Donnerstag, 13. Dezember 2007

Tony Allen - Afro Disco Beat

Tony Allens Bedeutung für Africa 70 kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Als Schlagzeuger und musikalischer Direktor prägte er den Sound dieser Band entscheidend mit und gilt zusammen mit Fela Kuti als Erfinder des Afrobeat. Kennengelernt haben sich Fela und Tony Allen bereits 1964, als sich Allen um die Stelle des Schlagzeugers in Felas damaliger Band bewarb. Fela war von Anfang an erstaunt über Allens Fähigkeiten gleichermaßen Jazz und Highlife spielen zu können und sagte einmal, dass es klinge als würden 4 Schlagzeuger gleichzeitig spielen. Dennoch hatte Allen innerhalb dieser Band und auch später bei Africa 70 keine Sonderstellung und enthielt die gleiche Entlohnung wie die anderen Mitglieder auch. Fela, als offizieller Leiter der Band und Betreiber des Shrine Clubs in Lagos in dem sie regelmäßig auftrat, kümmerte sich um die Einnahmen und zahlte den Mitgliedern der Band den Lohn. 1974 kam es schließlich zum Streik der Bandmitglieder, da sie auf diesem Weg eine höhere Entlohnung erreichen wollten. Auch Allen nahm an den Streiks teil worüber Fela einigermaßen entsetzt gewesen sein muss. Als Kompromiss bot Fela seinen Bandmitlgiedern schließlich an, selbst Alben aufzunehmen und sie dabei auch zu unterstützen, eine höhere Entlohnung lehnte er jedoch kategorisch ab. Und so kam es, dass Tony Allen anfang 1975 den Wunsch äußerte, ein Album aufzunehmen. Im selben Jahr erschien Jealousy, das erste Album, produziert von Fela, der selbst auch am Saxophon mitwirkte, jedoch nur auf dem Album und nicht bei Liveauftritten. Jealousy unterschied sich noch kaum von anderen Africa 70 Produktionen aus jener Zeit und bestand aus 2 langen Stücken. Das Titelstück beschreibt Neid und Eifersucht innerhalb der nigerianischen Gesellschaft und war durchaus auch an die Adresse Felas gerichtet, auch wenn Allen selbst das nie laut ausgesprochen hat. Den Gesang übernahm Allen übrigens nicht selbst, da er nach eigener Auskunft zu jener Zeit noch nicht in der Lage war, gleichzeitig Schlagzeug zu spielen und zu singen sondern überließ es Shina Abiodun, einem Percussionisten.
1976 war ein hektisches Jahr für Fela und Africa 70. Ein Jahr, in dem die Band insgesamt 8 Alben veröffentlichte, darunter das legendäre Zombie, mit ein Grund, warum 1977 die Militär Junta zum Angriff auf Kalakuta, Felas Staat im Staat, bließ, in dessen Verlauf das Anwesen niedergebrannt und Felas Mutter umgebracht wurde. Dennoch machten sich Fela und Allen an die Aufnahmen zu Progress, dessen zweiten Album. Allen beteiligte sich dieses mal an der Produktion und Fela steuerte erneut sein unvergleichliches Saxofonspiel bei. Den Gesang übernahm hier und auf den folgenden zwei Alben Candido Obajimi. Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich bei Progress tatsächlich um einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem Debüt. Wiederum bestand das Album aus nur zwei langen Stücken, von denen sich vor allem Afro Disco Beat deutlich vom üblichen Africa 70 Sound entfernte. Im Zentrum steht hier noch mehr als zuvor Allens Schlagzeugspiel, das zum einen für ungewöhnliche Rhythmen sorgt aber auch weit darüber hinausgeht. Für Allen selbst ist das Schlagzeug weit mehr als ein Rhythmusinstrument sondern auch ein Ersatz für den Gesang: let the drums do the talking.
Das dritte Album No accomodation for Lagos wurde 1978 in Lagos aufgenommen. 1978 war das Jahr, in dem sich Fela von der Militäreatacke aus dem Jahr zuvor wieder erholte und die musikalischen Differenzen zwischen ihm und seinem Schlagzeuger zunehmend größer wurden was schließlich zur Trennung führte. No accomodation for Lagos ist das bis dahin politischste Album und selbst Fela war überrascht über die deutlichen Worte des Titelstückes, in dem es um Bauprojekte geht, bei denen Bewohner von Slums vertrieben wurden. Jedoch wurden live immer nur die Instrumentalversionen der Songs gespielt, da sie quasi als Vorprogramm der eigentlichen Africa 70 Konzerte dienten. Das Stück befindet sich übrigens bis heute im Live Repertoire und dessen Thematik wurde im Lauf der Zeit auf andere afrikanische Metropolen ausgeweitet.
Das 4. Album No Discrimination war das erste Album nach der Trennung von Fela. Tony Allen formierte dazu seine eigene Band The Afro Messengers und war zum ersten mal in seinem Leben auch in Besitz eines eigenen Schlagzeugs. Überraschenderweise besteht das Album aus 4 Stücken, eine Tatsache, die Allen schon bei früheren Produktion gerne durchgesetzt hätte, was aber immer am Veto Felas scheiterte, für den ein Album aus nicht mehr als 2 Stücken bestehen durfte. Aber auch musikalisch entwickelte sich Allen weiter und setzte z.B. erstmals auch auf den Einsatz von Synthesizern.

