. Das zeigt sich nicht nur in den Texten sondern auch in der Musik, die Musiker und Stile aus verschiedenen Regionen Afrikas integriert. Das Album selbst benötigt aber ein paar Durchgänge, bis sich seine ganze Klasse voll entfaltet. In den z.T. langen Stücken singt Dana ihre poetischen Text mit eindringlicher Stimme, die öfters im Kontrast zum Soul- und Gosplegesang ihres wunderbaren Chores steht. Schön zu Geltung kommt das im zweiteiligen Ndim Ighawe das mit einem Acapella Teil beginnt und in ein langes, jazzlastiges und mit feinen Gitarrenlicks durchsetztes Stück mündet. Konventionelle Songs findet man indes eher weniger und vielleicht noch am ehesten in Hayi Ihambo, das ein ganz kleines bisschen etwas vom 80er Jahre Minimalfunk hat, das aber natürlich dennoch südafrikanisch geerdet ist. Das gilt auch für Fela's Azania, nur dass es sich hier quasi um ein südafrikanisches Afrobeat Stück handelt und Simphiwe Danas Hommage an den von ihr verehrten Fela Kuti ist und das auch mit den Nigerianern Kunle Ayo (Gitarre) und Olufemi Ogunkonya (Tompete) eingespielt wurde. Es gibt aber auch sehr persönliche Lieder, die von Liebe und Schmerz handeln wie z.B. das epische und mit Cello und Violine verfeinerte Undishiyile, das übersetzt "He has left me" bedeutet. Genau so hatte sie es auch beim Livekonzert erklärt und es drängte sich einem sofort Frage auf, wer den so etwas tue. Wie schon auf dem Vorgänger singt Simphiwe Dana sämtliche Texte in ihrer Muttersprache Xhosa, was sicher einen zusätzlichen Reiz ausmacht, was aber letztendlich zählt ist das Gesamtpaket und es gibt nur wenige, die da im Moment heranreichen.

Simphiwe Dana ist mit Kulture Noir das beeindruckende Kunststück gelungen, das dritte Meisterwerk in Folge abzuliefern. In der Tat war schon das Debüt Zandisile so stark, dass eigentlich keine Luft mehr nach oben übrig blieb. Bleibt also nur, das hohe Niveau zu halten, was ihr jetzt zum zweiten mal gelungen ist. Album des Jahres? Mindestens!

(Skip Records / 2010)

African Spacecraft Special #2, Longtracks 2

Sendetermin: 26.08.2010

Playlist:

01 Salif Keïta - Soro (Afriki)
02 Tony Allen & Afrika 70 - No Acommodation For Lagos
03 Kasai Allstars - Mbua-A-Matumba
04 Simphiwe Dana - The One Love Movement, Parts I & II

Dienstag, 17. August 2010

The Sweet Talks - The Kusum Beat / Hedzoleh Soundz - Hedzoleh

Nachdem im letzten Jahr veröffentlichten Ghana Special folgte das britische Soundway Label in diesem Jahr nun mit der Veröffentlichung zweier Original Alben aus dem Ghana der 1970er Jahre.

In den 1970er Jahren zählten The Sweet Talks zu den beliebtesten Bands in Ghana, was sich vor allem auch darin zeigte, dass die Band in jenem Jahrzehnt zumindest in ihrer Heimat eine ganze Reihe von Hitalben veröffentlichte. Das Album The Kusum Beat war ihr zweites, stammt ursprünglich aus dem jahr 1974 und bestand aus einer Mischung aus traditionellen Rhythmen, Highlife, Funk und Afrobeat. Der Bandname The Sweet Talks bezieht sich auf den Nachtclub Talk Of The Town in der Hafenstadt Tema in der Nähe von Accra, in dem die Band damals regelmäßig auftrat. Aufgrund des Erfolges ihrer ersten 3 LPs begann die Band mit Tourneen und schaffte es dadurch bis nach Los Angeles, wo auch ihr erfolgreichstes Album Hollywood Highlife Party entstand.
Mit gerade mal 6 Tracks und 27 Minuten Spielzeit ist The Kusum Beat zwar etwas kurz geraten, das Album zeigt aber dennoch eindrucksvoll die Vielseitigkeit dieser 10-köpfigen Band, die ihren Sound aus treibenden Rhythmen, mächtigen Bläsern sowie E-Gitarren und Orgel zusammesetzte. Vor allem die Orgel ist es auch, die hier und das Akzente setzt, indem unwiderstehliche Melodien auf ihr gespielt werden, die entfernt durchaus auch an die Doors erinnern. Dies wird vor allem im abschließenden Kyekye Pe Aware deutlich, einem Afrobeat Stück, das sich auch vor einem Fela Kuti nicht verstecken muss.

