Phänomenal! Sensationell! Inkommensurabel! Im Hause Soundway hat man  wieder einmal seine Hausaufgaben gemacht, die Superlative gehen so  langsam aus. Man kann Miles Cleret für seine Arbeit gar nicht oft genug  loben. Auch dieser Sampler, der sich mit dem Werk der Jahre 1970-1976  des bei uns kaum bekannten nigerianischen Superstars Sir Victor Uwaifo  beschäftigt, ist wieder eine höchst feine Angelegenheit geworden und der  einzige Kritikpunkt ist die Tatsache, dass von den ca. 50 Stücken, die  in diesem Zeitraum aufgenommen wurden, sich hier "nur" 19 wiederfinden.  Ansonsten beinhaltet dieses Album alles, was man von einer guten  Kompilation erwarten kann: eine ausgezeichnete klangliche Aufbereitung,  informative Linernotes von Miles Cleret sowie "Song für Song"  Erläuterungen von Uwaifo selbst. Den hat Cleret eigens für die  Zusammenstellung dieses Samplers in Benin City im Bundesstaat Edo  besucht. Benin City hat übrigens nichts mit dem heutigen Staat Benin zu  tun, sondern bezieht sich auf das ursprüngliche Königreich Benin,  dessen Sitz die Stadt war.
Der 1941 in Benin City geborene Victor Uwaifo wurde von seinem Vater  schon früh dazu ermutigt, Musik zu machen. Bei Auftritten in  Palmweinbars entschied er sich für die Gitarre, was zu jener Zeit aber  nicht ganz unproblematisch war, da die Gitarre in der Gesellschaft  keinen guten Ruf hatte. Bis sich Uwaifo eine eigene Gitarre leisten  konnte, baute er sich seine Instrumente selbst. Als er mit 16 Jahren auf  eine Schule in Lagos wechselte, traf er auf Victor Olaiya, dem "Evil  Genius of Highlife" und wurde Mitglied in dessen Allstars Band. Seine  erste eigene Band The Pickups gründete er 1963. Im selben Jahr begann er  mit Aufnahmen für die Jofabros Recording Company. Nur zwei Jahre später  gründete er die Melody Maestros, welche auch die erste Phase seiner  musikalischen Karriere prägen sollte. Mit dieser Band spielte er seine  ganz eigene Form des Highlife, welche er Akwete nannte. Der größte Hit  in dieser Phase war das Stück Joromi, vermutlich bis heute die  erfolgreichste Single aller Zeiten in Nigeria und die erste in Afrika mit  Gold ausgezeichnete Platte für das Philips Label. Nach Tourneen durch  die USA, Europa und Japan kehrte Uwaifo Anfang der 70er Jahre nach Benin  City zurück. Seine Melody Maestros hatten sich zu einer eingespielten  12-köpfigen Band entwickelt und Victor wollte eine neue musikalische  Richtung einschlagen. Er experimentierte mit den Rhythmen der  Krönungstänze für die Benin Obas (Könige), die Ekassa genannt wurden.  Gleich die ersten Single dieser "neuen" Musikrichtung, Dododo, war ein derartiger Hit, das rasch das Album Ekassa  nachgeschoben wurde. Laut Uwaifo haben die Ekassa Rhythmen ihren  Ursprung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und die dazugehörigen  Tänze wurden nur zur Krönung von Königen aufgeführt. Uwaifo war der  erste, der Ekassa aus seinem starren Korsett herauslöste, mit Highlife  kombinierte und dadurch eine völlig neue Musikrichtung schuf. Mit dem  (Gitarren-) Highlife der 60er Jahre hat diese Musik in der Tat gar nicht  so viel zu tun, was sicher auch an Uwaifos Gitarrenspiel liegt. Die  bisweilen harten Anschläge erinnern manchmal tatsächlich mehr an eine  Rhythm'n'Blues Variante und hier und da hat die Musik auch einen  psychedelischen Einschlag. Die Texte griffen dagegen mehr  folkloristische Themen auf und waren völlig unpolitisch. 
Die Ekassa Phase dauerte etwa von 1971 bis 1975 und in dieser Zeit  brachte Uwaifo 4 Alben und eine ganze Reihe von Singles heraus. Die  vorliegende Kompilation beschränkt sich nicht ausschließlich auf diese  Phase sondern beinhaltet auch Stücke, die unmittelbar davor oder danach  entstanden sind, darunter das einzige hier in englischer Sprache  gesungene und ungemein eingängige Stück Happy day from me to you, eine rare Single B-Seite.
Laut Miles Cleret ist das Ende der Fahnenstange bezüglich nigerianischer  Musik noch lange nicht erreicht. Man darf also gespannt sein, welche  Schätze in Zukunft noch veröffentlicht werden.
 (Soundway / 2008)
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