Afro Disco Beat vereint nun die ersten 4 Alben Tony Allens und dokumentiert vorzüglich die Entwicklung eines Ausnahmeschlagzeugers, der gerne vergessen wird, wenn John Bonham mal wieder aus unerfindlichen Gründen irgendwelche Bestenlisten anführt. Als Ergänzung zu den Fela Alben ist diese Anthologie in jedem Fall unverzichtbar.

(VampiSoul / 2007)

Mittwoch, 7. November 2007

K'Naan - The Dusty Foot On The Road

Ich muss gestehen, dass ich mich bislang mit HipHop nur am Rande beschäftigt habe. Und so kenne ich auch das Debüt Album The Dusty Foot Philosopher dieses Rappers aus Somalia nicht. Der Titel dieses Albums spielt wohl auf die Tatsache an, dass er bis zu seiner Flucht mit 13 immer barfuß unterwegs war und erst in Nordamerika erstmals überhaupt Schuhe trug.
K'Naan Warsame, so sein vollständiger Name, wird 1978 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu geboren, also zu einer Zeit, in der schon heftige Unruhen das Land erschütterten. Im Alter von neun Jahren beginnt K'Naan zu rappen wie seine amerikanischen Vorbilder, deren Platten er von seinem Vater, der längst nach Amerika ausgewandert war, zugeschickt bekam. Er rappte auf Englisch obwohl er die Sprache nicht verstand und erst Jahre später herausfinden sollte, was die Verse tatsächlich bedeuteten. Ansonsten ist seine Kindheit von Gewalt geprägt, die im vom Bürgerkrieg zermürbten und nicht zur Ruhe kommenden Somalia zum Alltag gehört. Mit 8 betätigt er zum ersten mal eine Schusswaffe und mit 11 sprengt er mit einer gefundenen Granate versehentlich die halbe Schule in die Luft und ist immer wieder auf der Flucht vor Kämpfern, welche die Straßen Mogadischus unsicher machen. Dabei empfindet es es bis heute selbst als größte Gnade, dass er niemanden töten musste. 1991 gelingt seiner Familie quasi in letzter Sekunde die Flucht nach New York. Von dort aus ging es dann weiter nach Toronto, wo sich eine große somalische Auswanderergemeinde angesiedelt hatte. In der zehnten Klasse bricht K'Naan, dessen Name sowiel wie "Reisender" bedeutet, die Schule ab und begibt sich gemäß seines Namens auf eine zwei Jahre dauernden Reise, die ihn auch in die Schweiz führt, wo er hauptsächlich versuchte, mit seinen Kriegserlebnissen fertig zu werden. 1999 übt er bei einem Spokenword Auftritt vor dem UN-Flüchtlingskommissar heftige Kritik am Verhalten der UN in der Somalia Frage. Der ebenfalls anwesende Youssou N'Dour engagierte ihn darauf hin für das Album Building Bridges, mit dem der UNHCR sein 50-jähriges Bestehen feierte. Beim Jazzfestival in Montreal im Jahr 2002 trifft er dann auf Jervis Church, der 3 Jahre später sein Debütalbum produzieren soll. Um dieses Album zu bewerben, begibt er sich 2005 mit Mos Def und Talib Kweli auf "BreedLove Odyssey"-Tour und erhält 2006 schließlich den Juno Award für das Rap Album des Jahres. K'Naan selbst bezeichnet seine Musik als "urgent music with a message", deren hauptsächliches Thema seine Erlebnisse und Erfahrungen in Somalia sind, wenngleich er sich nicht als politisch bezeichnet sondern seine Musik vielmehr als Ventil zu Verarbeitung seiner Vergangenheit ansieht.
Bei ausgedehnten Touren entsteht schließlich das Live Album The Dusty Foot On The Road. Meist nur von Gitarre und Percussion begleitet schafft K'Naan hier bisweilen eine beklemmende Atmosphäre und zeigt aber auch deutlich, dass es dafür gar nicht mehr bedarf. It's the African Way, ein Songtitel, der stellvertretend für das gesamte Album steht. What's Hardcore?, fragt K'Naan im gleichnamigen Stück. Eine Frage, die er selbst wohl am Besten beantworten kann, und nicht etwa all jene Rapper, für die Begriffe wie Hardcore nur Mittel zum Zweck sind. "I'ma spit these verses because I feel annoyed And I'm not going to quit until I fill the void If I rhymed about home and got descriptive I'd make 50 Cent look like Limp Bizkit." rappt er deshalb folgerichtig. Denn Hardcore, das ist der Alltag und die Brutalität in Mogadischu, die Gefahr, die an jeder Straßenecke lauert, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Etwas, das man sich vermutlich noch nicht einmal annähernd vorstellen kann, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Und so sind viele dieser Songs kleine Schläge in die Magengrube, die einem bewusst machen, wie gut man es bislang doch selbst hatte. Und dabei wagt K'Naan auch den Blick über den eigenen Tellerrand des HipHop hinaus, wie z.B. im druckvoll nach vorne preschenden In the beginning, das beinahe schon Singer/Songwrite Qualitäten hat, was auch gar nicht weiter verwundert wenn man bedenkt, dass neben Bob Marley und Fela Kuti auch Bob Dylan zu den musikalischen Einflüssen zählt. Is it a myth? kommt gänzlich ohne Instrumente aus und zeigt, dass seine Stimme sich auch als Gesangsstimme bestens eignet. Bei My God, bei dem er von Mos Def, der die zweite Strophe rappt, unterstütz wird, beschränkt sich die musikalische Begleitung auf einen herzschlagartigen Trommelrhythmus, über den K'Naan einmal mehr eindringlich den grausamen Bürgerkriegsalltag beschreibt. Doch trotz der düsteren Atmosphäre, die das Album umgibt, ist von Resignation keine Spur, auch wenn es momentan der pure Wahnsinn wäre, in die Heimat zu reisen, wie K'Naan vor kurzem in einem Interview sagte. It's the African Way...

