Ich muss gestehen, dass ich mich bislang mit HipHop nur am Rande beschäftigt habe. Und so kenne ich auch das Debüt Album The Dusty Foot Philosopher  dieses Rappers aus Somalia nicht. Der Titel dieses Albums spielt wohl  auf die Tatsache an, dass er bis zu seiner Flucht mit 13 immer barfuß  unterwegs war und erst in Nordamerika erstmals überhaupt Schuhe trug. 
K'Naan Warsame, so sein vollständiger Name, wird 1978 in der somalischen  Hauptstadt Mogadischu geboren, also zu einer Zeit, in der schon heftige  Unruhen das Land erschütterten. Im Alter von neun Jahren beginnt K'Naan  zu rappen wie seine amerikanischen Vorbilder, deren Platten er von  seinem Vater, der längst nach Amerika ausgewandert war, zugeschickt  bekam. Er rappte auf Englisch obwohl er die Sprache nicht verstand und  erst Jahre später herausfinden sollte, was die Verse tatsächlich  bedeuteten. Ansonsten ist seine Kindheit von Gewalt geprägt, die im vom  Bürgerkrieg zermürbten und nicht zur Ruhe kommenden Somalia zum Alltag  gehört. Mit 8 betätigt er zum ersten mal eine Schusswaffe und mit 11  sprengt er mit einer gefundenen Granate versehentlich die halbe Schule  in die Luft und ist immer wieder auf der Flucht vor Kämpfern, welche die  Straßen Mogadischus unsicher machen. Dabei empfindet es es bis heute  selbst als größte Gnade, dass er niemanden töten musste. 1991 gelingt  seiner Familie quasi in letzter Sekunde die Flucht nach New York. Von  dort aus ging es dann weiter nach Toronto, wo sich eine große somalische  Auswanderergemeinde angesiedelt hatte. In der zehnten Klasse bricht  K'Naan, dessen Name sowiel wie "Reisender" bedeutet, die Schule ab und  begibt sich gemäß seines Namens auf eine zwei Jahre dauernden Reise, die  ihn auch in die Schweiz führt, wo er hauptsächlich versuchte, mit  seinen Kriegserlebnissen fertig zu werden. 1999 übt er bei einem  Spokenword Auftritt vor dem UN-Flüchtlingskommissar heftige Kritik am  Verhalten der UN in der Somalia Frage. Der ebenfalls anwesende Youssou  N'Dour engagierte ihn darauf hin für das Album Building Bridges,  mit dem der UNHCR sein 50-jähriges Bestehen feierte. Beim Jazzfestival  in Montreal im Jahr 2002 trifft er dann auf Jervis Church, der 3 Jahre  später sein Debütalbum produzieren soll. Um dieses Album zu bewerben,  begibt er sich 2005 mit Mos Def und Talib Kweli auf "BreedLove  Odyssey"-Tour und erhält 2006 schließlich den Juno Award für das Rap  Album des Jahres. K'Naan selbst bezeichnet seine Musik als "urgent music  with a message", deren hauptsächliches Thema seine Erlebnisse und  Erfahrungen in Somalia sind, wenngleich er sich nicht als politisch  bezeichnet sondern seine Musik vielmehr als Ventil zu Verarbeitung  seiner Vergangenheit ansieht.
Bei ausgedehnten Touren entsteht schließlich das Live Album The Dusty Foot On The Road.  Meist nur von Gitarre und Percussion begleitet schafft K'Naan hier  bisweilen eine beklemmende Atmosphäre und zeigt aber auch deutlich, dass  es dafür gar nicht mehr bedarf. It's the African Way, ein Songtitel, der stellvertretend für das gesamte Album steht. What's Hardcore?,  fragt K'Naan im gleichnamigen Stück. Eine Frage, die er selbst wohl am  Besten beantworten kann, und nicht etwa all jene Rapper, für die  Begriffe wie Hardcore nur Mittel zum Zweck sind. "I'ma spit these verses  because I feel annoyed And I'm not going to quit until I fill the void  If I rhymed about home and got descriptive I'd make 50 Cent look like  Limp Bizkit." rappt er deshalb folgerichtig. Denn Hardcore, das ist der  Alltag und die Brutalität in Mogadischu, die Gefahr, die an jeder  Straßenecke lauert, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Etwas, das man  sich vermutlich noch nicht einmal annähernd vorstellen kann, wenn man es  nicht selbst erlebt hat. Und so sind viele dieser Songs kleine Schläge  in die Magengrube, die einem bewusst machen, wie gut man es bislang doch  selbst hatte. Und dabei wagt K'Naan auch den Blick über den eigenen  Tellerrand des HipHop hinaus, wie z.B. im druckvoll nach vorne  preschenden In the beginning, das beinahe schon Singer/Songwrite  Qualitäten hat, was auch gar nicht weiter verwundert wenn man bedenkt,  dass neben Bob Marley und Fela Kuti auch Bob Dylan zu den musikalischen  Einflüssen zählt. Is it a myth? kommt gänzlich ohne Instrumente aus und zeigt, dass seine Stimme sich auch als Gesangsstimme bestens eignet. Bei My God,  bei dem er von Mos Def, der die zweite Strophe rappt, unterstütz wird,  beschränkt sich die musikalische Begleitung auf einen herzschlagartigen  Trommelrhythmus, über den K'Naan einmal mehr eindringlich den grausamen  Bürgerkriegsalltag beschreibt. Doch trotz der düsteren Atmosphäre, die  das Album umgibt, ist von Resignation keine Spur, auch wenn es momentan  der pure Wahnsinn wäre, in die Heimat zu reisen, wie K'Naan vor kurzem  in einem Interview sagte. It's the African Way...
(Wrasse Records / 2007)
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