Tony Allens Bedeutung für Africa 70 kann gar nicht hoch genug  eingeschätzt werden. Als Schlagzeuger und musikalischer Direktor prägte  er den Sound dieser Band entscheidend mit und gilt zusammen mit Fela  Kuti als Erfinder des Afrobeat. Kennengelernt haben sich Fela und Tony  Allen bereits 1964, als sich Allen um die Stelle des Schlagzeugers in  Felas damaliger Band bewarb. Fela war von Anfang an erstaunt über Allens  Fähigkeiten gleichermaßen Jazz und Highlife spielen zu können und sagte  einmal, dass es klinge als würden 4 Schlagzeuger gleichzeitig spielen.  Dennoch hatte Allen innerhalb dieser Band und auch später bei Africa 70   keine Sonderstellung und enthielt die gleiche Entlohnung wie die  anderen Mitglieder auch. Fela, als offizieller Leiter der Band und  Betreiber des Shrine Clubs in Lagos in dem sie regelmäßig auftrat,  kümmerte sich um die Einnahmen und zahlte den Mitgliedern der Band den  Lohn. 1974 kam es schließlich zum Streik der Bandmitglieder, da sie auf  diesem Weg eine höhere Entlohnung erreichen wollten. Auch Allen nahm an  den Streiks teil worüber Fela einigermaßen entsetzt gewesen sein muss.  Als Kompromiss bot Fela seinen Bandmitlgiedern schließlich an, selbst  Alben aufzunehmen und sie dabei auch zu unterstützen, eine höhere  Entlohnung lehnte er jedoch kategorisch ab. Und so kam es, dass Tony  Allen anfang 1975 den Wunsch äußerte, ein Album aufzunehmen. Im selben  Jahr erschien Jealousy, das erste Album, produziert von Fela, der  selbst auch am Saxophon mitwirkte, jedoch nur auf dem Album und nicht  bei Liveauftritten. Jealousy unterschied sich noch kaum von  anderen Africa 70 Produktionen aus jener Zeit und bestand aus 2 langen  Stücken. Das Titelstück beschreibt Neid und Eifersucht innerhalb der  nigerianischen Gesellschaft und war durchaus auch an die Adresse Felas  gerichtet, auch wenn Allen selbst das nie laut ausgesprochen hat. Den  Gesang übernahm Allen übrigens nicht selbst, da er nach eigener Auskunft  zu jener Zeit noch nicht in der Lage war, gleichzeitig Schlagzeug zu  spielen und zu singen sondern überließ es Shina Abiodun, einem  Percussionisten. 
1976 war ein hektisches Jahr für Fela und Africa 70. Ein Jahr, in dem  die Band insgesamt 8 Alben veröffentlichte, darunter das legendäre Zombie,  mit ein Grund, warum 1977 die Militär Junta zum Angriff auf Kalakuta,  Felas Staat im Staat, bließ, in dessen Verlauf das Anwesen  niedergebrannt und Felas Mutter umgebracht wurde. Dennoch machten sich  Fela und Allen an die Aufnahmen zu Progress, dessen zweiten  Album. Allen beteiligte sich dieses mal an der Produktion und Fela  steuerte  erneut sein unvergleichliches Saxofonspiel bei. Den Gesang  übernahm hier und auf den folgenden zwei Alben Candido Obajimi. Wie der  Titel schon vermuten lässt, handelt es sich bei Progress tatsächlich um  einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem Debüt. Wiederum bestand das  Album aus nur zwei langen Stücken, von denen sich vor allem Afro Disco Beat  deutlich vom üblichen Africa 70 Sound entfernte. Im Zentrum steht hier  noch mehr als zuvor Allens Schlagzeugspiel, das zum einen für  ungewöhnliche Rhythmen sorgt aber auch weit darüber hinausgeht. Für  Allen selbst ist das Schlagzeug weit mehr als ein Rhythmusinstrument  sondern auch ein Ersatz für den Gesang: let the drums do the talking.
Das dritte Album No accomodation for Lagos wurde 1978 in Lagos  aufgenommen. 1978 war das Jahr, in dem sich Fela von der Militäreatacke  aus dem Jahr zuvor wieder erholte und die musikalischen Differenzen  zwischen ihm und seinem Schlagzeuger zunehmend größer wurden was  schließlich zur Trennung führte. No accomodation for Lagos ist  das bis dahin politischste Album und selbst Fela war überrascht über die  deutlichen Worte des Titelstückes, in dem es um Bauprojekte geht, bei  denen Bewohner von Slums vertrieben wurden. Jedoch wurden live immer nur  die Instrumentalversionen der Songs gespielt, da sie quasi als  Vorprogramm der eigentlichen Africa 70 Konzerte dienten. Das Stück  befindet sich übrigens bis heute im Live Repertoire und dessen Thematik  wurde im Lauf der Zeit auf andere afrikanische Metropolen ausgeweitet.
Das 4. Album No Discrimination war das erste Album nach der  Trennung von Fela. Tony Allen formierte dazu seine eigene Band The Afro  Messengers und war zum ersten mal in seinem Leben auch in Besitz eines  eigenen Schlagzeugs. Überraschenderweise besteht das Album aus 4  Stücken, eine Tatsache, die Allen schon bei früheren Produktion gerne  durchgesetzt hätte, was aber immer am Veto Felas scheiterte, für den ein  Album aus nicht mehr als 2 Stücken bestehen durfte. Aber auch  musikalisch entwickelte sich Allen weiter und setzte z.B. erstmals auch  auf den Einsatz von Synthesizern.
Afro Disco Beat vereint nun die ersten 4 Alben Tony Allens und  dokumentiert vorzüglich die Entwicklung eines Ausnahmeschlagzeugers, der  gerne vergessen wird, wenn John Bonham mal wieder aus unerfindlichen  Gründen irgendwelche Bestenlisten anführt. Als Ergänzung zu den Fela  Alben ist diese Anthologie in jedem Fall unverzichtbar.
(VampiSoul / 2007)
Donnerstag, 13. Dezember 2007
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