(Wrasse Records / 2007)

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Toumani Diabate - Kaira

Toumani Diabate hat hierzulande vor allem durch sein zusammen mit Ali Farka Toure eingespieltes und mit dem Grammy ausgezeichnetes Album In the Heart of the Moon für Aufsehen gesorgt. Neben seiner Arbeit mit seinem Symmetric Orchestra, die letztes Jahr durch die Veröffentlichung des ausgezeichneten Albums Boulevard de l'Independence gekrönt wurde, arbeitete Diabate in der Vergangenheit aber auch mit so unterschiedlichen Kollegen wie Taj Mahal, Roswell Rudd oder seinem Landsmann Bassekou Kouyate zusammen. Sein Debütalbum Kaira, übrigens das erste Kora-Soloalbum der Geschichte, nahm er jedoch 1987 ganz allein an einem einzigen Nachmittag in London auf. Die 5 Stücke sind allesamt live eingespielt und wurden nicht nachträglich mit Overdubs versehen. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, da man zeitweise den Eindruck hat, 2 oder gar 3 Musiker an ihren Koras zu hören. Für einen Virtuosen wie Diabate ist es jedoch kein Problem, gleichzeitig die Bassbegleitung, die Melodie und eine Variation zu spielen. Bereits mit 5 Jahren beginnt Toumani Diabte Kora zu spielen, und da seine Eltern keine Zeit haben, ihm Musikunterricht zu geben, bringt er sich das Spiel vor allem selbst bei und schaut sich aber auch vieles bei seinem Vater Sidiki Diabate ab, der selbst ein weit über die Grenzen Malis hinaus bekannter Koraspieler und Griot war. Im Alter von 13 Jahren schließt er sich einem lokalen und staatlich geförderten Ensemble an und mit 19 tourt er mit der in Mali bekannten Sängerin Kandia Kouyate durch Afrika.
Kaira ist zwar ein Instrumentralalbum, das mit nur einem Instrumnet eingespielt wurde, dennoch kommt zu keiner Zeit Langeweile auf. Und wer bei Kora eher an New Age oder Esotherik denkt, liegt völlig falsch. Die Kora ist zwar eine Stegharfe und klingt der uns bekannten Harfe sicher nicht ganz unähnlich, dennoch ist ihr Klang rauer und weit weniger sanft und Toumani Diabate zeigt durch seine Spielweise auf eindrucksvolle Art, dass sie sich auch als Soloinstrument eignet. Das Titelstück, übrigens eine Komposition seines Vaters, wurde später auf In the Heart of the Moon neu eingespielt. Auch die restlichen Stücke sind keine Eigenkompositionen sondern traditionelle und klassische Korastücke, wie z.B. Tubaka, ein wunderschönes altes Liebeslied.
Ende der 80er Jahre war vor allem Paris die Hochburg des Afropop und der ein oder andere erinnert sich sicher noch an Mory Kantes Yéké Yéké. Im Vergleich dazu fällt Kaira völlig aus dem Rahmen und dürfte somit ein zeitloses Dokument westafrikanischer Musikkultur sein. Zumindest aber ist es ein großartiges und wunderbares Album.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Simphiwe Dana - The One Love Movement on Bantu Biko Street

