Montag, 28. Juli 2008

Sir Victor Uwaifo - Guitar-Boy Superstar 1970-76

Phänomenal! Sensationell! Inkommensurabel! Im Hause Soundway hat man wieder einmal seine Hausaufgaben gemacht, die Superlative gehen so langsam aus. Man kann Miles Cleret für seine Arbeit gar nicht oft genug loben. Auch dieser Sampler, der sich mit dem Werk der Jahre 1970-1976 des bei uns kaum bekannten nigerianischen Superstars Sir Victor Uwaifo beschäftigt, ist wieder eine höchst feine Angelegenheit geworden und der einzige Kritikpunkt ist die Tatsache, dass von den ca. 50 Stücken, die in diesem Zeitraum aufgenommen wurden, sich hier "nur" 19 wiederfinden. Ansonsten beinhaltet dieses Album alles, was man von einer guten Kompilation erwarten kann: eine ausgezeichnete klangliche Aufbereitung, informative Linernotes von Miles Cleret sowie "Song für Song" Erläuterungen von Uwaifo selbst. Den hat Cleret eigens für die Zusammenstellung dieses Samplers in Benin City im Bundesstaat Edo besucht. Benin City hat übrigens nichts mit dem heutigen Staat Benin zu tun, sondern bezieht sich auf das ursprüngliche Königreich Benin, dessen Sitz die Stadt war.

Der 1941 in Benin City geborene Victor Uwaifo wurde von seinem Vater schon früh dazu ermutigt, Musik zu machen. Bei Auftritten in Palmweinbars entschied er sich für die Gitarre, was zu jener Zeit aber nicht ganz unproblematisch war, da die Gitarre in der Gesellschaft keinen guten Ruf hatte. Bis sich Uwaifo eine eigene Gitarre leisten konnte, baute er sich seine Instrumente selbst. Als er mit 16 Jahren auf eine Schule in Lagos wechselte, traf er auf Victor Olaiya, dem "Evil Genius of Highlife" und wurde Mitglied in dessen Allstars Band. Seine erste eigene Band The Pickups gründete er 1963. Im selben Jahr begann er mit Aufnahmen für die Jofabros Recording Company. Nur zwei Jahre später gründete er die Melody Maestros, welche auch die erste Phase seiner musikalischen Karriere prägen sollte. Mit dieser Band spielte er seine ganz eigene Form des Highlife, welche er Akwete nannte. Der größte Hit in dieser Phase war das Stück Joromi, vermutlich bis heute die erfolgreichste Single aller Zeiten in Nigeria und die erste in Afrika mit Gold ausgezeichnete Platte für das Philips Label. Nach Tourneen durch die USA, Europa und Japan kehrte Uwaifo Anfang der 70er Jahre nach Benin City zurück. Seine Melody Maestros hatten sich zu einer eingespielten 12-köpfigen Band entwickelt und Victor wollte eine neue musikalische Richtung einschlagen. Er experimentierte mit den Rhythmen der Krönungstänze für die Benin Obas (Könige), die Ekassa genannt wurden. Gleich die ersten Single dieser "neuen" Musikrichtung, Dododo, war ein derartiger Hit, das rasch das Album Ekassa nachgeschoben wurde. Laut Uwaifo haben die Ekassa Rhythmen ihren Ursprung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und die dazugehörigen Tänze wurden nur zur Krönung von Königen aufgeführt. Uwaifo war der erste, der Ekassa aus seinem starren Korsett herauslöste, mit Highlife kombinierte und dadurch eine völlig neue Musikrichtung schuf. Mit dem (Gitarren-) Highlife der 60er Jahre hat diese Musik in der Tat gar nicht so viel zu tun, was sicher auch an Uwaifos Gitarrenspiel liegt. Die bisweilen harten Anschläge erinnern manchmal tatsächlich mehr an eine Rhythm'n'Blues Variante und hier und da hat die Musik auch einen psychedelischen Einschlag. Die Texte griffen dagegen mehr folkloristische Themen auf und waren völlig unpolitisch.
Die Ekassa Phase dauerte etwa von 1971 bis 1975 und in dieser Zeit brachte Uwaifo 4 Alben und eine ganze Reihe von Singles heraus. Die vorliegende Kompilation beschränkt sich nicht ausschließlich auf diese Phase sondern beinhaltet auch Stücke, die unmittelbar davor oder danach entstanden sind, darunter das einzige hier in englischer Sprache gesungene und ungemein eingängige Stück Happy day from me to you, eine rare Single B-Seite.

