Donnerstag, 7. Juli 2011

Seun Kuti & Egypt 80 - Live in Karlsuhe (05.07.2011)

Im Grunde habe ich nur einen Traum: ich möchte irgendwann einmal nach Lagos ins New Afrika Shrine, natürlich an einem Abend an dem entweder Femi oder Seun oder am besten gleich beide auftreten. Seun tut dies normalerweise am letzten Samstag im Monat, zur Zeit ist er aber in Deutschland auf Tour. Inwieweit dabei die Atmosphäre des Afrika Shrine ins Karlsruher Tollhaus übertragen werden konnte, kann ich natürlich nicht sagen, zumindest klimatisch dürfte es aber gar nicht soweit davon entfernt gewesen sein. Nach 90 Minuten Dauergroove war ich komplett nassgeschwitzt. Und dabei war das Konzert leider bei weitem nicht ausverkauft. Schon im Vorfeld wurde die Hälfte des Zeltes durch einen Vorhang abgetrennt und auch der restliche Raum war höchstens zu einem Drittel gefüllt.Schwer zu sagen, warum nur so wenige gekommen waren, immerhin stand eine legendäre Band auf der Bühne, deren Mitglieder zum Teil schon in den 80er Jahren für Fela gespielt hatten. Übertroffen werden können hätte das nur noch durch eine Wiederbelebung von Afrika 70 mit Tony Allen am Schlagzeug.
Wie dem auch sein, Seun, der die Band im Alter von 17 Jahren übernahm, ließ die Band sich erst einmal warm spielen, ehe er auf die Bühne kam und die Show direkt mit Zombie begann, dem zentralen Stück aus dem Fela Katalog, ein Stück, das im Lauf der Zeit nichts von seiner Brisanz und Aktualität eingebüßt hat und auch an diesem Abend eine klare Ansage war. Nach eigenen Angaben eröffnet er jede Show mit Zombie in Gedenken an und aus Respekt vor dem Vater.Und dessen Geist schien allgegenwärtig zu sein, denn die in der Folge hauptsächlich vom aktuellen Album From Africa With Fury: Rise stammenden Stücke mutierten auf der Bühne zu ausgedehnten Jams, die den Saal jederzeit zum Kochen brachten. Dazu trugen auch zwei leicht bekleidete Backgroundsängerinnen und Tänzerinnen bei, die wie zu Fela Zeiten geschminkt waren und sichtlich Spaß an der Show hatten.Eine Show, die auch an politischen Statements nicht sparte, was in Stücken wie Slave Masters oder Mr. Big Thief nicht nur Dank des jeweiligen Titels deutlich wurde. Letzteres wurde sogar spöttisch dem nigerianischen Ex-Präsident Olusegun Obasanjo gewidmet, der schon zu Fela Zeiten sein Unwesen trieb.Das zentrale Stück Rise nutzte Seun schließlich für eine kurze Ansprache, die im Kern Halbbruder Femis letztjähriges Africa For Africa weiterführte. Hier tritt dann auch Gitarrist Obayendo aus dem ansonsten von Bläsern dominierten Sound hervor und zeigte, dass es Justin Adams auf dem Album gar nicht gebraucht hätte.Wie auch schon auf dem Album fiel Rise im Vergleich zum Rest der Show etwas aus dem Rahmen und gewährte eine leichte Verschnaufspause, bevor die gut geölte Rhythmusmaschine wieder Fahrt aufnahm.Beim letzten Stück You Can Run zog sich Seun dann das längst durchgeschwitzte Hemd aus. Zuvor hatte er das Stück noch als Mittel zur Verführung der eigenen Frau angekündigt, wegen der kurzen markanten Trompetenmelodie am Anfang, wie er erklärte.Wobei der ernste Inhalt des Stücks wahrlich nichts mit Verführung zu tun hat aber eben auch den typischen Kuti Humor zeigt.Danach war Schluss, Zugaben gab es leider keine trotz gut 5 Minuten langer und lautstarker Forderung. Die Klasse des Konzertes schmälerte das freilich nicht und somit ging ein denkwürdiger Auftritt zu Ende. Fela Lives hat sich Seun auf den Rücken tätowieren lassen und tatsächlich beschlich einen das Gefühlt, dass er an diesem Abend tatsächlich irgendwie anwesend war.

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