Nachdem bereits 2008 auf Sublime Frequencies in der Reihe Guitars From Agadez ein Album mit Aufnahmen aus Bombinos Privatarchiv erschienen ist, folgte nun mit Agadez das erste professionell aufgenommene Album. Und Omara Moctar, so sein richtiger Name, empfiehlt sich damit als neue Größe am musikalischen Wüstenhimmel. Den Spitznamen Bombino, eine Ableitung des italienischen Wortes Bambino, bekam er Mitte der 90er Jahre, als er der Tuareg Partei beitrat und dort auf den Gitarristen Haja Bebe traf, in dessen Band er aufgenommen wurde. Weil er das kleinste und jüngste Mitglied der Band war, wurde er fortan Bombino genannt. Zu dieser Zeit war er gerade mal 13, 14 Jahre alt, doch seine ersten Versuche an der Gitarre unternahm er schon in den frühen 90ern, als er während der ersten Tuareg Rebellion mit seinem Vater und seiner Großmutter ins Exil nach Algerien floh und dort die Ishoumar Songs übte, die er schon seit seiner frühen Kindheit kannte. Ishoumar ist ein Begriff aus der zeit Mitte der 80er Jahre, als viele Tuareg auf Grund einer lange anhaltenden Dürre ihren Besitz verloren und in die großen Städte flohen und bedeutet ursprünglich etwa Arbeitsloser, wurde aber während des Kampfes um Gleichberechtigung zunehmend zu einem Synonym für Rebell. Nachdem die nigrische Regierung 1995 Frieden mit den Tuareg Rebellen geschlossen hatte, wirkte Bombino an dem französischen Film Imuhar: A Legend mit. Nach Abschluss des Films beschloss er, professioneller Musiker zu werden, was jedoch zu einem Konflikt mit dem Vater führte, woraufhin er sich nach Algerien und Libyen begab, wo er mit lokalen Musikern Videos von Jimi Hendrix oder Mark Knopfler schaute und sich schnell zu einem gefragten Session Musiker entwickelte. Später kehrte er in den Niger zurück, wo er sein erstes Album aufnahm, das zu einem lokalen Hit wurde. 2006 reiste er nach Kalifornien, wo er zusammen mit Charlie Watts und Keith Richards eine Desert Blues Version des Stückes Hey Negrita aufnahm, das auf dem von dem damaligen Rolling Stones Saxophonisten Tim Riese zusammengestellten Album Stones World: The Rolling Stones Project Vol. 2 veröffentlicht wurde. Zurück im Niger arbeitete er als Begleiter Angelina Jolies bei einer einwöchigen Reise, wo er irh die Schönheit der Wüste zeigte und die Musik der Tuareg näher brachte..
Im Jahr 2007 begann die zweite Tuareg Rebellion, der sich Bombino und seine Musiker anschlossen, nachdem jedoch zwei seiner Freunde getötet wurde. floh er ins Exil nach Burkina Faso. Dort traf er 2009 auf den Filmemacher Ron Wyman,der ihn dort aufsuchte, nachdem er ein Kassette mit Bombinos Musik gehört hatte. Wyman brachte ihn schließlich auch nach Cambridge, Massachusetts, wo sie die Aufnahmen zu dem Album Agadez begannen.
War Guitars From Agadez, Vol. 2 noch zweigeteilt, rein akustische Stücke auf der einen und wüste Tracks aus der Garage auf der anderen Seite, so geht Agadez geschickt einen Mittelweg. Die Kanten wurden zwar etwas abgeschliffen, dafür kommen aber Bombinos Qualitäten als Songschreiber noch deutlicher zum Vorschein. So ist das Liebeslied Tar Hani von unfassbarer Schönheit mit dezenten Licks auf der E-Gitarre und stoisch hypnotischen Rhythmen. Und das trifft auch für die meisten anderen Stücke zu, solistische Einlagen sucht man hier vergeblich, im Zentrum steht der Song, dem sich alles unterordnet. Bombino ist sicher nicht der größte Sänger, das muss er in diesem Umfeld aber auch gar nicht sein und in Stücken wie Adounia, eine Hommage an den während der zweiten Tuareg Rebellion umgekommenen Freundes, passt seine Stimme ganz ausgezeichnet.Die Ausnahme auf diesem Album ist Iyat Idounia Ayasahen, ein langer, tranceartig rollender Jam, der aber ebenso auf solistische Egotrips verzichtet und auf wunderbare, sich wiederholende Gitarrenmotive setzt.Der Einfluss eines Jimi Hendrix blitzt hier und da zwar schon durch, aber dann eher in einer zurückhaltenden Variante.Im akustisch gehaltenen Azamane hört man dagegen den Einfluss Ali Farka Toures deutlich heraus.Das abschließende Tebsakh Dalet handelt von einem grünen Akazienbaum, ein Bildnis, das die Tuareg gerne verwenden, um die Schönheit einer Frau zu beschreiben, ist die Akazie doch trotz der lebensfeindlichen Umgebung immer grün. Und so lässt sich dieses Album mit den Worten der Tuareg doch ganz einfach zusammenfassen: es ist so schön wie eine grüne Akazie inmitten der Wüste.
(Cumbancha / 2011)
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