Laut Miles Cleret ist das Ende der Fahnenstange bezüglich nigerianischer Musik noch lange nicht erreicht. Man darf also gespannt sein, welche Schätze in Zukunft noch veröffentlicht werden.

(Soundway / 2008)

Samstag, 26. Juli 2008

Various: Highlife Time - Nigerian & Ghanaian Sounds from the 60s and early 70s

Die Messlatte im Bereich der Afrosampler liegt sehr hoch. Verantwortlich dafür sind nicht zuletzt die Labels Analog Africa, Strut und vor allem Soundway mit seinen Nigeria Specials. Auch VampiSoul hatte bereits im letzten Jahr mit Retrospekitven von Orlando Julius und Tony Allen für Aufsehen gesorgt und setzt nun zu einer zweiten Runde an. Dabei wirkt Highlife Time aber leider mehr wie ein hastig nachgeschobener Sampler um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren. Und genau darin liegt das Problem, mehr Sorgfalt an einigen Stellen wäre hier angebracht gewesen. Das beginnt damit, dass bei der Erstauflage im Booklet und auf dem Cover ein Stück mehr angegeben ist. Track 5 auf CD 1, Dr. Victor Olaiyas Omopupa ist nicht auf der CD enthalten. Doch damit leider nicht genug, die beiden Rex Lawson Stücke Yellow Sisi und Pay me my money now sind sowohl im Booklet als auch auf dem Cover vertauscht. Solche Schlampereien sind einfach ärgerlich und auch die Klangqualität ist über weite Strecken nicht zufriedenstellend, so ist der Sound bei Rex Lawsons Numfinye derart schlecht, dass es kaum noch Freude bereitet, sich das Stück anzuhören. Ebenfalls störend ist die unterschiedliche Klangqualität der einzelnen Stücke, deren Aufnahmen zum Teil auch noch unterschiedlich laut sind.
Kommen wir zum Positiven. Was die Songauswahl angeht, so handelt es sich bei Highlife Time um ein ähnliches Schatzkästchen wie es auch die Sampler der Konkurrenz sind. Gleich am Anfang steht Trumpet Highlife, eine Gemeinschaftsarbeit von Dr. Victor Olaiya, dem "Evil Genius of Highlife" und E.T. Mensah, dem "King of Highlife", der den harten Bläsern mit einem lässigen Saxofon entgegentritt. Opotopo integrieren in ihrem Stück Belama kongolesische Rumbaklänge mit traumhaften Gitarrenpassagen und Stan Plange and the Uhuru Dance Band machen aus Hugh Masekelas Grazing in the grass eine waschechte Highlife Nummer. Am Ende des ersten Teils steht Chief Stephen Osita Osadebes Makojo, ein Stück das tatsächlich aus dem Jahr 1985 stammt, jedoch in einem Retro 60s Sound produziert wurde. Umso erstaunlicher ist es, dass das Stück nicht besonders gut klingt sondern etwas kraftlos vor sich hineiert. Es ist kaum vorstellbar, dass man das nicht hätte besser aufbereiten können.
Der zweite Teil beginnt mit Sir Victor Uwaifos Joromi, das in Nigeria ein Hit war und hier mit eines der besten Stücke ist. Auch Ikoro Special von Dan Satch and his Atomic 8 könnte ein Highlight sein, würde es nicht so dumpf klingen. Da sich das Stück mehr am Afrobeat orientiert, wirkt es auf diesem Sampler allerdings auch einigermaßen Fehl am Platz. Das gilt auch für Etuk Owo, ein weiteres Stück der Band Opotopo, die sich hier vom Highlife entfernt und eine Art psychedelischen Afrorock präsentiert. Weitere Highlights sind die Songs von Rex Lawson and His Rivers Men, die hier gleich 5 mal vertreten sind. Oko kombiniert beispielsweise Highlife mit Latin- und Calypsoelementen. Ganz am Ende dann noch ein Ausblick auf das, was VampiSoul anscheinend plant. Okina von Akama Man ist ein weiteres Stück aus den 80er Jahren und präsentiert Highlife im damals weit verbreiteten Paris/Abidjan Sound, was man vor allem an den Synthesizern heraushören kann.

