Sublime Frequencies, ein kleines Label aus Seattle, beschäftigt sich in  erster Linie mit Feldaufnahmen aus aller Welt. Mit der Reihe Guitars From Agadez  tauchte man vor mehr als einem Jahr in die "Musikszene" rund um Agadez  ein. Agadez ist sowohl eine Stadt als auch eine Region im Norden Nigers,  einem der weltweit größten Uranabbaugebiete. Traditionell ist Agadez  aber eine von Tuareg gegründete Stadt, jedoch werden die Tuareg am  Gewinn des Uranabbaus kaum beteiligt, was zu Konflikten und Bürgerkrieg  führte. Agadez ist heute von der Außenwelt nahezu abgeschnitten, obwohl  die Stadt in der Vergangenheit auch ein beliebtes Ziel für Sahara  Touristen war. Die Tuareg gründete wiederum die MNJ, die "Nigrische  Bewegung für Gerechtigkeit", die sich für deren Gleichberechtigung im  Niger einsetzt.
Seit 2008 ist die Tuareg Revolution also wieder in vollem Gange, und den Soundtrack dazu liefert Guitars From Agadez.  Der 2. Teil beschäftigt sich also mit Group Bombino, einer Band um den  Sänger, Gitarristen und Songschreiber Omara "Bombino" Mochtar, der  zwischenzeitlich wieder ins Exil flüchten musste und über dessen  Verbleib derzeit nichts bekannt ist. Die Aufnahmen des Albums stammen  aus seinem Archiv und setzen sich aus akustischen und elektrischen  Tracks zusammen. Damit die Aufnahmen den Hörer möglichst ungefiltert  erreichen, wurden sie im Studio nicht überarbeitet und somit ist die  Klangqualität recht unterschiedlich. Die Musik handelt von Hoffnung,  Gerechtigkeit und die Anerkennung der Lebensweise der Tuareg. Das Album  beginnt mit 4 aksutischen Stücken, bei denen man im Hintergrund auch  schon mal das Vieh hören kann, die aber zeigen, dass Bombino ein  ausgezeichneter Songschreiber ist, der auch durchaus ein Händchen für  eingängige Melodien hat. Musikalisch ist das weniger blueslastig als  z.B. Tinariwen. Der 2. und elektrische Teil des Albums erinnert mit  seinem Scheppern und Krachen mehr an Garagenrock als an Wüstenblues, was  sicher auch daran liegen mag, dass im Gegensatz zu vielen anderen  Tuareggruppen ein Schlagzeug zum Einsatz kommt. Dabei sollte man noch  erwähnen, dass die "Musikszene" in Agadez sehr arm ist und die meisten  Musiker sich keine eigenen Instrumente oder Verstärker leisten können,  bwz. sich mehrere Gruppen das Equipment teilen. Für unsere Ohren  erstaunlich, dass diese Bands auch bei Hochzeiten auftreten und zwar  gerne auch in der elektischen Version. Aber eigentlich sollte das für  uns mir unseren durch Alleinunterhalter malträtierten Ohren doch eine  eher erfrischende Vorstellung sein.
Für audiophile Ohren ist dieses Album, das auch auf Vinyl vorliegt,  sicher keine Empfehlung. Dennoch ist das Album weit mehr als nur eine  obskure Aufnahme aus der Wüste. Vielmehr zeichnet sich Bombino durch  eine außerordentliche Musikalität aus und zeigt, dass man auch mit  bescheidenen Mitteln großartige Musik einspielen kann. Bleibt einerseits  zu hoffen, dass die Guitars From Agadez Reihe noch einige  Fortsetzungen finden wird und dass sich andererseits der Einsatz für  bessere Lebensbedingungen am Ende auch lohnt.
(Sublime Frequencies / 2009)
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