Mit einem Jahr Verspätung wurde hierzulande nun auch Simphiwe Danas zweites Album veröffentlicht, das in ihrer Heimat Südafrika längst Platinstatus erreicht hat. Das wird dem Album hier zwar aller Wahrscheinlichkeit nach nicht passieren, aber zumindest was dessen Klasse angeht, kann man hier nur von einem Platinalbum reden. In der Tat gelingt es der Künstlerin dem schon phantastischen Debüt noch eins draufzusetzen, was gar nicht so einfach gewesen sein dürfte obwohl man es dem Album nicht anhört. Simphiwe Dana erweist sich hier nämlich nicht nur als großartige Sängerin, die dieses mal ihre Lieder ausschließlich in ihrer Muttersprache Xhosa singt, sondern einmal mehr auch als außergewöhnliche Autorin. Der Inhalt der Songs, die dieses mal allesamt in englischer Übersetzung vorliegen, ist größenteils politischer Natur, aber hier und da finden sich auch wunderbare Liebeslieder.
Das politische Element dieses Albums wird schon im Titel deutlich, beinhaltet er doch den Namen jenes Bürgerrechtlers, der 1977 während seiner Haft zu Tode gefoltert wurde. Auf dem Cover sieht man einen hell erleuchteten Weg, der durch das Dunkel führt. Bantu Biko Street dienst als Symbol für den Weg nach vorne oder wie es die Künstlerin selbst sagt: "Bantu Biko Street is the only street paved with our hopes and dreams, our golden highway that must first exist in our minds". Schon im ersten Stück Sizophum' Elokishini, das darüber klagt, dass die Apartheid noch nicht überwunden ist, wird dies deutlich. Doch sind Simphiwe Danas Lieder immer auch von Hoffnung und dem Glauben an Besserung geprägt, auch wenn es ein langer Weg dahin ist. Doch auch musikalisch wird im ersten Stück klar, wo es langgeht. Deutlich mehr jazzorientiert geht es dieses mal zu Werk wozu auch das Orchester seinen Beitrag leistet, indem es zwar meist zurückhaltend agiert aber eben doch wichtige Akzente setzt. Geblieben sind die einzigartigen und ausnahmslos grandiosen Chorgesänge. Bantu Biko Street, eines der beiden Titelstücke, liegt gleich in 2 Versionen vor, einmal mit Band und einmal mit Orchester und Chor und beschwört einmal mehr die Einigkeit Afrikas während das jazzige Zundiqondisise von der Eigenständigkeit der Frau handelt und mit wunderbaren Piano- und Chorpassagen aufwartet. An zentraler Stelle findet sich die wunderschöne und intensive Liebeballade Iliwa Lam bei dem einmal mehr auch das Orchester mit dem Chor für magische Momente sorgt. Im Gegensatz dazu stehen zum einen das perkussive Sebenzile, dessen Rhythmen wahre Afrobeatgefühle aufkommen lassen und zum anderen Uzobuya Nini?, das auf einem monotonen Dancefloorbeat basiert. Am Ende steht dann das zweite Titelstück, dargebracht als zweiteilige Suite, und verdeutlicht noch einmal obiges Zitat und setzt diesem knapp 80 Minuten langen aber niemals langweiligen Album einen würdigen Schlusspunkt.
Bei den African Music Awars im Frühjahr 2007 wurde Simphiwe Dana gleich mit 4 Preisen gewürdigt u.a. in den Kategorien "Album of the Year" und "Artist of the Year". Das ist freilich kein Merkmal für Qualität, in diesem Falle trifft es aber ausnahmsweise absolut zu.

(Skip Records / 2007)

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Manou Gallo - s/t

Die Wahlbelgierin und gebürtige Ivorin, die sich selbst als Afropäerin bezeichnet, begann ihre musikalische "Karriere" bereits im Alter von 8 Jahren, als sie bei einer Beerdigung die heilige Trommel Atombra spielte, was beim Volk der Djiboi bis dato nur den Männern erlaubt war und einem Tabubruch gleichkam. Nur 4 Jahre später schloss sie sich der in Westafrika bekannten Band Woya an und erlernte das für sie typische Bassspiel, was sich später zu einem ihrer Markenzeichen entwickelte. Mitte der 90er stieß sie auf den damaligen Zap Mama Manager Michel DeBock, der ihr ein Casting für die Gruppe vermittelte, die zu jener Zeit auf der Suche nach einer neuen Bassistin war. Anschließend schloss sie sich den Tambours De Brazza an, wo sie als einzige Frau unter 16 Musikern die Rhythmus-Sektion komplettierte. Im Jahr 2003 veröffentlichte sie dann ihr Solodebüt Dida, das schon alle Zutaten enthielt, die ihre Musik so einzigartig machen.
2007 veröffentlichte sie nun ihr zweites, selbstbetiteltes Album, auf dem sie, wie schon auf dem Debüt, neben Gesang und Bass auch Gitarre und Percussion spielt. Das Fundament ihrer Musik bilden bisweilen komplexe Rhythmen kombiniert mit einem extrem funkigen und hochenergetischen Bass. Afrobeat trifft auf Funk und Soul und wird hier und da mit einem Schuss HipHop veredelt. Auf diesem Fundament also baut die Gallo ihre Songs und erweist sich hier auch als hervorragende Autorin, der es gelingt, die verschiedensten Stimmungen einzufangen. Schon das erste Stück ABJ-BXL (Abidjan-Bruxelles), ein Uptempo Funk, schlägt die Brücke zwischen Europa und Afrika. Chanter L'Amour dagegen ist eine Ballade, die von einer gescheiterten Liebe handelt und über eine verführerische Basslinie verfügt. Und spätestens hier wird deutlich, dass der Bass das führende Instrument ist im musikalischen Kosmos der Gallo. Was sie aus den 4 Saiten herausholt ist absolut einzigartig und schlicht und einfach phänomenal. Dabei beschränkt sie sich nicht auf die Rhythmen der Djiboi, sondern platziert hier und da Drum'n'Bass-Einschübe oder lässt im Stück Woyaklolo, das auf einem Song ihrer früheren Band Woya basiert, den Rapper Balo zu Wort kommen. Ein Stück, das urspünglich noch die Geschichtenerzähler des Afro-Dorfes, die sogenannten Griots, pries und in dieser neuen Version noch einen Schritt weitergeht: jeder Musiker sollte zum Lautsprecher seiner Leute werden. Terre dagegen zeigt einmal mehr, mit welcher Leichtigkeit hier komplexe Rhythmen mit weichem Chrogesang kombiniert werden. Ein Stück, das zum einen auf den Bürgerkrieg und die nachbarschaftliche Hilfe zwischen Liberia und de Elfenbeinküste anspielt, das aber auch von einer Welt ohne Grenzen träumt und die afropäische Verschmelzung voranbringen soll. Verdeutlicht wir dies durch aprupte Tempiwechsel sowie kantigen Gitarren- und Bassriffs. Das melancholische Hommage schließlich beginnt beinahe wie ein Chanson, der in der Mitte plötzlich von einem Zwischenspiel bestehend aus einem knarzigem Bass und schrägen Rhythmen unterbrochen wird.
In einem Interview sagte sie unlängst: "Ich bin Afropäerin, habe einen E-Bass und bin funky. Es gibt keine Grenzen: Ich bin ein Vogel, der frei herumfliegen kann. Die Zeit, in der man Afrika mit dem Image des Bananenröckchens verbunden hat, ist definitiv vorbei." Besser kann man ihr Album eigentlich gar nicht zusammenfassen.

