Mittwoch, 27. Januar 2010

Nuru Kane - Sigil

Dieser Tage erscheint Kanes zweites Album Number One Bus, wann es hierzulande veröffentlicht werden wird ist mir aber im Moment noch nicht bekannt. Zeit genug also um das hervorragende Debüt aus dem Jahr 2006 in Erinnerung zu rufen. Wobei ich zugeben muss, dass ich erst letzten Herbst und auch mehr zufällig darauf gestoßen bin.
Geboren und aufgewachsen in Medina, einem Stadtteil von Dakar, lernte Kane zunächst Gitarre und Bass und spielte in diversen Bands in Senegal bis es ihn in den späten 90ern nach Paris verschlug. Ein Trip nach Marokko brachte ihm den Gnawa näher und er erlernte das dazugehörige dafür hauptsächlich verwendete Instrument, die Guimbri, ein 3-saitiger Akustikbass. Schließlich gründete er zusammen mit Thiery Fournel, einem Oud Spieler und Gitarristen, und dem Ngoni und Tama Spieler Djeli Makan Sissoko die Band Bayefall Gnawa, die nach der westafrikanischen islamischen Bruderschaft Baye Fall benannt ist. Das Ergebnis ist eine Mixtur aus Singer/Songwriter, Blues und Gnawa, wobei Fournels Oud dem Ganzen noch zusätzlich ein orientalisches Flair verleiht. Bei den Aufnahmen wurde darauf geachtet, dass die Live-Atmosphäre bestmöglich ins Studio übertragen wurde. So wurde das Stück Gorée in nur einem Take aufgenommen und auch sonst auf allzuviel Produktionsschnickschnack verzichtet. Im Grunde ist Kane aber ein fast schon klassischer Songwriter, wie man schon im ersten Stück Toueb, das vom Umgang eines Mannes mit seinem eigenen Versagen handelt, hören kann. Bei Niane wird dagegen über einen Gnawa Rhythmus eine elektrische Gitarre gelegt, die für Rhythm'n'Blues Einschübe sorgt. Ganz im Zeichen des Gnawa steht dann das Stück Colère, das vom Ärger über korrupte Machthaber handelt. Auffallend ist hier der hypnotische, tranceartige Rhythmus, der einen unweigerlich in seinen Bann zieht und für Gnawa so typisch ist. Cheikh Anta, das dem senegalesischen Philosphen Cheikh Anta Diop gewidmet ist, handelt davon, dass Afrika weit mehr ist als Hunger, Krieg und Korruption. In Diops Schriften findet sich, so Kane, der Reichtum afrikanischer Kultur. Im abschließenden epischen Mami wird schließlich der Schuldenerlass für die 3. Welt gefordert, da diese durch Sklaverei und Kolonialisierung ihre Schulden längst bezahlt hat. Dies ist sicher richtig wenn auch leider nicht ausreichend. Musikalisch großartig ist es natürlich allemal.
Sigil ist somit ein ganz außergewöhnliches Debütalbum, das die Messlatte für kommende Alben in schier unerreichbare Höhen legt. Auf Number One Bus darf man natürlich dennoch gespannt sein und erste Hörproben klingen schon einmal sehr vielversprechend.

(Riverboat / 2006)

Dienstag, 19. Januar 2010

Gino Sitson - Way To Go

Gino Sitson ist ein Vokalakrobat. Wobei man das in diesem Fall absolut positiv bewerten muss zumal auch nicht die Gefahr besteht, dass seine Musik im Formatradio zu Tode gespielt wird wie einst Bobby McFerrins Don't Worry Be Happy. Auch gibt es auf dem neuen Album Way To Go im Gegensatz zu früher keine reinen Gesangsstücke. Alles wurde in kleiner Besetzung bestehend aus Schlagzeug, Bass und Piano eingespielt wodurch ein Jazzfundament entsteht, auf dem Sitson seine Gesangsschichten wunderbar aufbauen kann und dessen Polyrhythmik auch die Klänge seiner Heimat Kamerun widerspiegelt.
Sitson ist in einer musikalischen Familie aufgewachsen und war von klein auf von Jazz, Blues und traditioneller afrikanischer Musik umgeben. Und genau diese Kombination ist es, die man auch auf seinem mittlerweile 4. Soloalbum nachhören kann. Wobei der Fokus in der Tat auf seiner 4-Oktaven-Stimme liegt. Was er mit ihr so alles anstellt ist bisweilen nicht von dieser Welt. Dabei pendelt er mühelos zwischen Sopran und Tenor, erreicht auch schon mal Falsetthöhen und benutzt darüber hinaus die Stimme auch noch als perkussives Instrument. Wobei die Songs, die er überwiegend in seiner Muttersprache Medumba singt, nicht zu kurz kommen. Manchmal, wie z.B. im wunderbaren, seinem Vater gewidmeten Peaceful Journey, verzichtet er auch ganz auf Worte und ersetzt diese durch Lautmalerei. Das ebenfalls dem verstorbenen Vater gewidmeten Daddy verzichtet am Ende dann ganz auf den Gesang, der hier durch das Spiel der Sanza, dem kamerunischen Daumenklavier, ersetzt wird. Die Sanza hatte ihm sein Vater kurz vor dessen Tod überreicht und möglicherweise ist dieses tragische Ereignis auch der Grund dafür, dass Way To Go eine eher familiäre Angelegenheit geworden ist. So finden sich auch Songs über seine Tochter (Lucia) und seine Mutter (Magny Marcelline).
Gino Sitson hätte es sich einfach machen können und wie beim Vorgänger Bamisphere auf eine Reihe hochkarätiger Gäste zurückgreifen. Aber er zog dieses mal das Quartett vor, mit dem er schon zusammen spielt, seit er in den USA angekommen ist. Unterstützt wird er von dem Pianisten Helio Alvez, dem Schlagzeuger Willard Dyson und dem Bassisten Lonnie Plaxico, der auch als musikalischer Leiter für Cassandra Wilson arbeitet. Hier setzt er mit seinem wunderbar dahinfließenden Bassspiel Akzente und auch sonst ist Way To Go ein äußerst gelungenes Album.

(Alessa / 2009)