Donnerstag, 7. Oktober 2010

King Sunny Adé - Bábá Mo Tundé

Als im Sommer die Nachricht von einem neuen Sunny Adé Album durchs Netz ging, war das schon eine kleine Sensation, immerhin ist Bábá Mo Tundé das erste Album mit neuen Stücken seit 10 Jahren. Des Weiteren war zu hören, dass es ein Doppelalbum mit klassischem Juju werden soll. Klassisch meint hier lange Stücke ohne produktionstechnischem Schnickschnack, wie es vor allem in den 80er Jahren der Fall war, als Adé nach dem Tod von Bob Marley von Island Chef Chris Blackwell zu dessen Nachfolger aufgebaut werden sollte. Das hat bekanntermaßen nicht funktioniert, was aber sicher nicht an der Qualität der Musik lag. Die war immer noch hochkarätig, auch wenn die Songs damals deutlich kürzer und mit elektronischen Effekten aufgepeppt wurden um sie einem westlichen Pulikum zugänglicher zu machen. Geschadet hat es den Stücken nicht, ganz im Gegenteil. Vermutlich war die Welt für Juju damals einfach nicht bereit. Dass sich das mit Bábá Mo Tundé nun ändern wird, darf natürlich bezweifelt werden. Das scheitert schon an der Länge der Songs. 7 gibt es in knapp 2 Stunden, der längste, das Titelstück, bringt es auf 31 Minuten. Doch davor muss man keine Angst haben, denn so etwas wie Längen oder gar Langeweile gibt es bei diesem Album nicht. Das liegt zum einen an dem polyrhythmischen Geflecht, das hier als Fundament dient und zum anderen an diesen unglaublichen Melodien, die immer wieder aufblitzen. Dazu gibt es Gitarreneinwürfe, die mich manchmal sogar an Pink Floyd erinnern, sicher keine naheliegende Assoziation. Und damit wären auch schon die Hauptkomponenten des Juju aufgelistet, ein Polyrhythmik, die hier durch mindestens 6 Schlagzeuger und Percussionisten bereitgestellt wird und bei der die Talking Drum eine führende Rolle übernimmt und die einzigartigen Gitarren, die in der Vergangenheit auch schon mal an Hawaii erinnerten, hier aber nicht. Nicht zu vergessen die Gesänge, gerne als Call & Response, aber auch schon mal fast im klassischen Songformat in die langen Stücke eingearbeitet. Und weil das Titelstück mit 31 Minuten noch zu kurz ist, gibt es im Anschluss gleich noch den 15 minütigen King Britt Remix, der zwar etwas aus dem Rahmen fällt, sich vor dem Rest aber ganz und gar nicht verstecken muss, sondern zeigt, dass Sunny Adés Stücke auch im modernen Gewand absolut großartig klingen ohne sich dabei bei irgend jemanden anzubiedern. Auf Bábá Mo Tundé gelingt schlicht und ergreifend alles, ein Meisterwerk!
Ich muss gestehen, dass ich Sunny Adés Musik bislang eher stiefmütterlich behandelt habe. Erst die Ankündigung dieses Albums brachte mich dazu, mich näher mit dem King of Juju zu beschäftigen, wobei auffällt, dass sein Katalog bei weitem nicht so gut verfügbar ist, wie der seines Landsmannes und ewigen Konkurrenten Fela Kuti, zumindest was die Alben der Prä-Island Zeit angehend. Hier wäre es wünschenswert, dass sich dem mal jemand annimmnt. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass es bis zum nächsten Album nicht wieder 10 Jahre dauern wird. Bis dahin ist man mit dem meisterhaften Bábá Mo Tundé bestens bedient.

(Mesa, Bluemoon / 2010)

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