(Zig Zag World / 2007)

Donnerstag, 27. September 2007

Vieux Farka Toure - s/t

Wie der Vater so der Sohn. Nicht einmal ein Jahr nach dem Tod des großen Ali Farka Toure veröffentlichte dessen Sohn Vieux sein Debütalbum und es liegt durchaus der Verdacht nahe, dass hier schnelles Geld verdient werden wollte. Wenn man sich dieses Album dann aber anhört, wird man sehr schnell feststellen, dass dieser Verdacht nicht nur unbegründet sondern auch albern ist. Ali Farka Toure selbst wollte übrigens gar nicht, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt, damit er nicht die gleichen schlechten Erfahrungen mit dem Musikbusiness macht. Glücklicherweise hat sich Vieux sein Vorhaben nicht verbieten lassen und zunächst begonnen, Percussion zu spielen. Später hat er sich dann aber dazu entschlossen, es seinem Vater gleichzutun und Gitarre zu erlernen zu singen und Songs zu schreiben. Unterstützt wird er dabei nicht nur von seinem Vater auf dessen möglicherweise letzten Aufnahmen, sondern auch von solch Größen wie Toumani Diabate oder Bassekou Kouyate. Die musikalische Herkunft lässt sich freilich nicht verleugnen, was besonders gut im Stück Diallo zu hören ist, ein Wüstenblues, bei dem Ali Farka Toure die E-Gitarre übernimmt und der mit dem typischen Kalabasse-Rhythmus daherkommt. Genau wie sein Vater singt auch Vieux seine Lieder in verschiedenen Sprachen wie z.B. Sonrai, Bambara oder Fulani, alles Sprachen, die in Mali gesprochen werden. Hier und da beschreitet Vieux auch gänzlich neue Wege wie z.B. im Stück Ana, das den typischen Mali-Blues mit einem Reggae-Rhythmus kreuzt, inklusive Gebläse und Orgel. Die beiden Stücke mit Toumani Diabate dagegen sind auf Akustikgitarre und Kora reduzierte Instrumentals, die dem Album eine weitere Klangfarbe geben, vor allem das finale Diabaté, eine Hommage an den großen Koraspieler, der für Vieux wie ein Vater ist. Courage dagegen ist eine besondere Hommage an den Vater, dem übrigens auch das Album gewidmet ist, ein neu arrangiertes Stück von Issa Sory Bamba, der hier auch den Gesang übernimmt.
Vieux Farka Toures Debüt ist ein sehr vielschichtiges Werk geworden, das sich vor dem schweren Erbe seines Vaters sicher nicht verstecken muss und lässt zusammen mit Bassekou Kouyates Album Tinariwens Aman Iman 2007 doch um einiges hinter sich. Hoffen wir, dass er noch einige Alben von diesem Kaliber folgen lässt.

(World Village / 2007)

Montag, 3. September 2007

Simphiwe Dana - Zandisile

Ich habe eine neue Lieblingssängerin: Simphiwe Dana aus Südafrika. Dort bereits ein preigekrönter Star veröffentlichte sie 2004 ihr Debüt Zandisile, ein Album, das traditionelle Klänge mit Gospel, Soul und Chorgesängen kombiniert. Aufgewachsen in der Transkei im Osten des Landes, sang sie bereits in ihrer Kindheit beim Wasserholen Kirchen- und Hochzeitslieder. Schon in diesen jungen Jahren entschloss sie sich Sängerin zu werden. Doch zunächst studierte sie Informationstechnik und Grafikdesign, ehe sie 2002 in Johannesburg von Musikpromotern bei kleinen Clubauftritten entdeckt wurde. Nur zwei Jahre später kam dann der Durchbruch mit ihrem Debütalbum und einem Auftritt in der Johannesburg Music Hall zusammen mit Angelique Kidjo, was in der Folge auch dazu führte, dass sie, wie viele andere junge andere Künstlerinnen des öfteren mit der jungen Miriam Makeba verglichen wurde. Ein Vergleich, den sie selbst zwar einerseit etwas unfair findet, dessen Bedeutung aber durchaus zu schätzen weiß. An anderer Stelle wird sie auch schon mal gerne mit Erykah Badu verglichen, mit der sie zumindest die Vorliebe für ausgefallene Kopfbedeckungen teilt.
Zandisile bedeutet "Die, die sich ihren Traum erfüllt", und einen Traum hat sich Simphiwe Dana mit diesem Album wahrlich erfüllt. Bis auf zwei Ausnahmen singt sie ihre Songs, die sie auch selbst schreibt, in ihrer Muttersprache Xhosa, da sie nur in ihrer Muttersprache aussagen kann, was sie wirklich meint, wie sie in einem Interview erzählte. So ist ihr Kompositionsstil in seinen Harmonien und seiner Tonalität stark vom Xhosa Volk beinflusst aber auch von den kirchlichen Gesängen ihrer Mutter. Das Album beginnt mit Vukani, einem Stück, das Disco- und Jazzrhythmen miteinander kombiniert. Der Titelsong ist dagegen ein magisches Stück Soul mit südafrikanischen Chören und Simphiwes traumhafter Stimme, die einen direkt ins Herz trifft. Überhaupt ist es die Gesangsarbeit, die dieses Album zu etwas Besonderem macht, unaufdringlich und doch unverzichtbar wie im Stück Ndiredi, bei dem die großartigen Wechsel zwischen Solostimme und Chor begeistern. Hier und da wird aber auch ein Blick über den eigenen musikalischen Tellerrand gewagt. So erklingen in Make a tribe, einem von zwei auf Englisch gesungenen Stücke, die Laute Oud sowie Tabla und andere Percussioninstrumente und sorgen somit für ein leicht arabisches Flair. Troubled soldier dagegen setzt auf den dezenten Einsatz von Elektronik und einen hypnotischen Beat, dem man sich kaum entziehen kann. Dazwischen gibt es immer wieder phantastische Midtemposoulstücke wie z.B. Ingoma und Induku basiert gar auf einer Art Reggae Rhythmus. Die letzten beiden Stücke kommen jedoch ganz ohne Instrumente aus und zeigen noch einmal die ganze Klasse von Simphiwe und ihrem Chor und sorgen selbst bei jemanden wie mir, der ansonsten mit A-Capella nicht so viel anfangen kann, für Gänsehaut. Aber die Stimmen sind einfach viel zu großartig, als dass man sich ihnen einfach so entziehen könnte.
Mit zwei Jahren Verspätung erschien das Album im Sommer 2006 auch in Europa. Im selben Jahr veröffentlichte Simphiwe Dana in Südafrika bereits ihr zweites Album, welches im Herbst dieses Jahres auch hierzulande auf den Markt kommen soll. Dort soll neben einem Streichorchester auch ein 50-köpfiger Chor zu hören sein. Man darf also gespannt sein.

(Skip Records / 2006)