Bleibt zum Abschluss die Frage, ob dieser Sampler nun empfehlenswert ist. In Anbetracht der Tatsache, dass hier hauptsächlich Raritäten verwendet wurden, muss diese Frage trotz aller Kritik mit "Ja" beantwortet werden. Bleibt zu hoffen, dass VampiSoul bei den anstehenden Veröffentlichungen mehr Sorgfalt walten lässt.

(VampiSoul / 2009)

Montag, 21. Juli 2008

Portrait: Habib Koité

Habib Koité entstammt dem Adelsgeschlecht der Khassonké Griots. Seine Leidenschaft für Musik erbte er von seinem Großvater väterlicherseits, der die Kamale N'Goni, eine traditionelle viersaitige Laute, gespielt von Jägern im Gebiet der Wassolou, spielte. Koité entschied sich jedoch für die Gitarre und entwickelte eine einzigartige Spielweise, um seine Mutter, eine bekannte Griotte, zu begleiten. Gitarrenspiel und Gesang erlernte er nach eigener Aussage autodidaktisch, Unterricht hat er nie erhalten.

Ursprünglich sollte Koité den Beruf eine Ingenieurs erlernen, aber auf Drängen seines Onkels, der sein musiklisches Talent erkannte, bewarb er sich beim National Institute of Arts (INA) in Bamako. Nach nur sechs Monaten wurde er 1978 zum Leiter der Schulband INA Star ernannt. Insgesamt 4 Jahre studierte er Musik und schloss das Studium 1982 mit Bestnoten ab. In der Tat war sein Talent so groß, dass das INA ihn als Gitarrenlehrer einstellte. Schon während des Studiums hatte er die Möglichkeit, mit anerkannten Musikern aus Mali zu spielen, darunter namhafte Künstler wie Kélétigui Diabaté oder Toumani Diabaté. Ersterer ist mittlerweile schon seit einigen Jahren Vollzeitmitglied seiner Band.

1988 gründete er seine bis heute bestehende Band Bamada (ein Spitzname für die Einwohner Bamakos, der frei übersetzt etwa "im Maul des Krokodils" bedeutet), bestehend aus jungen malischen Musikern, mit denen er schon seit seiner Kindheit befreundet war. 1991 gewann er den ersten Preis beim Voxpole Festival im französichen Perpignan, der ihm genügend Geld einbrachte, um 2 seiner Songs aufzunehmen und zu veröffentlichen. Einer davon war Cigarette A Bana, welcher ein Hit in Westafrika war. Das Stück ist übrigens ein Antirauchlied, das die Geschichte von einem Jungen erzählt, der sich nichts aus Zigaretten macht, sich aber schließlich doch von seinen Freunden überzeugen lässt, eine zu rauchen, wovon ihm jedoch schlecht wird und er daraufhin schwört, nie wieder zu rauchen. Nach der Veröffentlichung einer weiteren erfolgreichen Single mit dem Titel Nanalé gewann er den angesehenen Radio France International (RFI) Discoveries Preis, der es ihm ermöglichte, mit seiner Gruppe eine erste Tour außerhalb Afrikas zu unternehmen.


Im Januar 1995 reiste Koité zu seinem Manager Michel de Bock nach Belgien und nahm sein erstes Album Muso Ko auf, welches auch gleichzeitig das erste für das damals neu gegründete Label Contre Jour war. Auf dem Album waren auch die beiden zuvor veröffentlichten Singles enthalten. Muso Ko klingt im Gegensatz zu späteren Veröffentlichungen hier und da noch ein bisschen ungestüm, zeigte aber schon alle Qualitäten, die Koité bis heute auszeichnen. Vergleichsweise noch wenig traditionel empfiehlt er sich bereits hier als ausgezeichneter Songwriter. Das Album erreichte in den europäische Weltmusikcharts Platz 3 und Habib Koité wurde zu einer festen Größe im europäischen Festivalzirkus und seine energiegeladenen Shows wurden weltbekannt.

 Weitaus subtiler als noch auf dem Debüt ging es auf dem 1998 veröffentlichten 2. Album Ma Ya zu, welches eine introspektivere Seite Koités offenbarte. Mit Foro Banna findet sich hier auch ein Blues, bis heute einmalig in Koités Discographie. Ebenso einmalig ist die Tatsache, dass ein Stück (Kumbin) auf Englisch gesungen wird. Für gewöhnlich singt Koité seine Lieder auf Bamara, der meistgesprochenen Sprache in Mali.

Sowohl die kritischen als auch die kommerziellen Reaktionen auf Ma Ya in den USA waren überwältigend, was zur Folge hatte, dass Habib Koité Thema in vielen Zeitungen und Magazinen wie New York Times oder Rolling Stone war. Auch im Radio und Fernsehen wurde er nun des öfteren gespielt. Prominente Fans wie Jackson Browne oder Bonnie Raitt besuchten ihn in Mali, um mit ihm zu arbeiten.

Das dritte Album Baro machte 2001 da weiter, wo Ma Ya zuvor aufgehört hatte und präsentierte erstmals Kélétigui Diabaté an Balafon (ein westafrikanisches, hölzernes Xylophon) und Violine. Diabaté, der in den 60er Jahren schon mit Lionel Hampton gearbeitet hatte, wurde zum festen Bestandteil in Koités Band Bamada. Auf Baro wurde das musikalische Spektrum um kubanische und Latinoelemente erweitert, was vor allem in Batoumanbe und einer neuen Einspielung von Cigarette A Bana zu hören ist. Aber auch sonst kombiniert Baro auf das Vorzüglichste malische Traditionen mit westlichen Einflüssen.



Nach einer ausgedehnten Welttour erscheint 2003 das Livealbum Fôly! Live around the World, welches in 150 Minuten 18 Songs aus den 3 vorangegangenen Alben präsentiert. Die Aufnahmen stammen aus verschiedenen Konzerten in Europa, wurden aber so zusammengesetzt, dass sie wie ein einzelnes Konzert wirken. In z.T. veränderten Arrangements werden die teilweise deutlich längeren Stücke hier um episch atmosphärische Elemente erweitert. Fôly! zeigt, dass Koité und Band auch brillante Livemusiker sind und ist somit alles andere als ein Best Of Album mit dazwischen gemischtem Publikum.








 Auch in den folgenden Jahren touren Habib Koite & Bamada unermüdlich durch die ganze Welt mit Auftritten in Australien, Japan, Brasilien, Marroko, Südafrika, Russland, USA, Mexiko und beinahe jedem Land in Europa. Unter dem Eindruck neuer Erfahrungen und Perspektiven versteht es Koité in Hotelzimmern und Tourbussen neue Songs zu schreiben. Erste Proben zum neuen Album finden ein einem kleinen Dorf in Südbelgien statt, wo sich der Sitz seiner langjährigen Plattenfirma Contre Jour befindet. Mit den Aufnahmen begann man jedoch im vertrauten Yeleen Studio in Bamako. Weitere Aufnahmen fanden wiederum bei Contre Jour statt, während das Album in Vermont schließlich fertiggestellt wurde. Und obwohl das im Herbst 2007 veröffentlichte Afriki auf 3 Kontinenten aufgenommen wurde richtet Habib Koité den Fokus mehr den je auf seine Wurzeln und seine Heimat ohne dabei den panmalischen Ansatz in seiner Musik aufzugeben. Das Album unterscheidet sich tatsächlich nur marginal von seinem Vorgänger, zeigt aber, dass Koité sein Songwriting weiter verfeinert hat. Neu auf Afriki sind Frauenchöre sowie der Einsatz von Bläsern auf 2 Stücken. Besonders erwähnenswert ist hier Nta Dima, bei dem Antilopenhörner zum Einsatz kommen und das bis dato sein traditonellstes Stück ist. Im Stück Africa wurden die Bläser dagegen von Pee Wee Ellis arrangiert.
Das zentrale Thema auf Afriki, welches das Bamara Wort für Afrika ist, ist die Stärke und Herausforderung Malis im Besonderen und Afrika im Allgemeinen. Koité richtet sich an eine junge Generation von Afrikanern, in der Hoffnung sie davon zu überzeugen die positiven Aspekte afrikanischen Lebens anzuerkennen und schätzen zu lernen. Nur weil ein Land arm ist, muss die Lebensqualität dort nicht zwangsläufig schlecht sein. Und obwohl Mali ein armes Land ist, hat es immer noch eine gute Lebensqualität, so Koité. Man kann rausgehen und lächeln und irgend jemand wird zurücklächeln. Die ausgedehnten Reisen durch die Welt haben die Liebe zu seiner Heimat nur noch verstärkt, und das hört man Afriki mit jeder Note an.

