Nach dem wunderbaren Konzert in Heidelberg vom Mai dieses Jahres hatte  zugegebenermaßen ein bisschen etwas anderes erwartet. Damals spielte sie  mit kleiner Besetzung ein sehr jazzlastiges Set und ich habe erwartet,  dass Kulture Noir in die selbe Richtung gehen würde. Dies ist  zwar nicht der Fall, ist aber natürlich auch überhaupt nicht schlimm,  zum "Album des Jahres" reicht es trotzdem. Oder gerade deshalb? Wie dem  auch sei, Jazz spielt hier natürlich dennoch ein größere Rolle, aber  auch Soul, Gospel, Funk und sogar Afrobeat sind die Bestandteile dieses  ausgezeichneten Albums.
Handelte The One Love Movement On Bantu Biko Street von Südafrika und der immer noch nicht ganz verarbeiteten Zeit der Apartheid, so bezieht sich Kulture Noir  auf den ganzen Kontinent. Das zeigt sich nicht nur in den Texten  sondern auch in der Musik, die Musiker und Stile aus verschiedenen  Regionen Afrikas integriert. Das Album selbst benötigt aber ein paar  Durchgänge, bis sich seine ganze Klasse voll entfaltet. In den z.T.  langen Stücken singt Dana ihre poetischen Text mit eindringlicher  Stimme, die öfters im Kontrast zum Soul- und Gosplegesang ihres  wunderbaren Chores steht. Schön zu Geltung kommt das im zweiteiligen Ndim Ighawe  das mit einem Acapella Teil beginnt und in ein langes, jazzlastiges und  mit feinen Gitarrenlicks durchsetztes Stück mündet. Konventionelle  Songs findet man indes eher weniger und vielleicht noch am ehesten in Hayi Ihambo,  das ein ganz kleines bisschen etwas vom 80er Jahre Minimalfunk hat, das  aber natürlich dennoch südafrikanisch geerdet ist. Das gilt auch für Fela's Azania,  nur dass es sich hier quasi um ein südafrikanisches Afrobeat Stück  handelt und Simphiwe Danas Hommage an den von ihr verehrten Fela Kuti  ist und das auch mit den Nigerianern Kunle Ayo (Gitarre) und Olufemi  Ogunkonya (Tompete) eingespielt wurde. Es gibt aber auch sehr  persönliche Lieder, die von Liebe und Schmerz handeln wie z.B. das  epische und mit Cello und Violine verfeinerte Undishiyile, das  übersetzt "He has left me" bedeutet. Genau so hatte sie es auch beim  Livekonzert erklärt und es drängte sich einem sofort Frage auf, wer den  so etwas tue. Wie schon auf dem Vorgänger singt Simphiwe Dana sämtliche  Texte in ihrer Muttersprache Xhosa, was sicher einen zusätzlichen Reiz  ausmacht, was aber letztendlich zählt ist das Gesamtpaket und es gibt  nur wenige, die da im Moment heranreichen.
Simphiwe Dana ist mit Kulture Noir das beeindruckende Kunststück gelungen, das dritte Meisterwerk in Folge abzuliefern. In der Tat war schon das Debüt Zandisile  so stark, dass eigentlich keine Luft mehr nach oben übrig blieb. Bleibt  also nur, das hohe Niveau zu halten, was ihr jetzt zum zweiten mal  gelungen ist. Album des Jahres? Mindestens!
(Skip Records / 2010)
Freitag, 27. August 2010
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