Als im Sommer die Nachricht von einem neuen Sunny Adé Album durchs Netz ging, war das schon eine kleine Sensation, immerhin ist Bábá Mo Tundé  das erste Album mit neuen Stücken seit 10 Jahren. Des Weiteren war zu  hören, dass es ein Doppelalbum mit klassischem Juju werden soll.  Klassisch meint hier lange Stücke ohne produktionstechnischem  Schnickschnack, wie es vor allem in den 80er Jahren der Fall war, als  Adé nach dem Tod von  Bob Marley von Island Chef Chris Blackwell zu  dessen Nachfolger aufgebaut werden sollte. Das hat bekanntermaßen nicht  funktioniert, was aber sicher nicht an der Qualität der Musik lag. Die  war immer noch hochkarätig, auch wenn die Songs damals deutlich kürzer  und mit elektronischen Effekten aufgepeppt wurden um sie einem  westlichen Pulikum zugänglicher zu machen. Geschadet hat es den Stücken  nicht, ganz im Gegenteil. Vermutlich war die Welt für Juju damals  einfach nicht bereit. Dass sich das mit Bábá Mo Tundé nun ändern  wird, darf natürlich bezweifelt werden. Das scheitert schon an der Länge  der Songs. 7 gibt es in knapp 2 Stunden, der längste, das Titelstück,  bringt es auf 31 Minuten. Doch davor muss man keine Angst haben, denn so  etwas wie Längen oder gar Langeweile gibt es bei diesem Album nicht.  Das liegt zum einen an dem polyrhythmischen Geflecht, das hier als  Fundament dient und zum anderen an diesen unglaublichen Melodien, die  immer wieder aufblitzen. Dazu gibt es Gitarreneinwürfe, die mich  manchmal sogar an Pink Floyd erinnern, sicher keine naheliegende  Assoziation. Und damit wären auch schon die Hauptkomponenten des Juju  aufgelistet, ein Polyrhythmik, die hier durch mindestens 6 Schlagzeuger  und Percussionisten bereitgestellt wird und bei der die Talking Drum  eine führende Rolle übernimmt und die einzigartigen Gitarren, die in der  Vergangenheit auch schon mal an Hawaii erinnerten, hier aber nicht.  Nicht zu vergessen die Gesänge, gerne als Call & Response, aber auch  schon mal fast im klassischen Songformat in die langen Stücke  eingearbeitet. Und weil das Titelstück mit 31 Minuten noch zu kurz ist,  gibt es im Anschluss gleich noch den 15 minütigen King Britt Remix, der  zwar etwas aus dem Rahmen fällt, sich vor dem Rest aber ganz und gar  nicht verstecken muss, sondern zeigt, dass Sunny Adés Stücke auch im  modernen Gewand absolut großartig klingen ohne sich dabei bei irgend  jemanden anzubiedern. Auf Bábá Mo Tundé gelingt schlicht und ergreifend alles, ein Meisterwerk!
Ich muss gestehen, dass ich Sunny Adés Musik bislang eher  stiefmütterlich behandelt habe. Erst die Ankündigung dieses Albums  brachte mich dazu, mich näher mit dem King of Juju zu beschäftigen,  wobei auffällt, dass sein Katalog bei weitem nicht so gut verfügbar ist,  wie der seines Landsmannes und ewigen Konkurrenten Fela Kuti, zumindest  was die Alben der Prä-Island Zeit angehend. Hier wäre es wünschenswert,  dass sich dem mal jemand annimmnt. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass es  bis zum nächsten Album nicht wieder 10 Jahre dauern wird. Bis dahin ist  man mit dem meisterhaften Bábá Mo Tundé bestens bedient.
(Mesa, Bluemoon / 2010)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
 
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen