Freitag, 26. Juni 2009

Tony Allen - Secret Agent

The Masterdrummer is back again! Ein Tony Allen Album kann gar nicht schlecht sein und er ist wohl der einzige Schlagzeuger, von dem ich mir ein Soloalbum, also ausschließlich Schlagzeug, kaufen würde. Dabei hört man es dem Album zunächst gar nicht an, dass es das Album eines Schlagzeugers ist: keine Egotrips, keine endlosen Soli dafür aber der ultimative Beat. Tony Allens pulsierendes Rhythmusgeflecht wirkt bisweilen unscheinbar, ist aber unersetzbarer Bestandteil der Musik. Das erkannte auch Fela Kuti mitte der 60er Jahre und stellte fest, dass Allen klinge, als würden 4 Schlagzeuger gleichzeitig spielen. Allen, der sich das Schlagzeugspielen durch das Hören seiner Vorbilder Gene Krupa, Art Blakey und Max Roach selbst beibrachte, begründete dies damit, dass er die Rhythmen unterschiedlicher Musikrichtungen wie Jazz, Funk und Soul mit den eigenen Yoruba Rhythmen kombinierte. Und somit kann man Allens Anteil an der Entwicklung des Afrobeat gar nicht unterschätzen, zudem war er in Felas Band Africa 70 der inoffizielle musikalische Leiter. Als er die Band Ende der 70er verließ, versuchte Fela in seiner neuen Band Egypt 80, Allens Schlagzeugspiel durch 4 Schlagzeuger zu ersetzen.
Tony Allen selbst machte sich was Plattenveröffentlichungen angeht eher rar. Die ersten 3 Soloalben nahm er bereits zu Africa 70 Zeiten mit eben jener Band auf und gründetete nach seinem Abgang die Afro Messengers, mit der aber nur das Album No Discrimination aufnahm und mit dem er den Afrobeat zumindest künstlerisch erfolgreich in die 80er Jahre überführte. In den folgenden Jahren agierte er hauptsächlich als Sessionmusiker und Anfang des neuen Jahrtausends wurde er schließlich von Damon Albarn entdeckt, der im Song Music Is My Radar bekannte: "Tony Allen got me dancing". Albarn wirkte 2002 auch auf dem Album Homecooking mit, auf dem Allen den Afrobeat für das enue Jahrtausend erschuf. Mit Lagos No Shaking kehrte der bereits in den 80er Jahren nach Paris ausgewandere Allen 2006 zu seinen Wurzeln zurück und nahm in seiner früheren Heimat ein nahezu klassisches Afrobeat Album auf.
Secret Agent knüpft an seinen Vorgänger an, präsentiert allerdings auch die ein oder andere Neuerung. So kommt in den Stücken Ijo und Nina Lowo durch den Einsatz eines Akkordeons ein ganz kleines bisschen französisches Flair auf. Beide Stücke werden von der großartigen AYO (nicht zu verwechseln mit Ayo.) gesungen. Allen überlässt den Gesang auf diesem Album zum großen Teil Gästen und übernimmt das Mikro nur beim Titelstück und beim abschließenden Elewon Po, beides politische Stücke, wenngleich natürlich deutlich zurückhaltender vorgetragen als dies einst bei Fela der Fall war. Allen war schon damals der Ruhepol und sozusagen das ideale Gegenstück zu Fela.
Was das Album auszeichnet sind natürlich Allens Drumpatterns, ohne die das alles vermutlich nur halb so gut wäre. Sobald der Groove einsetzt kann er sich fast alles erlauben, weiß aber dennoch auch kompositorisch zu überzeugen. Die Texte haben meist die jeweiligen Sänger geschrieben und mit Atuwaba gibt es gar ein kurzes A-Capella Stück, ebenfalls von AYO gesungen, das mehr nach Zulu als nach Yoruba klingt. Ansonsten überwiegt selbstvertständlich der Afrobeat, der im Vergleich zu Africa 70 deutlich kürzer und kompakter daherkommt und mit King Odudu hat Allen sogar einen Sänger gefunden, dessen Stimme der eines Fela nicht unähnlich klingt. Nachhören kann man dies in den beiden Stücken Celebrate und Pariwo, die beide ungemein entspannt und lässig wirken. Und es ist vor allem das Entspannte und Lässige, das Tony Allens Schlagzeugspiel auszeichnet, kein Kraftakt sondern locker aus dem Handgelenk geschüttelt. Eine Fähigkeit, die er nach eigenen Aussagen in den Clubs von Lagos gelernt hat, denn dort dauern Konzerte nicht 2 sondern 6 Stunden, so dass man seine Kräfte einteilen muss.
Secret Agent bietet zwar nicht viel Neues, dafür aber das Alte auf gewohnt hohem Niveau. Kaum zu glauben, dass Tony Allen nächstes Jahr schon 70 wird, man hört und sieht es ihm nicht an. Möge er uns noch mit vielen solcher Alben beglücken.

(World Circuit / 2009)