Noch deutlich tiefer in tradionellen Rhythmen verwurzelt waren Hedzoleh Soundz, die 1973 ihr erstes und damals auch einziges Album Hedzoleh veröffentlichten. Die Band spielte eine eher ungewöhnliche Mischung aus tradionellen Rhythem der unterschiedlichem Regionen Ghanas und westlicher Rockmusik. Die Band spielte damals regelmäßig im beüchtigten Nachtclub Napoleon, wo sie Ende 1973 auf den südafrikanischen Trompeter Hugh Masekela trafen, der zu jener Zeit in Ghana lebte. Bekanntgemacht mit der Band wurde Masekela von keinem geringeren als Fela Kuti. Hugh Masekela wollte unbedingt ein Album mit der Band aufnehmen was schließlich zu dessen Klassiker Introducing Hedzoleh Soundz führte. Dafür wurden auch 4 Songs vom "Hedzoleh" Album verwendet wobei aber lediglich die Flöten durch Masekelas Trompete ersetzt wurden. Die Urfassung kommt dagegen ganz ohne Trompete aus, dafür spielen die bereits erwähnten Flöten eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Hinzu kommt der großartige, seelenvolle und zum Teil mehrstimmige Gesang der für Akzente sorgt und den melodieverliebten Stücken die entsprechende Atmosphäre verleiht. Stellvertretend sei hier das eindringliche Kaa Ye Oyai (Dont Be In A Hurry) genannt, das einem direkt unter die Haut geht.
Die Band Hedzoleh Soundz gibt es übrigens noch und ihrer Homepage kann man entnehmen, dass 2010 ein neues Album erscheinen soll. Die dort ebenfalls vorhandenen Soundsamples klingen aber leider nicht besonders vielversprechend.

(Soundway / 2010)

Montag, 9. August 2010

Kareyce Fotso - Kwegne

Wenn man Kareyce Fotso zum ersten mal singen hört, fällt es schwer zu glauben, dass das die Stimme der auf dem Cover abgebildeten jungen Frau sein soll. Hinzu kommt, dass das Album sehr sparsam arrangiert wurde und oft nur Gitarre und Gesang zu hören sind. Ein Werk voller Lebenserfahrung, die man einem noch jungen Menschen eigentlich gar nicht zutrauen möchte. Aber warum eigentlich nicht? Die Biographie verrät, dass sie in ihrer Heimat Kamerun zunächst Biochemie studierte, was sie heute jedoch als die schlimmste Zeit ihres Lebens bezeichnet. Im Grunde wollte sie immer Sängerin werden, was jedoch zunächst von ihrem Vater verhindert wurde, da er nicht wollte, dass seine Kinder wie er selbst Künstler werden. Einer ihrer Brüder konnte die Eltern schließlich davon überzeugen, sie ihren Traum als Sängerin verwirklichen zu lassen. So sang sie schon im Chor ihrer Landsmännin Sally Nyolo und landete schließlich in der Kabarett Szene der Hauptstadt Yaounde. 2009 gewann sie schließlich den 2. Platz beim "Jeux de la Francophonie" Wettbewerb in Beirut.

Von ihrer Kabarettzeit ist auf ihrem Album nicht viel übrig geblieben. So schimpft sie im Stück Pac-ler franþaise über eine Frau, die ihr den Mann ausspannen möchte mit den Worten "Wer glaubt sie denn zu sein? Sie spricht ja noch nicht einmal englisch.". Ansonsten sind die Themen der spartanisch eingespielten Lieder meist ernster Natur. So handelt das traurige Mayole von der sinnlosen Abholzung des Regenwaldes, vorgetragen mit klagender Stimme lediglich begleitet von ihrer Akustikgitarre. In Lomdieu wettert sie gegen die immer noch verbreitete Tradition der Zwangsehe und im Stück Kuichoueu träumt sie von einer friedlicheren Welt, ein Kindheitstraum. Was all diese Lieder auszeichnet, ist die rohe und bisweilen unbehauene Herangehensweise. Mit ihrer bisweilen rauen Stimme und ihrem ungewöhnlichen Gitarrenspiel driftet sie zu keiner Zeit in seichte Weltmusikgefilde ab sondern wirkt viel mehr wie eine Bluesmusikerin, die durch die Lande zieht, hier eben mit kamerunischem Flair. Und das Stück Goun, eine Ode an die Heimat, ist dann auch eine Art Blues, eben in ihrer ganz eigenen Art. Das Stück Sea Chant kommt dann ganz ohne Gitarre aus. Meeresrauschen, ein paar Percussion und der druckvolle Gesang Kareyce Fotsos sorgen hier für eine ganz eigene Atmosphäre.

Kwegne ist das internationale Debüt dieser wunderbaren Singer/Songwriterin (das Album Mulato ist nur in Kamerun erschienen) und sicher eine der Entdeckungen des Jahres. Ganz große Empfehlung!

(Contre Jour / 2010)

Mittwoch, 4. August 2010

African Spacecraft 6

Sendetermin: 03.08.2010

Playlist:

01 Samy Izy - Igny Ihany
02 Lokua Kanza - Dipano
03 Mastaki Bafa - Rafiki
04 Konono N°1 - Mama Na Bana
05 Hugh Masekela - Ghana
06 Sierra Leone's Refugee Allstars - Global Threat
07 Cheikh Lô - Kelle Magni
08 Orchestra Baobab - Dée Moo Wóor
09 Bako Dagnon - Badjigui
10 Ali Farka Toure - Erdi
11 Bonga - Ai-Ue Mama