Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, wieviel Afrika und im  speziellen Falle Mali in einem Album stecken kann, muss man sich nur  dieses neue Werk von Toumani Diabaté anhören. Mehr geht nicht, und  verrückterweise schafft er das mit einem einzigen Instrument, nämlich  der Kora, dem sogenannten Königsinstrument in Westafrika. Nach diversen  Zusammenarbeiten mit Musikern wie z.B. Roswell Rudd, Taj Mahal, Ali  Farka Touré oder auch seinem Symmetric Orchestra ist dieses neue Album  wieder ein Solowerk, sein zweites und ganz im Stil seines 1987  erschienen Debüts Kaira. 
Auch The Mandé Variations wurde quasi live im Studio eingespielt  und nicht nachträglich mit Overdubs versehen. Nicht umsonst gilt Diabaté  als weltbester Koraspieler und einmal mehr verzaubert er durch sein  Spiel, bei dem man immer wieder überrascht feststellen muss, dass hier  tatsächlich nur ein Musiker am Werk ist obwohl es nach zwei oder gar  drei Koras klingt. Neben der klassischen Kora spielt Diabaté die Hälfte  der Stücke mit der ägyptisch gestimmten "Machine Head" Kora, die  zusätzlich orientalisches Flair mit einbringt, was auch gleich beim  ersten Stück Si Naani zu hören ist, welches dem früheren  malischen Außenminister und Diabaté Fan Moctar Ouane gewidmet ist. Die  Eigenkomposition basiert auf 2 unterschiedlichen Stücken aus  unterschiedliche Regionen Malis. So ist der erste Teil eine Variation  eines alten Liebesliedes der Griottradition aus dem Nordwesten Malis  während der zweite Teil auf einem einem Griotstück der Fula aus  Zentralmali basiert. Schon dieses eine Stück reicht völlig aus, um sich  von Diabatés Koraspiel vereinnahmen zu lassen, das einmal mehr  dahingehend beeindruckt, dass ein einziger Musiker hier Melodie,  Begleitung und Bass gleichzeitig und mit nahezu selbstverständlicher  Leichtigkeit spielt und für einen erdigen und natürlichen Klang sorgt.  Eine weitere Eigenkomposition Elyne Road ist erstaunlicherweise von UB 40s Kingston Twon  inspiriert, was man ohne den Hinweis im Booklet wohl nur schwer  erkennen würde. Tatsächlich hat er dieses Stück erstmals in den späten  80ern in London gehört, wo es in an eine Bamana Redensart erinnerte. Das  Stück ist nach der Straße in London benannt, in der er das Stück  erstmals für Nick Golds Eltern spielte. Eine weitere Demonstration  seiner unvergleichlichen Klasse ist Ali Farka Toure, ein  musikalischer Nachruf an den vor zwei Jahren verstorbenen Freund und  Unterstützer, das im Studio frei improvisiert wurde. Diese Art des  Spiels findet sich auch bei El Nabiyouna, einem Stück, das die Grenzen Malis überschreitet und u.a. Flamenco Flair verbreitet. Kaounding Cissoko ist dagegen eine Variation von Alla L'a ke,  einem Stück, das er bereits auf dem Debüt gespielt hatte, hier jedoch  deutlich schneller und auf eine fast schon "rockende" Art und Weise.  Eine weitere Kaira Variation findets sich im abschließenden Cantelowes, eine Variation des Liebesliedes Jarabi  und einmal mehr benannt nach einer Straße in London, wo er für einige  Zeit lebte und Musiker wie Youssou N'Dour oder Baaba Maal kennenlernte.
The Mandé Variations ist das erwartete sehr spezielle Album geworden, das natürlich auch den größtmöglichen Gegenpol zu Boulevard de l'Independence darstellt, das aber auch zeigt, was für ein vielfältiger Ausnahmemusiker Toumani Diabaté ist.
(World Circuit / 2008)
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