Montag, 27. August 2007

Khalifa Ould Eide & Dimi Mint Abba - Moorish music from Mauritania

Dank international bekannter Größen wie Ali Farka Toure oder Salif Keita ist die Musik Malis auch in unseren Breiten durchaus ein Begriff. Völlig anders verhält sich das mit dem Nachbarland Mauretanien, dessen Musik außerhalb Afrikas weitgehend unbekannt ist. Bislang habe ich nur ein einziges Album mit maurischer Musik gefunden, eben jenes von Khalifa Ould Eide & Dimi Mint Abba aus dem Jahr 1990. Und tatsächlich handelt es sich bei diesem Album um die erste und bislang möglicherweise auch einzige professionelle Aufnahme maurischer Musik der islamischen Republik Mauretanien. Dabei ist Dimi Mint Abba als Sängerin nicht nur in den Sahara Staaten sondern auch auf der arabischen Halbinsel bekannt und zählte zu jener Zeit zu den bekanntesten Sängerinnen in der muslimischen Welt überhaupt.
Als Nachfolger der Hassan Berber sind die Mauren die größte Bevölkerungsgruppe Mauretaniens deren musikalische Kultur sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat und sowohl arabische als auch afrikanische Elemente vereint. Hauptmerkmale sind dabei sowohl leidenschaftlicher und ausdruckstarker Gesang als auch komplexe Rhythmen. Umgekehrt hat die maurische Musik auch die Musik anderer Kulturen beeinflusst wie z.B. den Gesang und das Händeklatschen des Flamenco und selbst der malische Gitarrist und Sänger Ali Farka Toure nannte maurische Musik im Allgemeinen und Dimi Mint Abba im Besonderen als einen seiner Einflüsse.
Maurische Musiker werden Iggawin genannt und ihr Wissen wird von Generation zu Generation weitergegeben. Iggawin Familien handeln also quasi als musikalische Konservatorien. Sowohl Dimi als auch Khalifa entstammen Familien mit einer Jahrhunderte alten musikalischen Tradition und begannen mit der Musik bereits im Alter von 8 oder 9 Jahren. Die Ausbildung der Mädchen beginnt dabei mit Tanz und dem Spiel von Percussion Instrumenten wie der Tbal oder dem Tambourin. Später erlernen sie das Spiel der Ardin, einer 14-saitigen Harfe, die mit der Kora verwandt ist. Die Jungen erlernen musikalische Theorie sowie das Spiel der Tidinit, einer Laute vergleichbar mit der malischen Ngoni. Die Tidinit steht an der Spitze in der Hierarchie maurischer Instrumente und Khalifas Vater war einer der bekanntesten Tidinit Spieler im Land. Er selbst beschloss im Alter von 12, die Schule zu verlassen und die Lieder seines Vaters zu singen.
Bei den Iggawin singen sowohl Männer als auch Frauen, wobei Gesang nicht Teil der musikalischen Ausbildung ist sondern autodidaktisch erlernt wird, also durch Zuhören anderer. Improvisation hat dadurch besonders im Gesang eine große Bedeutung so dass die maurische Sangeskunst ein hohes Maß an Können und Virtuosität erreicht hat.
Durch die Entwicklung eines städtischen Lebens, vornehmlich in der Hauptstadt Nouakchott seit etwa 1940, hat sich auch die Bedeutung der Musik in der Gesellschaft geändert. So werden Iggawins mittlerweile mehr als Künstler und weniger als Lobessänger angesehen. Dimi und Khalifa sind auch Teil einer Gruppe von Musiker in Nouakchott, die für ihre Musik nicht nur traditionelle Instrumente verwendet. Auf der vorliegenden Aufnahme wird z.B. die Tidinit auf einigen Stücken durch eine E-Gitarre ersetzt.
Wir in anderen muslimischen Gesellschaften spielt auch in der maurischen Kultur die Poesie eine wichtige Rolle und nicht wenige Mauren könne ihre Lieblingsstücke auswendig vortragen. Poesie wird als so wichtig wie die Musik selbst angesehen und ist somit unzertrennlich mit ihr verbunden. Auf dem Album findet sich neben klassischer arabische Poesie, die den Propheten preist, auch arabische Liebespoesie oder hassanische Poesie genauso wie zeitgenössische Dichtungen wie z.B. Texte über die maurische Unabhängigkeit oder Nelson Mandela.
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass dieses Album einen hochinteressanten Einblick in die maurische Musikkultur gibt. Wer also mit der Musik des Nachbarn Mali etwas anfangen kann, sollte hier durchaus mal reinhören.

(World Circuit / 1990)

Montag, 20. August 2007

Afel Bocoum - Alkibar / Niger

Afel Bocoum, malischer Sänger, Gitarrist und Songschreiber folgte Ali Farka Toures Spuren bereits zu dessen Lebzeiten. Schon im Alter von 13 Jahre spielte der 1955 geborene Musiker in der Band seines Onkels, einer Gruppe von Musikern seines Heimatdorfes Niafunké und durfte dort als Solist auch in diesem jungen Alter schon eigene Songs vortragen. Ebenfalls großen Einfluss auf seine musiklaische Karriere hatte seine Vater Kodda Bocoum, ein in Mali weitbekannter Njarka- und Njurklespieler. Den Durchbruch schaffte Bocoum 1972 bei der zweiten malischen Bienale, bei der er als Solosänger den zweiten Platz belegte. Dies ist dahingehend erstaunlich, als dass Bocoum der einzige männliche Solosänger bei diesem Festival war, bei dem sonst nur Frauen als Solisten auftraten. Zusammen mit Ali Farka Toure sang er auf Songhai, seiner Muttersprache, den Song Sukabe Mali (Children of Mali) der bis heute immer wieder mal auf Radio Mali gespielt wird. Den Erfolg verdankte er hauptsächlich seiner damals relativ hohe Stimme, weshalb im damaligen Mali hauptsächlich weibliche Sänger bevorzugt wurden. Der erste Platz wurde im übrigens nur deshalb verweigert, weil der der Volksgruppe der Songhai angehört und nicht der bevölkerungsreichsten der Bambara. Bocoum spielte noch bis 1975 in der Niafunké Gruppe. Danach studierte er dank eines Stipendiums Landwirtschaft im Südosten Malis und kehrte Jahre späte nach Niafunké zurück, wo er bis heute als Bauer und Musiker tätig ist.


