Den Preis für den Albumtitel des Jahres hätte diese Gruppe aus dem Kongo  schon einmal sicher. Nicht nur dass er Assoziationen zu Captain  Beefhearts's Magic Band weckt, auch die Musik ist für europäische Ohren  bisweilen durchaus avantgardistisch anmutend. Nein, mit Don Van Vliets  Deltablues und Freejazz hat das natürlich nichts zu tun, mit uns  bekannten Hörgewohnheiten allerdings auch nicht. Das in Kinshasa  ansässige Kollektiv besteht aus 25 Musikern aus 5 verschiedenen Bands,  die alle aus der Kasai Region im Süden der Demokratischen Republik Kongo  stammen. Jede Band gehört wiederum einer anderen ethnischen Gruppe an:  Luba, Songye, Lulua, Tetela und Luntu. Jede dieser Gruppen hat ihre  eigenen Sprache, Kultur und Tradition und das Nebeneinander war in der  Vergangenheit nicht immer friedlich. Dennoch gelingt es den Musikern all  diese Unterschiede zu einer Einheit zu verschmelzen. Eine Einheit, die  völlig frei ist von bekannten Stilen wie Soul, Funk oder Jazz, denn die  Kasai Allstars beziehen sich musikalisch auf vorkoloniale Traditionen,  welche durch die Christianisierung durch die Europäer, die in den  erotischen Tänzen und der heidnischen Musik Teufelswerk sahen,  größenteils verbannt wurden. In den Dörfern der Kasai Region, die trotz  Reichtum an Bodenschätzen zu den ärmsten Regionen des Landes zählt, hat  das bis heute Gültigkeit. In den Großstädten besinnt man sich jedoch  zunehmend dieser alten Traditionen.
Ganz frei von westlichen Einflüssen ist die Musik dann allerdings doch  nicht, so spielt die elektrisch verstärkte Gitarre neben einer Reihe  traditioneller Instrumente eine entscheidende Rolle und entfaltet hier  auch einen recht eigenständigen Klang, der sich perfekt in das Klangbild  einfügt. Neben Xylophon und Likembe, dem kongolesischen Daumenklavier,  das hier ebenfalls elektrisch verstärkt wird, fällt vor allem ein  Instrument namens Tam Tam auf, ein Percussion Instrument, das vom Klang  her dem Zirpen einer Grille nicht unähnlich ist. Daneben gibt es noch  jede Menge weiterer Percussion, die für ein polyrhythmisches Fundament  sorgen. Dazu erklingen beseelte Gesänge und mal psychedelische, mal  rumbaesque Gitarren. Das alles wird verpackt in 9 lange, bisweilen  tranceartige und hypnotische Stücke, die für ein durchaus organisches,  auf jeden fall aber unglaublich intensives Klangbild sorgen. Es ist  schlicht und ergreifend beeindruckend, wie hier die Gegensätze zu einer  Einheit zusammenfinden. Denn es galt ja nicht nur, neue Instrumente zu  integrieren, sondern auch dafür zu sorgen, dass die 5 Ethnien  gleichberechtigt und zu gleichen Anteilen präsentiert werden. Für die  Musiker bedeutete das, dass sie z.T. ungewohnte Passagen einstudieren  mussten.
Stellvertretend sei hier das erste Stück Quick As White genannt,  das natürlich nicht auf englisch gesungen wird aber bereits über all  diese großartigen Zutaten verfügt: brodelnde Polyrhythmen, die über ca. 8  Minuten am Köcheln gehalten werden, feine, sich wiederholende Motive  auf der E-Gitarre und eine Gesangstimme, die im Wechsel mit einem Chor  für eine Art Melodie sorgt. Eingespielt wurde das Album übrigens bis auf  eine Ausnahme live in Kinshasa.
In the 7th moon... wurde als dritter Teil der Congotronics Reihe des belgischen Labels Crammed veröffentlicht.
(Crammed / 2008)
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