1995: Muso Ko (Contre Jour)
1998: Ma Ya (Contre Jour)
2001: Baro (Contre Jour)
2003: Fôly! Live around the World (Contre Jour)
2007: Afriki (Contre Jour)

Freitag, 11. Juli 2008

Mounira Mitchala - Talou Lena

Die 28-jährige Sängerin und Songschreiberin aus dem Tschad wird als neuer Stern am afrikanischen Musikhimmel gehandelt. Nun ist der Tschad nicht gerade bekannt für seine Musikkultur und vor allem für junge Frauen ist es schwierig, als Musikerin Fuß zu fassen, aber Mounira Mitchala hat es schließlich geschafft, sich in N'Djamenas Musikszene zu etablieren. Im Jahr 2007 gewinnt sie schließlich den Decouvertes RFI Preis, vergeben von einer Jury, die von keinem Geringerem als Salif Keita geleitet wird. Es folgen Auftritte mit Ismael Lo und Tiken Jah Fakoly und in Frederic Gallianos Projekt African Divas erlangte sie große Aufmerksamkeit. Ihr Debütalbum produzierte sie zunächst selbst in N'Djamena und vollendete es schließlich in Frankreich.

Mit Talou Lena präsentiert das kleine französische Label Marabi nach El Hadj N'Diayes Album Géej nun das nächste Highlight und man kann es kaum glauben, dass es sich dabei um ein Debütalbum handelt. Die Songs zeugen von Reife und doch auch von musikalischer Unbeschwertheit, auch wenn die Texte meist ernster Natur sind. So geht es um die vermeintlich typischen Themen wie Aids, Krieg oder Zwangsehen, die uns doch aber gar nicht so fremd sein dürften. Es gibt aber auch Lieder, in denen sie die Schönheit ihrer Heimat besingt. Musikalisch erscheinen die Songs in einem rein akustischen Gewand, bestehend aus Gitarre, Bass, Percussion, den Lauten Oud und Garaya sowie Flöten und arabischen Violinen.
Es ist in der Tat schwierig, Highlights aus diesem Album zu nennen. Mitchala gelingt hier ein Dutzend hervorragender Songs, die zumeist leicht melancholisch daherkommen, den Blick jedoch immer nach vorne richten. Im ersten Stück Annil geht es um Zwangsehen, um junge Frauen oder Mädchen, die infolge von Armut an reiche alte Männer verheiratet werden. Zarlie ist eine Hommage an ihre Mutter und deren Heimat Guera in Zentraltschad während das ungemein ohrwurmartige Titelstück zur Versöhnung der Bevölkerungsgruppen des Tschad aufruft und den Bürgerkrieg als Grund für die Armut brandmarkt. In Dafour besingt sie die Krise im benachbarten Sudan, worunter hauptsächlich Frauen und Kinder zu leiden haben und in Al Sahara geht es um die zunehmende Ausbreitung der Wüste als Folge des Klimawandels. Mitchala versteht es perfekt, Songs mit eingängigen Melodien zu schreiben, die aber dennoch über ausreichend Kanten und Ecken verfügen und somit niemals langweilig werden. Im Gegenteil, es gibt vieles auf diesem Album zu entdecken, das einen großen Teil der tschadischen Tradtionen beinhaltet und dabei manchmal doch auch erstaunlich nah am Songwriting westlicher Prägung dran ist. Gesungen werden die Stücke übrigens durchgehend auf Tschadisch-Arabisch.

Talou Lena ist ein großartiges Debüt geworden, das vor allem auch zeigt, dass es selbst unter widrigsten Umständen möglich ist, derart herausragende Musik zu machen. Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr von die dieser faszinierenden Frau aus dem Tschad zu hören sein wird.

(Marabi / 2008)