Erst 1999 erschien sein internationales Debütalbum Alkibar, benannt nach seiner Band, was soviel bedeutet wie "Bote des großen Flusses". Die Gruppe, in der Bocoum neben dem Gesang auch Gitarre spielt, besteht zudem aus einem Njarka und eine Njrukle Spieler sowie zwei Percussionisten und Hintergrundsängern. Den markanten Klang verdankt die Musik aber hauptsächlich der Njarka, einer einaitigen Violine und der Njurkle, einer einsaitgen Gitarre. In seinen Liedern, bei denen man vor dem geistigen Auge den Niger vorbeifließen sieht, geht es um Themen wie Respekt gegenüber älteren Mitmenschen oder Umweltverschmutzung oder aber auch Zwangheiraten, gegen die er sich einsetzt. Auch Ali Farka Toure unterstützt ih auf diesem Album bei zwei Songs und somit ist Alkibar das erste Album, das jemals in Niafunké aufgenommen wurde. Zur gleichen Zeit entstand auch Toures Album Niafunké. Für die Produktion dieser beiden Alben ließ er extra ein mobiles Studio nach Niafunké bringen.


Schon zu Lebzeiten erklärte Ali Farka Toure Afel Bocoum zu einem musikalischen Erbe, seinem Nachfolger. Keine einfachen Aufgabe, wenn man um die Popularität Toures in Mali weiß. Bocoum meistert diese Aufgabe jedoch mit großer Bravour ohne eine bloße Kopie seines Onkels zu sein. Seine musikalische Herkunft lässt sich zwar nicht verleugnen, aber es gelingt ihm dennoch, seiner Musik eine ganz eigene Note zu verleihen. So erweiterte er seine Band auf dem zweiten Album Niger, das 2006 erschien, um einen Bassisten, der der Musik mit seinem E-Bass einen ganz besonderen Groove verleiht. Niger ist die konsequente Weiterführung von Alkibar und beginnt mit dem Stück Ali Farka, einer Ode an den verstorbenen Onkel und Mentor. Ansonsten setzt er sich auf diesem Album für die Gleichberechtigung der Frau oder auch gegen Analphabetismus ein. im Stück Mali Chinda preist der die Gastfreundlichkeit der Bewohner von Niafunké und Manni ist ein Dankeslied an den Organisator des Wüstenfestivals bei Essakane. Im Titelstück dagegen sorgt er sich um die Lebensader des Landes, die unter Umweltverschmutzung leidet und auch vom Austrocknen bedroht ist, wenn sich in Zukunft nichts ändern wird.
Die Umsetzung der Musik ist bei Bocoum weniger kantig als dass dies bei Toure der Fall ist aber nicht minder intensiv und somit ist er ein würdiger Nachfolger des vielleicht größten Musikers, den Mali je hervorgebracht hat.

(Alikibar: World Circuit / 1998)
(Niger: Contre Jour / 2005)

Dienstag, 20. Februar 2007

Mayra Andrade - Navega

Bislang war dieses Album nur als teurer Import erhältlich, umso schöner, dass dieses Album ein halbes Jahr später nun doch noch in Deutschland veröffentlicht wurde. Kennengelernt habe ich diese faszinierende Sängerin von den Kapverden letztes Jahr auf dem Afrika Festival in Würzburg, wo sie als Co-Headlinerin vor Salif Keita auftrat. Navega ist das Debüt dieser gerade mal 21 Jahre alten Sängerin, die vorher schon zusammen mit Joe Zawinul aufgetreten ist und mit Charles Aznavur duettierte. Geboren auf Kuba, aufgewachsen in Angola, Senegal, Deutschland und natürlich auf Kapverde selbst hat es sie irgendwann nach Paris verschlagen.
Die Musik der Kapverden ist indes auch hierzulande nicht ganz unbekannt, denn dank einer Cesaria Evora, die für ihr Album Voz D'Amor immerhin einen Grammy bekommen hat, ist manch einem diese ca. 600 km vor dem Senegal liegende Inselgruppe durchaus ein Begriff.
Mayra Andrades Debütalbum Navega ist ein kleines musikalisches Wunderwerk, eingespielt mit einer Reihe bemerkenswerter Musiker, deren musikalische Wurzeln aus Kamerun, Brasilien, Madagaskar oder Frankreich kongenial zusammengeführt werden. Navega bedeutet so viel wie "auf den Wellen" und auf den Wellen des Atlantiks ist Mayra Andrade unterwegs zwischen kapverdischer Melancholie, westafrikanischen Rhythmen, brasilianischer Leichtigkeit, karibischer Gelassenheit und auch ein wenig französischem Flair. Die eigentliche Heimat Kap Verde verliert sie dabei nie aus den Augen und so singt sie bis auf eine Ausnahme ihre Lieder in ihrer Muttersprache Kreolisch (englische und französische Übersetzungen sind beigelegt). Die Kapverden bieten eine erstaunliche Vielfalt musikalischer Traditionen und so greift Mayra auf ihrem Album auch weniger bekannte, traditionelle Liedformen, Rhythmen und Tänze wie Coladeira, Funana und Batuque auf. Und dass sich ihre wunderbare, niemals aufdringlich wirkende Stimme bei einer typisch sehnsuchtsvollen Morna, einem traditionellen Klagelied, geradezu verzehrt, ist quasi das Tüpfelchen auf dem i dieses durchweg hervorragenden Debüts.